In Y Pi u“

h %

5

=

m, u

ABHANDLUNGEN

DER

NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT ZU HALLE.

ORIGINALAUFSÄTZE

AUS DEM GEBIETE DER GESAMMTEN NATURWISSENSCHAFTEN,

VERFASST von MITGLIEDERN uxo a ENFDENSNSITZUNGEN DER ESE S,G.H A.,ESE:

HERAUSGEGEBEN

IHREM VORSTANDE.

weiter Band. Jahrgang 1854.

——28E

HALLE,

Druck uno Vertac von H. W. Scunior.

1855.

TER ZER nd a

En | aan E

Ze W N U WEN VE uno

A in a ] . BR ‚AI H: AV ni jl EnA ah ) M ATI: nz

' u S } PN eg N N RR 2 TaandgeMDaeıo Me

er m « : v

pa r “sr vita “;

a E ce annurdet er

E

y - „u,

r AAN KR | i *- En

Tuıun:se MM nur au % una a5un 4 jf

sch

Meer w Inhalt des zweiten Bandes. “. x I. Abhandlungen. u Seile Betrachtungen über die Zwergmandeln und die Gatt. Amygdalus überhaupt, von D. F. L.v. SCHLECHTENDAL 1 Beiträge zur vergleichenden Morphologie der Pflanzen von Ta. Irmisca }— |W £ f : R sl Weber Arten der Gatt. Cebus, von H. BursEister . > r E F . F sl “Untersuchungen über die Flügeltypen der Coleopteren, von H. sten R N - s 125 Ueber die Mortalitätsverhältnisse der Stadt Halle von L. Kraumer . \ i s Sr „Ueber die Fntwickelung des Embryo bei Pedicularis palustris und P. a von 1 Ta. Deecke . 185 “Nachschrift dazu von H. BurumEister . 2 s ; - 5 : s ...189 “Ueber Gampsonychus fimbriatus Jorn. von M. en or - ch! Ueber die optische Bedeutsamkeit des am elektromagnetischen Multiplicator en ee Prin- cips zur Verstärkung des magnetischen Umschwungs von Dr. J. S. ©. ScHwEIsGER . s ...201 IE. Sitzungsberichte. l. Quartal. Mair Flora tertiaria Helvetiae. Prof. BuryEi- Seite STER über Gampsonychus fimbriatus. Sitzung vom 7. Januar. R : - . 1 Sitzung vom 18. März . k u Eingegangene Schriften ; neue Mitglieder. Eingegangene Schriften. ae Prof. Burmeister über den Sand floh (Pu- Prof. Bunwersren' über Bieonorrs’ Wider- lex penetrans). Prof. v. SCHLECHTENDAL legung von Kener’s Beobachtung des Ein- über ästige Roggenähren, dringens der Spermatoiden in das Ei der Na- Sitzung vom 21. Januar . . 3 jaden. Derselbe über eine neue Ratte: Eingegangene Schriften. Prof Benuersten Lasiomys hirsutus von Maracaibo. Prof. über südamerikanische Murinen. Prof. v. SCHLECBTENDAL über 2 Abhandl. von Hrn. v. SchLECHTENDAL botanische Novitäten. "Le Jorıs. Prof. Kraumer über Mortali- Dr. Axprae über fossile Blätter der Braun- tätscurven der Stadt Halle. kohlenformation. Nachträge zu dem Mitgliederverzeichniss SE Sitzung vom 7. Februar . L Eh ni Quartal. Eingegangene Schriften ; vieue "Mitglieder, j Sitzung vom 29. April. . . “en 19 Prof. Burmeister über Acodon bolivine Ur

Eingegangene Schriften. Prof. v. SchLecn- Meven. Prof. v. Senreentexoar über TENDAL zeigt mehrere botanische und ento- die Schüttekrankheit. Prof. Kranner mologische Gegenstände vor. Prof. Bur- über Hasser’s Schritt: Die Vaccination und MEISTER: Uebersicht der brasilianischen Mu- „ihre Gegner. Dr. Anpra über seine geo- tillen. Prof. Kraumer über Carus’ Pro-

- gnostischen Forschungen in Steiermark. portionslehre der menschlichen Gestalt.

Sitzung vom 18. Februar . - 5 13 Sitzung vom 13.Mai_ . i E 29 Neue Mitglieder. Prolessor But Neue Mitglieder ; eingegangene RR, EZ über einige Dasypus - Arten. Prof. v. Prof. Burmeister über Cebus-Arten. Prof. SchLEcHTenpaL über botanische Novitäten, v. ScaLECcHTENDAL über Pflanzen aus Me-

_ eine grosse Aroidee aus Mexico und die xico. Prof. Gırırn erläutert seine geo- Dulongia acuminata. gnostische Charte der Provinz Westphalen.

Sitzung vom 4. März . - = TUE Prof. Kraumer weist auf BiscHorr’s nun- Einseupt Schriften. Cor ae mehrige Bestätigung der Keser'schen Beob-

2, Prof. v. SchrecutexbaL über Heer’s achtung bin.

Mai . 5 ®

Neue Mitglieder; eingegangene Schriften. Prof. Knosraven über Fesser’s Rotations- Apparat. Prof. v. SchLEcHTEnDaL erläu- tert noch einige mexicanische Gewächse. Prof. Burmeister berichtet über die vom Prof. v. SchLECHTENDAL vorgelegten Insecten - larven und über Dr.G. Zanpacn’s Entwicke- Gliederthiere.

Sitzung vom 27.

lungsgeschichte der

Sitzung vom 19. Juni . ; \ Neue Mitglieder; eingegangene Schriften. —_ Prof. Gırarn über LEıchnarDT’s liehen Nachlass. Prof. v. ScHLECHTENDAL über mehrere Pflanzen - Monstrositäten. Prof. Burmeister berichtigt seine Angaben über Dasypus tricinctus und zeigt Bradypus infuscatus aus Columbien vor. Prof. Kranuner über Neugauer's Anleitung zur Ana- lyse des Harns.

Nachtrag zum Mitgliederverzeichniss . &

3. Quartal.

Sitzung vom 1. Juli . 3 - e Eingegangene Schriften. de zen. Prof. v. SchLecatenpaL über die Gatt. Androsace Linn.

Oeflentliche Sitzung vom 2. Juli

Sitzung vom 15. Juli . R je: Neues Mitglied; eingegangene Schriften. Prof. Burmeister legt Te. Deecre’s Beob- achtungen über die Bildung des Embryo bei Pedieularis vor. Prof. v. ScHLEcH- TENDaL über Parasiten des Pflanzenreichs. Prof. Kraumer über Zucht von Kartoffeln.

Sitzung vom 29. Juli . © - 5 & Nekrolog des Prof. E. d’Arron von Prof. Kranner. Eingegangene Schriften; Cor- respondenz. Prof. v. ScHLECHTENDAL über die wilde Kirsche (Prunus chamaecerasus) und über den schwarzen Honigthau. Prof. Gırarn über die geologische Charte von Frankreich.

Sitzung vom 12. August Prof. v. SchLEcHTENDAL über Novitäten. Prof. Burmeister über die Flügeltypen der Käfer; derselbe legt Leyoıs’s Abhandlung über die Räderthiere vor und bespricht deren Resultate.

wissenschaft-

botanische

Seite

31

32

33

34 34

35

38

IV

Dr. Reır über die Haare von Cibotium. Prof. Krauwer über Mikroskopie zu ge- richtlichen Zwecken.

Nachträge zum Mitgliederverzerzeichniss

4. Quartal.

Sitzung vom 21. October . . Eingegangene Schriften. Cor ondenz. Prof. v. ScHLECHTENDAL über mexicanische Erythraeae. Derselbe über abnorme Blatt- bildungen. Prof. Gırarn über Murcnıson’s Siluria. Prof.Knograuch über das Pseu- doskop und Stereoskop.

Sitzung vom 4. November . s - ; Prof. Gırarn über die Geologie des mitt- leren Wallis. Prof. v. SchLecutexvaL bo- tanische Mittheilungen.

Sitzung vom 18. November . Be. C Neues Mitglied; eingegangene Schriften. Correspondenz. Prof. Knosrauch über Durchstrahlung der Wärme durch Krystalle. Prof. v. ScHLECHTENDAL über von Que- cken durehbohrte Kartoffeln.

Sitzung vom 2. December . - N : Eingegangene Schriften. Correspondenz. Prof. Burmeister über Mustela brasi- liensis. Dr. AnpraE über seine geogno- stischen Beobachtungen in Unter - Steier- mark. Prof. v. SchLecHTenpdaL über

Gorprenrt’s Abhandlung: Beiträge zur Kennt- niss der Dracaeneen. Prof. KrAHMER Bericht über die chemische Untersuchung “des Wassers aus einem Versuchsbrunnen ohnweit Halle an der Magdeburg - Leipziger Eisenbahn und über die Vergleichung des- selben mit dem Waisenhäuser Wasser. Sitzung vom 16. December . Neues Mitglied. Correspondenz. Prof Burneister übergiebt seinen Bericht über M. S. Merıan Metamorph. Insector. Suri- namensium. Prof. KxogLauch über ver-

schiedene Lichtpolarisationsphänomene.

Neuwahl des Vorstandes. Nachtrag zum Mitgliederverzeichniss . . Beilage: Catalogus librorum botanicorum in Pritzelii thesauro omissorum, quos Societati Halensi naturae Curiosorum_ oflert E. A. ZucHoLD . e ; . . .

Seile

39

41

44

46

57

66

67

%,

» Betrachtungen

über die Awergmandeln und die Gattung Amygdalus überhaupt,

Von

D. F.L. v. Schlechtendal.

Einleitung.

Seit dem Jahre 1784 befindet sich, zuerst von James Sursertanp im Hortus Edin- burgensis erwähnt, nach der Angabe Aıron’s (Hort. Kew. ed. 2. II. 195), nach Sweer (Hort. Brit. p. 173) aber schon hundert Jahre früher bekannt geworden, in den europäischen Gär- ten ein Zierstrauch von niedrigem Wuchse mit zierlichen glänzenden Blättern und mit früh- zeitigen rothen, weithin leuchtenden Blumen, die Zwergmandel, Linne’s Amygdalus nana. Ein Strauch, der sich leicht durch seine unterirdischen Sprossen vermehrt und ausbreitet, und daher, wie dies bei mehren Gewächsen der Gruppe der Drupaceen der Fall ist, an den Orten, wo er einmal gepflanzt ward, nicht so leicht zu vertilgen ist*) und somit auch leicht als ein Ueberbleibsel früherer Kultur in einem Florengebiete, dem er sonst nicht angehört, angetroffen werden kann. Ob die Zwergmandel der deutschen Flor angehöre, ist zweifelhaft. Bei Fran- kenhausen in Thüringen, wo sie Horxung fand, hält sie der Finder selbst für verwildert (s. Reicnengach Fl. excurs. p. 647), ebenso soll es in der Nähe von Wien sein, so namentlich bei Purkersdorf, wo Sauter sie angiebt, und vielleicht auch auf dem nördlich von Wien be- legenen Hochleithen, wo sie vom Gärtner Mayer nach Dortiner’s Angabe aufgefunden ward (s. Neirreicn Flora v. Wien S. 632). Nicht minder bleibt es ungewiss, ob sie an den Fel- sen bei Regensburg, ob in dem Thale der Altmühl bei Beilngries (s. ScaxizLın Flora von

*) „Suceisis v. ambuslis Iruncis copiosos ubique stolones profert, unde agricolis in norıs ruribus invisus frutex, aratus vix enecandus“ sagt Parzas von ihm in der Flora Rossica. Aber auch, setzen wir hinzu, wenn er nicht fortgeschnitten wird und sich selbst überlassen fortwächst, breitet er sich durch Ausläufer nach allen Seiten hin mehr oder weniger aus und giebt da- durch ein leichtes Mittel der Vermehrung an die Hand, dessen man sich lieber bedient als der Aussaat, da der Fruchtansatz

in unsern Gärten weder alljährlich geräth, noch überhaupt, wenigstens bei manchen Formen, recht reichlich zu sein pflegt.

Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 2r Band. 1s Quartal. 1

wu -——

Baiern S. 76) sie eine wild gewachsene, einheimische Pflanze sei*). An und für sich liegt nichts Unwahrscheinliches in diesem vereinzelten, gleichsam insularischen Vorkommen einer Pflanze selbst in weiterer Entfernung von ihrem eigentlichen Verbreitungsbezirk, der hier entschieden schon am südöstlichen und östlichen Theile des Leithagebirges gegen den Neusiedler See hin beginnt, in einer Gegend, welche überhaupt schon (s. Neirreic# 1. c.) den Character der ungarischen Flora an sich trägt. Auch am östlichen Ufer desselben See’s zwischen Weiden und Illmiez, an Ackerrändern bei Zorndorf an der Leitha, östlich von Parndorf, wächst der Strauch (s. Neır- reich Nachtr. z. Fl. v. Wien S.54 u. 307) und ist weiterhin gefunden bei Waizen am Berge Nagyszäl auf trockenen grasigen Abhängen des Wolfthales, auf dem Schwabenberge bei Ofen, so wie auf steinigem Boden zwischen den Reben bei Budakörs (s. Sınrer Fl. Com. Pesth. ed. 2. p. 107), sodann sammelte ihn Dr. Wıerssickı im Banate auf grasigen Sandhügeln bei Grabowecz (nach getrockneten Exemplaren), Baumcarten fand ihn als sehr verbreitete Pflanze in Siebenbürgen (s. dessen Fl. Transsylv. IH. p. 30, was auch getrocknete bei Klausenburg von Dr. Anprae gesammelte und mir gütigst mitgetheilte Exemplare bestätigen), ferner Sır- ıuorp an den Abhängen des Balkan (Fl. Graecae prodr.) und bei Agram in Bosnien Nos (nach dessen getrockneten Exemplaren). Weiter nach Osten dehnt sich dieser Bezirk, wel- chen die Zwergmandel einnimmt, noch bedeuteud aus, denn die Russischen Floristen, Parzas wie LEDEBoUR, sagen, dass die Zwergmandel am Dnieper, am Don und an der Wolga in sol- cher Menge auftrete, dass sie in den Steppen im Frühjahre weithin mit ihren Blumen die Gegenden schmückt und soviel Früchte liefert, dass man die Kerne derselben mit Branntwein übergiesse, um diesem einen vortrefllichen Geschmack zu geben und dass man dieselben aus- presst, um das darin reichlich enthaltene, nach bittern Mandeln schmeckende Oel zu gewinnen. Aber noch weiter geht ihre Verbreitung, zum Altai und über diesen hinweg, südwärts und nordwärts nach verschiedener Richtung. Was aber die Russischen eben genannten Floristen als eine einzige weit verbreitete und unter mancherlei Formen auftretende Form ansahen, er- schien Andern als ein Gemenge verschiedenartiger, selbstständiger Species, deren Namen aber bei den botanischen Schriftstellern auf mannigfache Weise vereinigt oder aus einander gehalten werden, weil die ersten Begründer der neu aufgestellten Arten es nicht für nothwendig erach- tet hatten ihre Arten ausführlicher und sorgfältiger zu beschreiben, und mit den verwandten sowohl als unter sich genauer zu vergleichen und die Unterscheidungsmerkmale scharf dar- zulegen; und weil ihre Nachfolger das ihnen Ueberlieferte annahmen oder verwarfen, ohne

*) Wie ich jetzt nachträglich von Hrn. Prof, ScanizLeın erfahre ist jene Angabe über das Vorkommen in Baiern von Zuecarını ausgegangen (über d. Vegetations-Gruppen in Baiern). Weder in Fürngonr’s Flora von Regensburg, noch in der von Reuss über den Unterdonau-Kreis ist ein Fundort angegeben. Auch bat Prof. ScuxızLein selbst in seiner Schrift über die Vegetations-Verhältnisse der Flussgebiete der Wörnitz u. Altmühl (S. 114) die frühere Angabe als aus einem Irrthum hervor -

gegangen berichtigt. Hierdurch wird das Vorkommen in Baiern ganz zweifelhaft.

ae

eine allseitige Prüfung der vorhandenen Angaben und Bilder, so wie der lebenden Pflanzen selbst in allen ihren Stadien vorzunehmen.

Bei der Sichtung der im botanischen Garten zu Halle allmählig cultivirten Formen musste versucht werden dieselben mit richtigen Namen zu bezeichnen und deshalb auch die mannig- fachen Verknüpfungen zu lösen, durch welche die einzelnen Formen sich verschiedenartig ver- bunden zeigten. Nur durch das Zurückgehen auf die Quellen und die fortgesetzte Betrachtung der lebenden Formen, nur durch die genaue Prüfung des Werthes oder Unwerthes der über- lieferten Abbildungen konnte dies erreicht werden. Wenn ich nun noch nicht zu einem ganz befriedigenden Endresultate gekommen bin, so glaube ich doch, dass die Vorlage meiner Be- mühungen Andern, welche mit einem reicheren Material versehen sind, oder sich ein solches leicht verschaffen können, dahin führen kann, einen festen Abschluss zu gewinnen.

Da die Mandeln etwas früher als sie ihre Blätter entwickeln, oder gleichzeitig mit diesen ihre Blumen entfalten, so hat man gewöhnlich sich begnügt diesen jugendlichen Zustand zu betrachten und zu sammeln und sich weniger um die ausgebildeten Blätter, noch weniger um die reifen Früchte gekümmert, deren Steinkerne man gewöhnlich gar nicht oder nur oben- hin in Betracht zog. Da mir aber aus andern Abtheilungen der Rosaceen schon bekannt war, dass die Form und die äussere Beschaffenheit der holzigen, die Saamen einschliessenden Wan- dung oft sehr beachtenswerthe Kennzeichen jliefert, während die sie umgebende Fleischhülle deren wenige darbietet, so achtete ich bei den Mandeln sowohl auf die zur Vollkommenheit ge- langten Blätter wie Früchte, und fand auch an deren Steiukernen Merkmale, welche mir für die einzelnen Formen characteristisch zu sein schienen. Da sich diese Kennzeichen auch in einigen der Abbildungen wiederfanden, so erschienen sie mir als wichtig genug, um in Ver- bindung mit andern Verschiedenheiten für die Aufstellung und festere Begründung von Arten zu dienen. Es bedürfen aber diese Untersuchungen noch einer weitern Ausdehnung in dem ganzen Verbreitungsbezirk dieser Gewächse, als ich ihnen geben konnte. Ausserdem aber wird die Aussaat noch zu Hülfe gezogen werden müssen, um ein endliches Urtheil sicher zu begründen.

Wenn ich anhangsweise auch noch einige Worte über die übrigen Mandelarten hinzu- füge, so sollen sie nur dazu dienen, die Aufmerksamkeit namentlich der Reisenden auf die- selben hinzulenken, weniger um Einiges zur Vervollständigung des Bekannten beizubringen, vielleicht auch mir neues Material zuzuführen.

Zunächst sollen die in der Abtheilung der Zwergmandeln aufgestellten Arten durchge- gangen werden, worauf dann die Bemerkungen über die von mir lebend beobachteten folgen sollen, denen sich endlich, im Anschluss an Spacm’s Monographie der Gattung Amygdalus in den Annal. d. sc. nat. 2de serie XIX. p. 106— 125 die übrigen Abtheilungen der Gattung

Amygdalus anreihen werden.

1*

LT. Die Arten der Zwergmandeln in ihrer gegenwärtigen Begrenzung.

1. Amygdalus nana L.

In der zweiten Ausgabe seiner Species plantarum vom Jahre 1762 eitirt Linse drei Abbildungen zu der von ihm sehr kurz durch „foliis basi attenuatis“ diagnosirten Art, als deren Vaterland er ‚Asia septentrionalis“ angiebt. Das eine Citat betrifft die Abbildung und Beschreibung, welche Aumax*) nach den von ihm im Fruchtzustande gefundenen Exemplaren gab. Es ist ein ästiger mit Früchten besetzter Strauch, welchen er zwischen den Flüssen Beresowka und Gluboka, 36 Werste unterhalb Ustkamenogorsk auf dem Wege, der nach Semipalatinsk führt, gefunden hatte. Neben dem Fruchtexemplare ist seitwärts der Stein der Frucht und der darin enthaltene Kern noch besonders gezeichnet. Im Texte fügt der Verf. noch hinzu, dass dieser Strauch auch in den Steppen des Reiches Astrachan, hier und dort an den Ufern der Wolga, am Don, in den Ländern der Baschkiren, Kirgisen und Tataren, am Flüsse Jaik, von wo ihm HervzeLmann denselben mitgebracht habe, in Menge wachse. Diese Abbildung scheint von Einigen für die von Lix# gemeinte Pflanze als maassgebend ange- 'sehen zu werden, während sie von Andern geradezu für schlecht erklärt wird, und in der That auch nicht, weder in ihren Blattformen, noch in ihren Früchten, mit der seit langen Jahren im bot. Garten zu Halle als A. nana kultivirten Art übereinstimmt.

Die zweite citirte Abbildung von Miruer (wahrscheinlich der Gartenpflanze) hatte ich keine Gelegenheit zu sehen. Die dritte aber von Pluxexer ist, trotzdem dass auf dem Titel des Werkes steht „‚summa ‘cura depietis“, wie die meisten der hier gelieferten Bilder, so schlecht und ohne Werth, dass sie füglich mit Stillschweigen übergangen werden kann.

In der von Reıcnann besorgten Ausgabe der Lisnt’ischen Speeies plantarum hat sich die Zahl der Citate und Abbildungen vermehrt und als Vaterland wird bestimmter die Kal- mückei genannt. Diese Angabe ist wohl in Bezug auf die ebenfalls eitirte Stelle in Paruas Reise (I. S.S1) gemacht, indem Parras bei seinem Aufenthalte in der Stadt Samara, unge- fähr unterm 53° N, Br. am Einflusse der Samara in die Wolga 'belegen, das Vorkommen der A. nana in dortiger Gegend erwähnt. Ein neues für «die Verbreitung unserer Pflanze wich- tiges Citat ist Gweriw’s Flora Sibirica (IM. p. 171. n. 2), in welcher es heisst, dass der Strauch vom Jaik bis nach dem Irtysch in bergigen Gegenden, deren Polhöhe den 54sten Grad nicht erreiche, sehr reichlich wachse. Diese Oertlichkeiten nähern sich den von Amman selbst besuchten und liegen weit östlicher als der von Pırras eben angeführte, welcher Schrift- steller in seiner Russischen Flora (Fl. Ross. p. 18. t. VI) den Verbreitungsbezirk noch weiter

*) Stirp, rar. in imperio Ruth, sponte proven, icones et deseript. p. 144. Tab. XXX.

u

ausdehnt, denn er sagt: ungefähr vom Ölsten Grade N. Br. südwärts wachse die Zwergmandel überall sehr häufig auf hochgelegenen, trockenen Triften (campis), welche sich vom Dnieper und Bog (Hypanis) bis zu dem Uralschen Gebirge erstrecken, von da ab werde sie seltner und verlasse die nördlichen Gegenden, so dass sie am Irtysch kaum den 50sten Grad er- reiche, besonders sei sie an den Flüssen Beresofka und Gluboka beobachtet, dann an der Selenga und zwischen dem Okon und Argun, so wie hier und da in den Steppen der Mon- golen. Die gegebene Beschreibung und Abbildung stellt von der an der ganzen Wolga und der Uralschen Bergkette gemeinen Zwergmandel, deren Blätter in den Gärten etwas breiter würden, einen Blüthenzweig, so wie einen Zweig mit ausgewachsenen Blättern und jungen Früchten, welche noch ihre Griffel tragen, dar, und ausserdem ist noch die reife Frucht be- sonders, so wie deren Stein und Kern abgebildet. Diese letzten Figuren sind aber ganz ver- schieden von den bei Amman abgebildeten, so dass man hierdurch schon auf den Gedanken von zwei Arten geleitet werden muss, welcher Gedanke aber durch desselben Naturforschers weitere Angaben über die in verschiedenen Gegenden gefundenen Formen neue Nahrung er- halten muss. Partas sagt nämlich, am Irtysch wachse eine Varietät mit schöneren Blumen und grösseren Früchten, am Don habe er sie oft mit 5 Z. langen und 7—8 Lin. breiten Blättern gefunden, die weniger deutlich gesägt seien; von der krimischen Halbinsel habe ihm Suser dieselbe Art, aber sehr klein, spannenlang, mit kaum gestielten Blättern gebracht, sonst der an der Wolga ähnlich; in der Ukräne wachse sie oft klafterhoch wie in Gärten.

In der neuesten Russischen Flor von Levesour tritt A. nana mit zwei Varietäten auf (Fl. Ross. I. p. 1): L. vulgaris, mit eimer Menge von Citaten russischer Reisenden und Specialfloristen, dazu die Abbildungen von Amman und Parzas und GmeLın’s zweite Spe- cies. £. latifolia, schon früher mit dem Synonym: A. campestris Bess. in der Flora Altaica aufgestellt und dazu Gwerin’s species tertia mit der Frage, ob dies Citat nicht besser bei der folgenden A. peduncula Parr. unterzubringen sei. Wern wir weder hier noch an vielen andern Orten das Citat der Abbildung einer Frucht von A. nana bei Gärtner (Fruct. U. 75. t. 93) erwähnt finden, welche sich von dem Fruchtbilde bei Pıruas wesentlich unter- scheidet, so sehen wir doch beide Abbildungen dicht neben einander eitirt von MERTENs und Kocn (Römrıne’s Deutschl. Fl. IH. 403) und damit eine Beschreibung, die aber zu wenig genau ist, als dass wir sie mit Bestimmtheit auf eine der Figuren beziehen könnten. Die beiden Verfasser der deutschen Flor hatten kein deutsches Exemplar gesehn, sondern nur un- garische, welche sie zu A. campestris Bess. mit weissen Blumen rechnen, Hosr aber, der die A. nana auch nur aus Ungarn aufführt (Fl. Austr. Il. 2.), ausserdem aber die noch nicht in Oesterreichs Staaten gefundene A. campestris, um sie von jener zu unterscheiden, sagt von der Frucht der A. nana, dass sie fast rund sei, was wir an den Früchten aus Siebenbürgen gesehn nicht bestätigen können. Die weitern Angaben über das Vorkommen bis nach Deutsch-

A

land hinein, worüber wir oben schon Mehreres mitgetheilt haben (wie Reıcnensacn, Neirreicn, Scunizcın, Sıpzer u.a.m.) enthalten aber keine Nachricht über die Frucht, so dass wir über die Form derselben in diesen Gegenden in gänzlicher Unwissenheit sind,

In den allgemeinen systematischen Werken und monographischen Bearbeitungen, welche die ganze Gattung Amygdalus umfassen, wird A. nana gewöhnlich mit einigen Varietäten auf- geführt. In De Canvorer’s Prodromus (N. 531) ist die Gattung Amygdalus von SERINGE be- arbeitet worden. A. nana befindet sich daselbst in der ersten Abtheilung: ‚‚calyeibus cylin- drico campanulatis“, mit der sehr wenig genügenden aber weitgreifenden Diagnose: „‚foliis ob- longo-linearibus, basi attenuatis, Horibus solitariis“. Als Vaterland: die Kalmückei und Odessa. Ausser dem Citat: Linn. Mant.. 396, ist noch als zweifelhaft das Bild von PLukener ange- führt. Varietäten sind drei: L. vulgaris DC. mss. mit der Abbildung in Currıs Bot. Mag. und DusameL Arbr., beide die Gartenpflanze darstellende £. georgieca DC. mss. oder A. georgica Desr. aus dem Pariser Garten bekannt geworden. y. campestris Ser. mss., sich auf die gleichnamige Besser’sche Art beziehend. Die Gitate von Amman, GmeELin, Partas, Girtser fehlen ganz, von der Frucht ist nicht die Rede.

Spacu hat im 19ten Bande der 2ten Serie der Annales des sciences naturelles (i. J. 1843) eine Monographie der Gattung Amygdalus geliefert, und schon früher in den Suites & Burrox (Vol. I. v. J. 1934) über diese Gattung bei der Familie der Drupaceen gehandelt. Die Zwergmandeln bilden in der ersten Reihe, der Jcosandrae, die zweite Section: Chamae- amygdalus, mit A. nana L., campestris Bess., georgica Desr. Bei der ersten wird Parzas Abbildung eitirt, aber für schlecht erklärt, Dunamer's für sehr schlecht, die des Botanical Magazine ohne Bemerkung. Varietäten giebt es drei: 6. biserrata, y. angustifolia, d. lati- folia (A. sibirica Tausch). Die beiden ersten Varietäten befinden sich im Pariser Garten und sind nach dem Zeugnisse der Gärtner aus Samen der Grundform gezogen. Von letzterer beschreibt er die Frucht. Der Stein einem Aprikosensteine sehr ähnlich, aber kleiner. Die ganze Frucht 6—12 Lin. lang, am Grunde fast herzförmig; der Stein schief, am Grunde bald kurz-, bald tief-herzförmig, an der Spitze abgerundet, mit einer excentrischen Stachel- spitze, über der Basis auf beiden Seiten deutlich höckerig, Rückennath furchenlos, Oberfläche mit mehr oder weniger tiefen, anastomosirenden kleinen Furchen gravirt (inseulptum) und daher mehr oder weniger runzlig (rugulosum). Diese genaue Fruchtbeschreibung setzt uns in den Stand mit Bestimmtheit zu erkennen, welche Form Spacn als A. nana vor Augen hatte, macht es auch erklärlich, warum er Parras Abbildung seiner Frucht schlecht nennen musste, da dessen Bild seiner Frucht nicht entspricht, und warum er A. sibirica als breit- blättrige Varietät aufnimmt. Wir müssen nach dieser Beschrelbung annehmen, dass in Frank- reich eine andere A. nana kultivirt werde, als in Deutschland, da es schwer zu glauben ist, dass nur die Pflanze des Pariser Gartens der des Hallischen gleichsam zufällig und vereinzelt

na u

gegenübersteht, sondern es natürlicher erscheint, dass jede dieser Formen in den Gärten ihres Landes verbreitet vorkomme, weil der Pariser Garten in Bezug auf die Verbreitung der Ge- wächse ein Mittelpunkt ist und weil sowohl Scukunr als Tausch eine nana gehabt zu haben scheinen, die mit der von Halle übereinstimmt. ‘Die beiden ersten Varietäten Spach’s sind Abänderungen von sehr untergeordneter Natur, da man solche an einem und demselben Busche vereinigt antreffen kann.

In dem von M. J. Römer (im Jahre 1947) herausgegebenen dritten Hefte der Synopses monographicae finden sich die Amygdaleae als erste Abtheilung der Rosiflorae, unter ihnen Amygdalus als dritte Gattung. Römer benutzte Spacn’s Arbeit sehr fleissig und modelte nur Einiges anders. Aus Spacn’s zweiter Reihe „Dodecandrae“ wird eine Gattung Amygdalopsis gebildet, sonst aber bleiben die Abtheilungen von Amygdalus ebenso, wie sie Sprach aufge- stellt hat. So haben wir denn auch hier eine Section Chamaemygdalus, zu welcher, ausser den von Spacu dazu gerechneten Arten; nana, sibirica, campestris und georgica, noch fraglich A. pumila Lour. und fruticosa Wenverorn kommen. A. nana erhält die beiden ersten Va- rieläten Sracn’s, die dritte wird eigene Art, von der Frucht wird nur gesagt, dass sie eine „drupa subrotunda“ sei, Synonymen und Vaterland werden abgeschrieben, Neues nicht

dazugelhan.

2. Amygdalus campestris Besser.

In seiner im Jahre 1520 geschriebenen ‚‚Continuatio prima“ der erst im J. 1822 her- ausgegebenen ‚Enumeratio plantarum Volhiniae, Podoliae ete.“ hat Besser diese Art zuerst bekannt gemacht, und als ihr Synonym beigefügt: „A. Besseriana (Scnorr) Cat. pl. venal. Jos. Held Vindobonae 1818“, indem er hinzusetzt: „Exteris botanicis omnino ignota fuit, Aftinis valdopere A. nanae, attamen habitu proceriore, foliis latioribus, calycis! tubo laciniis vix longiore, petalis albis, stylo ultra 's nudo et forma nueis diversa“. Ferner sagt er spä- ter in der Continuatio secunda, im October 1821 geschrieben: „‚Amygdalum campestrem co- piosam prope Iszkowce in distr. Cremenec. vidit hortulanus Wiırzerr“. Man muss sich wun- dern, dass Besser nicht den Namen, den er gedruckt vorfand, aufrecht erhielt, sondern ihn ohne jegliche Bemerkung verwarf. Man darf vielleicht hieraus schliessen, dass Besser diesen Strauch aus seinem Garten zu Urzemeniec nach Wien gesendet habe, und dass er dort von Scuorr mit einem Namen belegt worden sei, welcher seine Herkunft und seinen Entdecker an- zeigen sollte, den aber Besser verwarf, weil er selbst ihm schon einen Namen gegeben hatte, den er nicht aufgeben wollte, und weil der von Scuorr gegebene, durch keine Diagnose und Beschreibung gesichert, nur in einem Handelscatalog erschienen war. Besser’s Name blieb auch der gebräuchliche, aber die Pflanze selbst wurde wenig gekannt, was wohl Hosr veranlasste diese Kulturpflanze in seiner österreichischen Flor (Fl. Austr. I. 2.) mit einer Diagnose und

A

Beschreibung aufzunehmen, um die Botaniker auf seine specifische Verschiedenheit von A. nana aufmerksam zu machen. In den Diagnosen unterscheidet Hosr A. nana und campestris, jene durch „folia lanceolata “, diese durch „folia obovata in petiolum angustata“, damit die äussersten Formenverschiedenheitien der Blätter scharf bezeichnend, obwohl man diese nicht überall an den Exemplaren finden kann. Wenn man aber die Beschreibungen beider bei Hosr vergleicht, stellen sich noch andere Unterschiede heraus. A. campestris wird höher, ästiger (mithin höher als drei Fuss), die jüngeren Blätter sind lanzettlich, oder lanzettlich-eyförmig, die vollständig entwickelten aber umgekehrt-eyförmig; der Blattstiel ist auch gezähnelt; die Petala sind weiss und ‚duplo minora, quam praecedentis speciei“, umgekehrt -eyförmig, kurz genagelt, (nicht rosenroth, länglich, unterhalb der Mitte verschmälert); die Frucht sei ey- förmig (nicht fast rund). Wenn man erwägt, dass die Hosr’ische A. nana in Ungarn wild wächst, dass die Verfasser der deutschen Flor gerade die ungarische aber für A. campestris halten, dass die siebenbürgische Pflanze nach Untersuchung junger Früchte einen langen und nicht einen fast runden Kern hat, so wird man zweifelhaft, ob hier Verwechselungen statt ge- funden haben, oder ob in jenen Gegenden beide Arten durch- oder mit einander vorkommen.

Leoesour fand auf seinen Reisen im Altaigebirge (Fl. Alt. I. 210) A. nana häufig am Irtysch und an der Buchtorma, an dieser letztern aber bei dem Bergwerke Mursinsk die Spros- sen (surculos) einer Zwergmandel ohne Blüthe und Frucht, welche er für eine Varietät (lati- folia) der A. nana erklärte und dabei sagt, dass diese breitblättrige Form vielleicht die A. campesiris Besser’s sei, die Seringe mit grossem Rechte zu einer Varietät von A. nana mache. Seine var. latıfolia sei aber vielleicht die von Guerıw als Prunus etc. Fl. Sibir. III. 172. n. 3. aufgeführte Pflanze und dann eine eigene Art. Später in der Flora Rossica (Il. 2.) giebt der- selbe Autor die Unterschiede dieser Varietät von der Hauptform an und bemerkt dazu, dass die aus von Besser erhaltenen Saamen der A. campestris im botanischen Garten zu Dorpat erzogenen Pflanzen rosenrothe und nicht weisse Blumen gebracht hätten. Später ist campestris bald selbst- ständige Art, bald Varietät von nana. Serice (in DC.’s Prodr.) hat die Stelle, wo der Fund- ort angegeben wird, übersehn, ist daher wegen des Vaterlandes in Zweifel. Lovnox (Eneyel. of trees and shrubs $. 262) hat Exemplare in dem Garten der Londoner Gartenbaugesellschaft gesehn, welche aus Saamen des Petersburger Gartens, von Dr. Fıscner erhalten, gezogen waren, schweigt aber über die Blüthenfarbe. Sracu sah die Pflanze nicht, beschreibt aber den Stein derselben nach Exemplaren, welche er aus dem botanischen Garten zu Wien erhielt, und von welchen man wohl annehmen könnte, dass sie denen der Hosr’schen campestris entsprächen. Als Vaterland nennt Sraca Volhynien nach Besser, und Ungarn nach Merrens und Koca, und hält es für wahrscheinlich, dass in den meisten Gegenden, wo A. nana wachse, auch cam- pestris zu finden sein werde. Die Beschreibung des Steines lautet so: Stein 4 Lin. lang,

eyförmig, aber kaum schief, am Grunde etwas herzförmig, an der Spitze abgerundet, mit

Ba SO

einem fast in der Achse liegenden Spitzchen, jede Seite über der Basis bauchig, die Rücken- nath leicht gerinnelt, die Bauchnath tief gefurcht und daher gleichsam doppelt -gekielt, auf beiden Seiten neben den Kielen eine kleine Rinne, übrigens auf der Oberfläche mit Ausnahme der Basis eben (laevigatum). Er setzt hinzu, durch viel kleinere Frucht und ganz andere Structur des Steines sei campestris ausgezeichnet von nana unterschieden, und Pırzas scheine unter seiner nana die Frucht von campestris beschrieben zu haben. Nun giebt aber Parxas die Grösse der Frucht gleich einer Haselnuss an, der Stein sei eylörmig, spitz, zusammen- gedrückt, an den Näthen gefurcht. Diese Beschreibung in Verbindung wit der Abbildung lässt bei mir keinen Zweifel, dass die nana von Parzas, welche nach seiner eigenen Aussage an der Wolga bis an den Ural die gemeinste Pflanze ist, keineswegs mit der von Spach be- schriebenen campestris übereinstimme. Einen nur 4 Lin. langen Stein habe ich selbst nie gesehn. Römer führt A. campestris als eigene Art auf, ohne etwas Neues hinzuzubringen,

‚vielmehr noch durch falsches Abschreiben des einen Citats eine Ungenauigkeit hinzufügend.

3. Amygdalus sibirica Tauscn.

In Levesour’s Flora Rossica wird diese Form gar nicht erwähnt, obwohl der Name schon in No. 31. der Regensburger allg. botan. Zeitung im J. 1834 durch Herrn Professor Tauscu gegeben war und getrocknete Exemplare durch denselben in der Dendrotheca Bohemica ex- siccata verbreitet waren. Tausen lernte den Strauch, welchen er a. a. 0. S. 491 beschreibt, in den Böhmischen Gartenanlagen kennen, und glaubt er sei der von Asntan beschriebene, dessen Abbildung er aber als sehr schlecht bezeichnet. Den Namen sibirica gab Tauscu wohl in Bezug auf dies Synonym, ist aber nicht ganz glücklich gewählt. Die Blätter sind: „ob- ovata basi attenuata“, breiter als bei nana; die Bracteen lanzettlich, abstehend (nicht eylörmig und anliegend), die Blumenblätter schön roth, aber fast um die Hälfte kleiner als bei nana; die Frucht beinahe kreisförmig, nicht zugespitzt wie bei nana.

Später, wie es scheint, kommt derselbe Name in den Catalogen des Handelsgärtners Lopvises vor, denn aus diesen schöpft Lounox (im J. 1838) die Kenntniss dieser Art (Arbor. et fruticet. Britann. p. 674), welche er zu A. nana stellt, nachdem aber (Eneyel. of trees and shrubs London 1842) als eigene Art auflührt mit dem Citate Lonvices bot. Gab. t. 1599, welches Buch ich nicht vergleichen konnte. Tausch sagt, sibirica werde 3—4 F. hoch und höher, Louvon giebt ihr in dem ersten Werke 4 F., in dem spätern 6 F. Höhe, seine in der Ency- clopädie gegebene Abbildung ist, wie leider häufig in diesem Werke, ganz unbrauchbar. Wahr- scheinlich sind die sibirica von Tauscan und Lonnises dieselbe Form, obwohl man jetzt aus deutschen Handelsgärten eine sibirica erhält, welche nicht die von Tauscn sein kann. Spacu kennt sibirica nicht, und Röner zieht zu dieser Species Sracm’s nana Ö. latifolia, ohne sonst etwas aufzuklären.

Mitt: Ges. au Halle. dr Handle Okarial 2

A

4. Amygdalus georgica Desr.

Eine ebenfalls in Levesour’s Flora Rossica nicht erwähnte Form. Desroxrumes sagt von derselben in der Histoire des arbres et arbrisseaux ele. v. J. 1809 (Vol. 1. 221) folgendes: „A. georgica, foliis lanceolatis basi attenuatis, levissime serratis, floribus polygamis. Georgie. und $. 225: „Celui de Georgie a une si grande ressemblance avec le precedent (l’A. nain\, qu'il est assez difficile de l’en distinguer au premier coup d’oeil: il s’eleve d’avantage, ses feuilles sont plus lisses, plus legerement dentees et il a des fleurs polygames. Il fleurit aussi au printemps et passe l’hiver en pleine terre. Nous devons ce joli arbrisseau d’orne- ment a MM. Olivier et Bruyere. Il est aussi peu r&pandu dans les jardins. Ses amandes sont tres amers et ne sont pas mangeables.“ Alles was hier gesagt wird, ist von geringer Be- deutung, denn der höhere Wuchs ist nicht näher vergleichend bestimmt oder durch Zahlen ausgedrückt, wenig gezähnte Blätter kommen unter Umständen bei allen Formen vor, und die polygamischen Blumen zeigen sich ebenfalls bei allen, die wir lebend sahen. Die Blumen haben nämlich entweder gar kein Pistill, sind rein männlich, oder ein unvollkommenes, nicht normal ausgebildetes, wodurch sie ebenfalls unfruchtbar bleiben. Das Vaterland Georgien, oder die südlich vom Caucasus zwischen dem schwarzen und kaspischen Meere belegene Ge- gend, schliesst sich den übrigen Fundorten der Zwergmandeln an. Noch einmal erwähnt Des- FonTamses diese Art im Catalog der Pflanzen des Pariser Gartens (Cat. plant. h. Paris. 1929, p. 298), wo aber nur der Name mit den frühern Citaten steht.

Spaca giebt zweimal eine Beschreibung dieser Pflanze des Pariser Gartens, eine kürzere französische in den Suites a Burros, eine ausführliche lateinische in der Monographie. In der erstern nennt er die Frucht „‚drupe ovale cotonneuse“; in der zweiten sagt er, er habe die- selbe nicht gesehen und bis sie gekannt sei, bleibe es ungewiss, ob georgiea nicht vielleicht zu campestris oder nana gehöre. Eine georgica der Handelsgärtner hat im bot. arten zu Halle geblüht, aber noch keine Frucht angesetzt.

d. Amygdalus pumila Lour,

Mit Ausschluss des Citats der gleichnamigen Lixse'ischen Pflanze wird die Pflanze Lover- ro’s von Röser auch zu den Zwergmandeln gerechnet. Loureıro sagt von der Frucht, sie sei kleiner als ein Pfirsich, an Gestalt aber ähnlich, von saurem Geschmack. Einmal geht wohl hieraus hervor, dass diese Frucht ein saftiges Fleisch gehabt habe, welches den Zwergmandeln fehlt, dann aber ist es sehr die Frage, ob Lovursıo die Frucht selbst gesehn habe, da seine A. pumila ein gefüllt blühendes Bäumchen ist, also wahrscheinlich keine Früchte ausbildet, ferner überdies nicht häufig sei und vermuthlich von den Chinesen eingeführt wurde. Auf so unsichere Grundlagen hin eine Art aufzustellen, scheint etwas gewagt, und daher besser dieselbe bis auf bessere Gelegenheit auf sich beruhen zu lassen. Amygdalus pumila L. ist nach

u

Spacn’s Meinung Cerasus (Prunus) Chinensis Pers., nach unserer Ansicht (s. Linn. XXV. 223)

die gefüllte Form von Prunus (Cerasus) Japonica Tue,

6. Amygdalus fruticosa Wenven.

Diese rücksichtlich ihrer Früchte noch unbekannte Art rechnet M. J. Röner ebenfalls zu den Zwergmandeln. Die erste Nachricht von derselben fanden wir in den Schriften der Ge- sellschaft zur Beförderung der gesammten Naturwissenschalten zu Marburg, 2ter Band (Kassel, 1831), S. 252, wo Wenoerora sagt, dass er derselben (A. fructicosa heisst sie wohl durch einen Druckfehler) verschiedentlich in der Flora und anderwärts vor vielen Jahren be- reits Erwähnung gethan und vielfälig aus dem bot. Garten zu Marburg mitgetheilt habe, worauf er folgende Beschreibung liefert: „Es ist ein Strauch mit kriechender Wurzel von 6—S Fuss Höhe. Die Rinde des Stammes ist mit braungrauer, ins Aschgraue übergehender, die Zweige mit silbergrauer Oberhaut bedeckt. Blätter oblong, spitz, am Grunde verdünnt, auf beiden Seiten glatt, am Rande stumpf, fast knorpelig gezahnt. Blüht früher als Am. nana und pumila zugleich mit dem Ausbruch der Blätter. Die Blüthen sind grösser, nicht so leb- haft roth; Blumenblätter breiter. Früchte brachte sie leider bis jetzt noch nicht.“

Sodann erwähnt sie Wenoerorn in seinen Analecten kritischer Bemerkungen unter No. II. im J. 1853, inden er nur dıe eben angeführte Stelle, so wie M. J. Röner’s Synops. monogr. fasc. II. p. 14 eitirt, mit folgenden Worten: „Leider ist das Vaterland dieser ausgezeichneten Mandelart immer noch unbekannt, es dürfte indessen wohl das südöstliche Europa sein. Früchte brachte sie bei uns in den vielen Jahren ihrer Kultur noch ebensowenig, wie ihre nächst verwandten Am. pumila und nana, während A. campestris Bess., eine dieser letztern so nahe stehende Art, dass man sie wohl gar für einerlei mit derselben gehalten hat, deren jährlich reichlich liefert.“ Es scheint hiernach nicht, dass die Pflanze schon früher als in den Mar- burger Schriften bekannt gemacht und dass sie von Niemand weiter beachtet worden sei. Wie- wohl wir von unserem verehrten Collegen mit getrockneten Exemplaren der Marburger Garten- pflanze beschenkt wurden, so wagen wir doch nicht nach diesen allein ein Urtheil über sie zu fällen, sondern müssen abwarten, bis sie einmal in einem Garten Frucht ansetze, oder

diese aus ihrem Vaterlande bekannt werde.

7. Amygdalus humilis Eoew.

Wenn Warpers im 1. Bande der Annales, nur weil Enerworrn (Linn. Transact. XX. p. 44. n. 52) seine Pflanze mit A. nana vergleicht, sie zu der Abtheilung Chamaemygdalus rechnet, so erscheint dies sehr wenig gerechtfertigt, denn der kahle Fruchtknoten entfernt diesen Strauch,

von dem wir gar wenig wissen, dessen Blüthenfarbe und Frucht ganz unbekannt blieben, 9%

SZ

schon von allen Zwergmandeln so sehr, dass wir es nicht wagen können, ihn diesen anzu- reihen, obwohl wir ihn der Vollständigkeit wegen erwähnen mussten.

Aus dieser ausführlichen Darlegung des jetzt bestehenden Zustandes unserer Kenntniss der Zwergmandeln wird man ersehen, dass es noch mancher Beobachtung derselben bedürfen wird, um zu einem festen Endresultate zu gelangen. Um etwas zur Förderung unserer Kennt- niss in dieser Hinsicht beizutragen, will ich zuvörderst die allen Zwergmandeln zukommenden Verhältnisse besprechen, und dann über die im Garten von mir beobachteten besonders reden.

II. Die Zwergmandeln im Allgemeinen.

Alle Zwergmandel-Formen kriechen unter der Erde, aber in etwas verschiedenem Grade. Die jungen Schosse, welche sich alljährlich an diesen Wurzeln erheben, haben stets ansehn- lichere, grössere, häufig auch etwas anders gestaltete Blätter, so dass sich ein bedeutender Unterschied zwischen den Blättern dieser einfachen, unverästelten und doch schon früh, ge- wöhnlich im zweiten Jahre blühenden Triebe und denen der ältern Aeste der mehrjährigen Stämme herausstellt. Diese letzten Blätter werden oft so klein und schmal, dass sie mit je- nen der jungen Triebe verglichen zuweilen gar nicht derselben Pflanze anzugehören scheinen. Die Zahl der Blumen, welche nebeneinander vorkommen, ist bei allen Arten variabel und ebensowenig ist es beständig, ob sie in Begleitung eines Blatttriebes erscheinen oder nicht. Nicht minder ist die Grösse der Blume etwas veränderlich, man muss daher bei Vergleichun- gen nicht einzelne Blumen oder wenige, sondern eine grössere Zahl in Vergleich ziehn. Alle Formen haben eine grössere oder geringere Neigung ihrer Pistille gar nicht, oder nur unvoll- ständig auszubilden und dies variirt in den einzelnen Jahren. Davon hängt denn auch, so wie von dem verschiedenen Einfluss der Witterungsverhältnisse, der Fruchtansatz ab, der bei einigen Formen fast nie ausbleibt, bei andern nur in einzelnen Jahren sich zeigt. Natürlich hat die bei uns sehr unbeständige Frühjahrswitterung einen grossen Einfluss auf die Frucht- bildung bei diesen so früh blühenden Sträuchern, bei denen aber auch die Beschaffenheit und Lage des Bodens nicht minder einwirken mag, da sie in ihrem wilden Zustande offene, son- nige, trockene Abhänge am meisten zu lieben scheinen. Bei uns reifen die Früchte aller Formen ziemlich gleichzeitig im September oder October, also viel später als in ihrer Heimath, wo eine wärmere und beständigere Sommertemperatur die Reife beschleunigen muss. Die volle Reife zeigt sich, indem die dünne Fleischschaale an dem einen grösseren Bogen beschreibenden Rande der Länge nach eine Spalte bekommt, und nun durch Vertrocknen mehr und mehr den

ur

Stein hervortreten lässt*), der aber, in seiner Form der der reifen Frucht entsprechend, doch nur selten aus der aufklaffenden Schaale herausfällt, eher mit ihr abfällt oder vertrocknend meist sitzen bleibt. Abgesehen davon, dass die Grösse der ganzen Frucht, so wie ihres Steines bei einer und derselben Art einigen Schwankungen unterworfen ist, so zeigen doch die Früchte und weit mehr die Steine derselben auffallende Verschiedenheiten in ihrer Form, Berandung und Seulptur der Flächen, so dass man davon Charactere zur Unterscheidung der Arten hernehmen kann, so gut wie man dies auch in andern Abtheilungen dieser Gattung ge- than hat, während man bei den Formen, welche die gemeine Mandel zusammensetzen , ähn- liche und zum Theil noch stärkere Verschiedenheiten für weniger wichtig gehalten hat, indem man diese Formen nur für Abänderungen, durch langjährige Kultur hervorgerufen, ansehenf will, ohne dass unseres Wissens irgendwo sichere directe Beweise für eine solche Veränderlichkeit gegeben wären, welche gleichwohl in dem Vorkommen der Blausäure stattfinden soll und zwar so, dass bittere und süsse Mandeln auf demselben Baume vorkommen, oder bittere Man- deln ausgesäet süsse und umgekehrt, erzeugen sollen. Bei den Zwergmandeln, welche, soweit wir sie kennen, bitterliche Kerne haben, wurden nie ganz süsse wahrgenommen, wohl aber in den verschiedenen Jahren ein etwas verschiedener Grad der Bitterkeit. Die rothe Blumen- farbe ist die herrschende bei den Zwergmandeln, und nur bei einer Art kommen weisse Blu- men vor. Wenn es aber wahr ist, was Levesour behauptet, dass diese weisse Farbe durch die Aussaat in die rothe umgewandelt wird, so ist es doch merkwürdig, dass keiner der Beobachter, welche die Zwergmandeln oft in so ungeheurer Menge gesehen haben, jemals eine weissblühende gesehn hat, und von der rotliblühenden Pfirsich trotz ihrer uralten Kultur erst die neuere Gartenkunst eine weissblühende Form (s. Bot. Mag. t. 1586) erzielte, die man frü- her, nach allem, was ich vergleichen konnte, nicht gekannt hat. Bei dieser weissblühenden Pfirsich fehlt denn auch die rothe Färbung an den Zweigen, und selbst die Frucht, welehe nicht besonders sein soll, ist ganz grün abgebildet; dabei ist auch noch die Rede von einer weissen Neetarinia. Es dürfte daher wohl durch weitere Versuche zu bestätigen sem, ob die weiss- blühende A. campestris Bess. durch die Aussaat in der That rothe Blumen erhält, und ob die rothblühenden Zwergmandeln durch die Cultur in weissblühende umgewandelt werden können.

*) Es wird beı der Mandel entweder gar nicht von dem Aufspringen der Fruchtschaale gesprochen oder dasselbe als ein unregelmässiges bezeichnet. GaERTNER hat das Verhältniss ganz richtig angegeben und ich habe dasselbe bei allen Mandel- früchten ganz gleichartig gesehn. Bei einer Mandel, welche wir als A. communis erhielten, welche aber vielleicht A. Persico- Amygdala Darecn sein möchte, sieht man nicht selten die von einander klaffenden Ränder der Fruchtschaale, welche hier in der Mitte bis gegen 4 Lin. dick ist, noch durch Stränge oder Fäden von Gummi unter sich oder mit dem Steine verbunden, welches Gummi reichlich in ihnen vorhanden, nicht selten auch äusserlich austritt. Nimmt man die Früchte der Mandeln früher ab, als sie ihre volle Reife erlangt haben, so trocknet das Fleisch an den Stein und ein Aufspringen findet nicht statt, Da- gegen reisst bei der in Rede stehenden Form, was bei den dünnschaaligen nicht statlfindet, nachdem die Längsspalte sich geöffnet hat, die Schaale noch vom Grunde durch zwei in der Mitte der Klappen liegende Risse mehr oder weniger ein, oder es zeigen sich daselbst auch wohl mehrere kleine Risse; dann fällt die Schaale mit dem Stein, mit. Hinterlassung. des kurzen Stieles, ab, oder der Stein löst sich ganz aus der Schaale,

ee

Il. Die Zwergmandeln in ihren einzelnen Arten nach eigenen Beobachtungen.

Wenn wir, vorzugsweise auf die im botanischen Garten zu Halle bis jetzt eultivirten Formen der Zwergmandeln uns stützend, es versuchen, die Arten derselben sicherer zu um- grenzen, so hoffen wir, dass uns dadurch noch weiterhin Material’ zufliessen werde, welches uns selbst eine Kritik dieser unserer Arbeit ermöglichen wird, oder dass andere Botaniker und namentlich die Russischen Floristen dadurch aufmerksam gemacht werden und die Frucht- bildung bei den Zwergmandeln einer genauen Untersuchung unterziehen werden. Wir haben es nöthig erachtet die alten Namen zu verlassen und dafür neue zu wählen, welche nach den Männern gegeben wurden, die zuerst ein deutliches Bild der Frucht und namentlich ihres Steines gegeben haben. Wir haben übrigens nur noch zu bemerken, dass die Blätter-Maasse nur an vollkommen ausgebildeten Blättern genommen wurden, die der Blumen an eben voll- ständig entfalteten, und dass die Beschreibung der Frucht nur, so weit es möglich war, von der reifen entworfen ist. Doch glauben wir, dass zur Erkenntniss der Steinbildung nicht die volle Reife nöthig ist, da der Stein, sobald er nur seine harte Schaale ausgebildet hat, die ihm eigenthümliche Form erkennen lässt.

l. Amygdalus Pallasiana.

Amyydalus nana Paır. Fl. Ross. Tab. VI. (descriptio p. 12, excl. formis plur.), Scukuur Handb: II, tab. CXXX. Il. p. 21, Bot. Mag. t. 161.

Deseriptio frutieis per quinquaginta annos et ultra in horto botanico Halensi culti, Frutex 2—3' ped. altus, parcius stolones proferens, cujus caulis dimidii pollieis crassitiem vix unguam- atlingit, corlice teetus laete 'griseo, humefecto magis brunneo, lenticellis trans- verse ovalibus prominulis paululum pallidioribus: irregulariter adspersus, ramis junioribus fo- liferis fuscescentibus epidermide: grisea dein secedente. Folia ramorum vetustioris plantae haud evolutorum angusta. fere lineari- lanceolata, longe sensimque in partem petiolarem- canalicula- tam decurrentia, apice acutiuscula, mucronata, I—1"z poll. longa, 2—6 lin. lata, margine simpliciter argule serrata, serraturis acutis, saepius leviter extrorsum versis et apiculo glandu- loso, dein fuscescente saepiusque deeiduo vel obliterante terminatis, in inferiore attenuata et petiolari parte omnino deficientibus. Folia ramorum evolutorum ex vetustiore ligno prorum- pentium majora 2'1,—3'/4 poll. longa, 7—10 lin. lata, in prole radicali rarıus maxima, 5—5"/, poll: longa, 17—20 lin. lata, tunc et magis ovalia minusque longe ad basin attenuata, sed in eodem ramo radicali simplici, ubi inferne maxima illa sunt folia, superne quoque minora supra deseripta ramorum velustiorum licet, rarius conspiciuntur. Latissimus folii diameter

transversalis duas tertias longitudinis ejus aequat partes. Calycis purpurascentis 5 lin. longi

laciniae 1%, lin. sunt longae. Petala rosea 6—7 lin. longa, ad 3 usque lineas lata repe- riuntur. Stamina longiora 5 lin, longa, antheris suis pelalorum medium vix superant. Pi- stillum calycem circiter aequans, ex laciniis ejus dein extus Nlexis longius prominere videtur; ovarium villis magis erectis tegitur et styli dimidia ‚inferior pars patentibus. Drupa 10—12 lin. longa, fere semper 7 lin. lata, 5 lin. erassa, inaequilatere-ovata, utrinque acuta, margine altero convexiore et juxta basin acutam leviter emarginato, altero rectiore. Putamen ejusdem fere formae (illi Pruni domesticae simile cfr. Gärrn. d. sem. N. }. 93. f. 2), oblique ovoi- decum, compressum, acutum, basi oblique et obtuse acuminatum et emarginatum, acumine ob- tuso leviter ‘eurvulo ex recliore sulura continuo et juxta se in latere marginis convexioris fo- veam habente parvam quae vasorum fascieulum recipiebat, qui in suturam (s. marginem) convexiorem et per aciem obtusam massa grumosa fere clausus exeurril, in utroque suturae latere rugulae nonnullae plus minus inter se suleis tenuissimis distinctae v. confluentes atque a facie convexa suleo deplanoto sejunctae limbum elevatum efficiunt, dum altera sutura levi tantum impressione a faciebus separatur, quae sub medio magis convexae rugulis et rimulis obsolelissimis ad basin et marginem latiorem interdum paullo evidentioribus obiter instructae fere laeves sunt.

Was der bot. Garten aus Handelsgärten unter dem Namen A. Sibirica erhielt, stimmt ganz, auch rücksichtlich der Frucht und des Steines derselben, mit der vorstehend beschrie- benen Pflanze überein. Wir fügen noch die Maassverhältnisse der Blumentheile dieses Strau- ches hinzu, aus welchen man auch ersehen kann, dass sie, in verschiedenen Jahren aufge- schrieben, kleinen Schwankungen unterworfen sind.

Calyeis tubus 3 lin. longus, laciniae ejus 1". lin. longae. Petala 4—6 lin. longa, 2'/, lin. lata. Stamina longiora 3% lin. longa. Pistillum ealycem aequans et stamina media. Stylus 4", lin. longus spatio 1’,—2 linearum nudus, ceterum pilis patentibus albis dense obsitus.

Vergleichen wir mit diesen Beschreibungen die von Parzas gegebene und dessen Ab- bildung, so scheint eine grosse Uebereinstimmung zu herrschen, wenn gleich die Basalspitze des Steines etwas weniger vorgezogen abgebildet ist, als sich solche an unsern Gartenexem- plaren sehr beständig zeigt. Doch mag dies Schuld des Zeichners sein, der, wie dies über- haupt die Parras’ischen Abbildungen darthun, kein genauer Pflanzenmaler war, sondern nur im Ganzen die Gewächse erkennbar darstellte. Ist aber unsere Gartenpllanze, wie wir keinen Augenblick ‘bezweifeln, die Pflanze von Parzas, so wächst sie im Gebiete der Wolga und deren Nebenflüssen, da Parras ausdrücklich sagt, dass er diese beschrieben und abgebildet habe.

Viel genauer passt aber zu unserer Pflanze diejenige, welche der genaue Scukunr aus dem botanischen Garten zu Wittenberg in seinem botanischen Handbuche Tab. CXXXI. ab- bildet. Der zweite Band dieses Werkes, in welchen sie auch $. 21 beschrieben ist, erschien

im J. 1796, so dass also auch damals, vor 60 Jahren, in Wittenberg diese Zwergmandel für A. nana L. gehalten wurde. Man kann nun wohl glauben, dass die in den deutschen Gärten seit längerer Zeit kultivirte Zwergmandel überall diese selbe war, da auch Tausch, indem er seine A. Sibirica von nana unterscheidet, letzterer eine spitze Frucht zuschreibt, da ferner Exemplare vor längerer Zeit aus dem Berliner Garten eingelegt, in ihrer Blattform überein- stimmen, und da auch schon 1799 A. nana im botanischen Garten zu Halle angeführt wird (s. Sprexeeu d. bot. Garten d. Univ. z. Halle p. 7), welche sich 1833 als einzige Zwergmandelart im Garten noch vorfand und bis jetzt erhalten hat. Nicht minder scheint die Abbildung im Bot. Mag. t. 161 hierher zu gehören, da neben dem blühenden Zweige ein ausgewachsenes Blatt dargestellt ist, welches keine Verschiedenheit zeigt. Dagegen ist Gärrner’s A. nana eine ganz andere Art, und ebenso Spacn’s, und es ist somit der Trivialname nana auf ver- schiedene Formen angewendet, bei deren Trennung derselbe aufgegeben werden muss. Ich habe daher dieser Art den Namen A. Pallasiana zu geben keinen Anstand genommen, da Pırras der erste ist, welcher sie deutlich abbildet und beschreibt.

Was wir als Amygdalus Georgiea, oder wie sie auch wohl in den Gärten heisst: A. Georgi, kultiviren, zeichnet sich durch etwas geringere Grösse der ganzen Pflanze und der Blätter aus. Vielleicht lässt sich darauf die Form beziehen, welche Parras aus der taurischen Halbinsel von Suser gesammelt erhielt und von welcher er sagt, sie sei sehr klein, spannen- lang, mit kaum gestielten Blättern, sonst der von der Wolga ähnlich. Aus der nachfolgenden Beschreibung unserer Gartenpflanze wird sich die Geringfügigkeit der Verschiedenheiten er- geben, welche jedoch, wenn erst die Frucht bekannt geworden sein wird, durch diese mög- licher Weise eine Verstärkung erhalten können.

Frutex 1Y. pedalis, parce stolonifer, ramis vetustioribus einnamomeis, junioribus fuscis, lenticellis parvis, parcis. Folia simili modo variabilia ut in nana supra descripta, pollicaria, sesquipollicaria et bipollicaria, 2—3 —4 lin. lata in ramo annotino fasciculata, in cujus in- novatione 3-pollicaria, 7—9 lin. lata folia prodierunt. Stolonum folia 2%—3'4 poll. longa, 9— 11 lin. sunt lata. Ceterum omnibus foliis eadem forma, lanceolata scilicet, nune in ellip- ticam se extendens; nunc fere ad linearem accedens; omnibus eadem serratura nec vix brevior petiolus. Flores vis minores at pallidiores. Calyeis tubus 3 lin. longus, limbo 1',—1? lin. metiente. Petala diluta rosea, 5—6 lin. Jonga, lineasque duas lata, interdum et paullo latiora. Pistillum nunc stamina media aequans, nunc minoribus brevius; stylus ad */s longi- tadinis pilis fere aequilongis patentibus obsessus, ceterum nudus. Fructus nondum perfeeit.

Wenn man mit diesem Strauche, den die geringere Grösse, die schmalern seitlich aus dem alten Holze hervortretenden Blätter und die blassern Blumen ein von der A. nana etwas verschiedenes Ansehn gewähren, mit dem vergleicht, was Desrontaınes und Spach von ihrer A. Georgiea angeben, so muss man zweifeln, ob die Bezeichnung der Handelsgärtner eine

ii

richtige sei, denn die unsrige ist weder grösser im Wuchse als nana, unter welcher freilich eine andere Form von jenen Autoren verstanden wird, noch hat sie weniger gesägte Blätter, wie Desrontaınes verlangt, noch grössere Blätter und Blumenblätter, wie Spaca angiebt, und nur der am obersten Drittheil nackte Griffel würde übereinstimmen.

2. Amygdalus Besseriana Schott.

Amygdalus campestris Besser nee aliorum auctorum.

Deseriptio plantae nostrae hortensis. Frutex 4—5 pedalis, valde stolonifer, cortice fusco, sensim canescente et lenticellis copiosis, transverse ovalibus rotundatisve, pallidis, valde prominentibus, jam in junioribus et hornotinis ramis satis conspicuis exasperato. Folia iis praecedentis speciei similia quidem, sed rarius lanceolata, plerumque elliptico -lanceolata et obovato-lanceolata, immo obovata, basi cuneata, apice nünc breviter, nunc brevissime et fere mueroniformi- acutata, margine validius serrata s. fere dentata, serraturis infimis inter se magis remolis, una alterave earum magis prominente, omnibus apiculo subtriangulari glandu- loso lutescente dein fuscescente, tandem saepius deciduo terminatis. Vetustiori in frutice alia invenies folia 2'/ p. longa, 6 lin. lata, alia 2'/ p. longa, 11 lin. lata, alia 1% —2 p. longa, 7—S lin. lata, in nova prole habebis majora et latiora 1.—3"/; p. longa, 9—16 lin. lata. Quas dimensiones foliorum si cum illis A. nanae comparas, huic campestri folia non solum sunt breviora sed etiam latiora, quod magis adhuc in statu vivo, si totum adspicis fruticem elucet. Calyces 4—5 lin. longi et basi 1'/, lin. lati. Petala alba, 5—6 lin. longa, 2—24, lin. lata. Stamina longiora 3 lin. longa. Stylus ad 7 usque lineas longus, calycem et sta- mina breviora superans, apice per spatium 2—2'/s linearum nudus, ceterum pilis patentibus sursum leviter decrescentibus est tectus. Drupa late ovato-subrotunda , compressa, diametro tam longitudinali quam transversali inter suturas S-lineari, crassitie circiter 6-lineari, viridis, carne exsucca, minime crassa. Putamen simile at paullo minus, basi vix emarginatum et fo- veola instructum, quae margine et suleis abhine sed haud longe in latera decurrentibus cin- gitur et pro recipiendis vasorum fascieulis inserviebat; apice mucronulatum, margine altero suturali paullulum convexiore, plus minus conspicue tricarinato, limbo latiore, alterius sulco angusto filiformi percursi limbo angusto; facie utraque valde gibba, rugulis suleisque brevibus superficialibus irregulari modo leviter insculpta laevi.

Dass wir dieser Art den ihr zuerst gegebenen Namen von Schott wiedergeben, ge- schieht theils, um dem Rechte der Priorität zu genügen, theils weil er den Namen des ersten Entdeckers an diese Species knüpft, theils endlich weil dieser Trivialname mit den andern von uns bei den Zwergmandeln einzuführenden im Einklange steht. Dass aber diese Pflanze die ächte A. campestris Besser’s sei, halten wir durch dessen eigene Angabe, dass sie höher als A. nana werde, breitere Blätter und weisse Petala habe, ferner einen über ein Drittheil

Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 2r Band, 1s Quartal. 3

ei A <<

seiner Länge nackten Griffel und eine anders gestaltete Frucht besitze, für vollständig ge- sichert. Dagegen lassen die Angaben Hosr's über seine ebenfalls weiss blühende campestris einigen Zweifel zu, da er ihr eine eyförmige und nicht fast runde Frucht zuschreibt, während gerade unsere Pflanze eine rundere Frucht hat als A. nana. Wenn Hosr sonst noch bei campestris einen gezähnelten Blatistiel und nur halb so grosse Petala hervorhebt, so liesse sich das Erstere wohl dadurch erklären, dass einzelne Sägezähne stärker hervortretend sich oft mehr herabziehn, und das Letztere dadurch, dass gerade in Ungarn eine grossblumige Form der A. nana vorkommt, welche ihm zunächst bekannt gewesen sein muss, die aber rücksichtlich ihrer Frucht und ihres Steines in derselben vielleicht nicht ganz mit der von der Wolga übereinkommt.

Spacu beschreibt, wie oben schon angegeben ist, den Stein der A. campestris nach einem aus dem botanischen Garten zu Wien erhaltenen Exemplar, giebt aber die Grösse desselben nur zu 4 Linien an. Abgesehen von der geringen Grösse würde sich die übrige Beschreibung, welcher freilich eine etwas andere Auffassung zu Grunde liegt, wohl mit der unsrigen ver- einigen lassen, aber zur grösseren Sicherheit würde doch eine Vergleichung beider Formen nothwendig werden, da es doch möglich sein könnte, dass auch eine andere weissblühende Form, von der wir freilich sonst keine Spur finden, vorhanden wäre,

3. Amygdalus Gaertneriana.

Amygdalus nana Gärtn. d. fruct. et sem, plant. II. p. 75. 1. 93. f. 3.

Diese durch ihre reichlichen, lebhafter gefärbten, auch etwas grösseren Blumen, so wie durch breitere Blätter und reichlichen Fruchtansatz sich im Garten auszeichnende Form wage ich nicht mit dem Namen sibirica Tausch zu belegen, da dieser um die Hälfte kleinere Blu- men als nana zugeschrieben werden. Dagegen könnte sie vielleicht der von Parzas am Irtysch gefundenen, durch flores speciosiores und drupas majores ausgezeichneten Form angehören, wenn anders dieselbe nicht mit der von Leprsour am Altai gefundenen Zwergmandel zu- sammenfällt, von welcher ein Paar Früchte, durch die Güte des Ira. Prof. v. Bunce in Dorpat erhalten, an ihrem Stein Verschiedenheiten zeigen, welche eine eigene Species andeuten können. Die von Gärtner gegebene Abbildung passt auf unsere Pflanze, und es ist nur zu bedauern, dass er nicht angiebt, woher er seine Früchte erhalten habe, Auch die Frucht, welche Sprach bei A. nana beschreibt, scheint von der, welche wir jetzt von unserer Gartenpflanze, die wir früher für A. campestris gehalten und ausgetheilt haben, beschreiben wollen, nicht verschieden zu sein.

Frutex 3". pedalis, valde stolonifer, cortice fusco dein cinerascente, lenticellis quam in Am. nana crebrioribus et eodem fere modo ac in Besseriana copiosis, sed haud ita promi- nentibus tecto. Folia angustius latiusve ovalia, in petiolum cuneato-decurrentia, apice obtu-

ee

sata, nung apiculo brevi terminata et hinc interdum acutiuscula, nunc acuta; margine acute et inaequaliter dentato-serrata, serraturis apicem versus densius dispositis, in inferiore margine remotioribus; dein in petiolari parte (quae, sicut lamina sensim vel properius angustatur, va- riae longitudimis est) deficientibus et inferiorum earum nonnullis saepius majoribus magisque prosilientibus (una alterave in superiore quoque petiolari parte oceurrente), ommibus in primo evolutionis statu glandula minuta secernente dein exsiccante et rarius apieuli fusci ad instar in foliis adultis persistente terminatis. Frutieis adultioris folia cum petiolo 2—2"/z poll. longa, 6—9 lin. lata (his paululum minora ad basin ramulorum reperiuntur; in caulibus propullulantibus, adhuc simplieibus, majora, 2's—3 poll. longa, 10—12 lin. lata, rarius maxima, 3—4 poll. et ultra longa, 15—22 lin. lata; omnia laete viridia, subtus glauces- centia, autumno halitu purpurascente, quem in reliquis speciebus vix observavimus, ex parte tineta. Flores plerumque densius dispositi, majores, speciosiores. Calyx lutescens basi viri- dis, paululum latior quam in ceteris, 5 lin. longus, laciniis 1/z lin. metientibus. Petala 6—8 lin. longa, 2'.—3'/, lin. lata. Stamina majora 4 lin. longa. Pistillum cireiter $ lin. altum, stamina majora aliquantulum superans; styli eirciter 6" lin. longi parte supera saltem dimidia nuda, infera pilis patentibus superne decrescentibus tecta, ovarium adpresse puberulum. Drupa subrotunda compressa, lateribus ventricoso-convexis, diametro longitudinali et trans- versali inter suturas subaequali, inter S—11 lin. vario, inter valvulas 7—-9 lin. crassa, ex basi, eui pedunculus brevissimus in fovea compresso-infundibulari insidet, usque ad mueronem medium terminalem minutum crassum sulcus profundior in ea qua dehiseit sutura decurrit, obsoletus in altera, apicem versus paululum magis eonspieuus; extus luteseit, interdum cum rubore tincta et pube densa adpressa tecta est. Caro solida duriuscula lutescens, in medio inter- dum ad 2'/, lin. erassa, saporis aciduli et austeri amaricantis leviterque hydroeyaniei. Putamen vix leviter obliqguum, ovato-subrotundum, basi emarginatum, apice breviter acutatum, facie utra- que, inprimis in inferiore parte, turgide convexa. A fovea basali pedunculi vasa recipiente ad apicem adscendit margo alter obtusıor et medio sulco minuto, apicem versus saepius magis distincto percursus, alterque seminifer carinato - aculatus utrinque sulco et adjacente carinula laterali obtusa comitatus, sulcis his et carinulis vario modo nunc clarius nune obscurius con- spieuis. ÜUtraque facies fere laevis, lineolis varie flexis et punctis leviter impressis rugisque

paullo profundioribus obıter inseulpta.

Da diese Form der vorhergehenden durch ihre Frucht und die Gestalt ihrer Blätter so nahe steht, könnte man glauben, dass sie als Varietäten mit einander vereinigt werden müssten, und Levegour’s Erfahrung, dass durch Aussaat die weisse Farbe sich verloren habe, würde dabei von Gewicht sein. Aber die rothe Blüthenfarbe scheint bei den Drupaceen so leicht

nicht in die weisse umzuschlagen, denn trotz einer langen Kultur scheint man bei der Zwerg- 3*

re

mandel noch nie eine weissblühende Form erzogen zu haben, und bei der wahren Pfirsich *), die doch seit uralten Zeiten kultivirt wird, hat man erst in neuerer Zeit eine weissblühende Abänderung in den Gärten erhalten. Dann ist die weissblühende Zwergmandel höher von Wuchs, aber von gleich starkem Wurzelspross- Vermögen, sie hat ferner kleinere Blumen mit schmaleren Petalen und engeren Kelchen, einen länger bebaarten Griffel, und kleinere, gewiss weniger dicke Früchte, so dass eine ganze Anzahl kleiner Kennzeichen die beiden Arten, welche in ihrer Blattform schwer unterschieden werden dürften, zu trennen scheinen.

Ob Amman’s oft citirtes Bild zu dieser A. Gaertneriana gehöre, möchten wir in Bezug auf die Blätter und selbst in Bezug auf die Frucht verneinen, denn es ist wohl zu bedenken, dass der abgebildete Zweig ein Fruchtexemplar ist, also ausgebildete Blätter trägt, und dass Auman das Blatt des Strauches durch ‚„Persicae folio“ bezeichnet, was nicht gut möglich ge- wesen wäre, wenn er die Pflanze, welche wir meinen, gehabt hätte. Die Abbildung der Frucht von A, nana bei GÄRTNER stimmt dagegen genau mit der unserer Pflanze, nur ist das Fleisch etwas dünn gezeichnet, was wohl darin, dass er die Frucht getrocknet erhielt, seinen Grund haben kann. Leider hat GaerTner nicht angegeben, woher er die Früchte erhielt, was er bei einem so verbreiteten Strauche wohl für überflüssig gehalten haben mag.

Was Tausch in der Beschreibung seiner A. sibirica von den Blättern derselben sagt, würde ebenso wie das Wenige, was er von der Frucht mittheilt, wohl mit unserer Pflanze überein- kommen, aber Anderes weicht so sehr ab, dass wir nicht die Ueberzeugung gewinnen konn- ten, er habe unsere Pflanze vor Augen gehabt. Tauscn’s A. sibirica ıst 3—4mal höher als nana, muss also einen Busch von mindestens 6—8 Fuss Höhe bilden, sodann sollen die Blu- menblätter beinahe um die Hälfte kürzer sein als bei nana; dies gäbe also, da die Petala der letztern wenigstens 6 Linien messen, nur eine Länge von höchstens 4 Linien, und damit so wenig ansehnliche Blumen, dass Tausch sich nicht veranlasst finden konnte ihn einen wahren Zierstrauch des Frühlings zu nennen. Die andern Abweichungen betreffen aber Charactere, die bei den Mandeln nirgends beständig sind und daher kaum sichere Vergleichungs-Momente abgeben dürften.

Wo unsere oben beschriebene Pflanze ihren Wohnsitz habe, ist nicht bekannt, da man nicht mit Gewissheit sagen kann, dass die altaische breitblättrige Form, welche Levesour für campestris hält, der unsrigen gleiche, und da auch Parras nichts über die Frucht seiner am Irtysch wachsenden, durch ansehnlichere Blumen und Früchte ausgezeichneten Form von A. nana sagt. Zwei der Reife ziemlich nahe Früchte der A. nana altaica, die noch nicht auf-

*) Es wird von Gärtnern behauptet, dass wenn man Pfirsiche aus ihren Kernen zieht, die erste Generation noch gute Früchte bringe, dass aber, wenn man die Kerne dieser ersten Generation wiederum aussäet und von denselben neue Pflanzen erzieht, deren Kerne wieder aussäet und dies fortsetzt, man endlich Früchte erhalte, welchesunschmackhaft und mehr den Mandelfrüchten ähnlich würden als den safligen der Pfirsich,

ur u

gesprungen, sonst aber ausgebildet waren, haben einen nach unserer Ansicht so abweichend geformten Stein, dass wir nur auf dessen Kenntniss gestützt eine neue Art aufstellen wollen, die wir dem Andenken des Mannes widmen, welcher die erste Russische Flora bearbeitete und auf dessen Betrieb auch jene Reise nach dem Altai unternommen wurde.

4. Amygdalus Ledebouriana.

Amygdalus nana, Altaica Levee. Fl. Alt.

Drupas duas siccas nobiscum communicavit collega noster doctissimus botanices in uni- versitate Dorpatensi professor BungeE, quas in aqua tepida emollitas et dein degluptas hic de- seribimus. Drupa ovata compressa, diametro longitudinali fere pollicari, transversali inter su- turas novem-lineari, basi fere truncato-obtusata cum foveola impressa, in cujus fundo cicatrix peduneuli anguste-elliptica videbatur, lateribus plano-convexis, marginibus obtusis, altero tantum sulco fere obsoleto notato, superficie tota dense pilosa, sordide flavescente. Putamen 9 lin. longum, 7 eireiter lin. latum, inferiusque eireiter 4. lin. crassum, ovatum, leviter obliquum, apice acumine minutissimo fere mucroniformi terminatum, lateribus convexis et magis quidem basin versus, margine utroque a facie sulco distineto. Suturae seminiferae margo superne in- primis latior componitur ex media carina sulurali acutiuscula, quam sulcus utringne separat a carinula obtusa angusta fere filiformi ex qua simpliei, nunc jam fere a basi nunc a medio, rugae breves tam inter se quam a carinula suleis distinetae angustae obtusae oblique, quasi Nlabellatim, adscendunt et in facie mox desinunt, neqvaquam sensim decurrentes sed obtuse et repenle finitae. Alter margo qui suleis obliquis plus minus conspicuis in utroque latere in- terrumpitur aciem habet obtusam et medio sulculo tenui percursam, a lateribus convexis fru- ctus autem sulco separatur inferne inprimis latiore. Ex fovea basali plures sulci irregulares in faciem utramque adscendunt, in summa ejus convexitate mox evanescentes, reliqua superficie fere laevi, punctulis tantum minutissimis rimulisque obsoletis, lentis ope in conspectum ve-

nientibus obsessa.

Da die beiden untersuchten Früchte sich ganz übereinstimmend zeigten, so ıst nicht zu glauben, dass ihre von den andern abweichende Gestalt und Beschaffenheit eine rein zufällige ge- wesen sei, doch wird jedenfalls dieser Strauch, der nach den Verfassern der Flora Altaica in den Gegenden am Irtysch und an dem Nebenflusse desselben, der Buchtorma, wächst, näher zu unter- suchen sein. Die in jener Flora angeführte Varietas 9. latifolia käme dabei weiterhin auch in Betracht, und um so mehr, als von ihr weder Blumen noch Früchte gesehen wurden. Höchst wahrscheinlich ist auch Parras grossblumige und grossfrüchtige Form vom Irtysch die Lepe- gour’sche Pflanze, und besonders deshalb, weil diese hier zuletzt beschriebene grössere Früchte hat, als die von uns als Gaertneriana bezeichnete.

Wir können nicht umhin auf noch eine Art durch Verleihung eines Namens aufmerksam zu machen, auf welche die Verfasser der Flora Altaica schon als auf eine neue Mandelart hindeuten. Es ist dies nämlich diejenige, welche Gmeuın in der Flora Sibirica (II. p. 172) unter No. 3 anführt, dessen Worte den Namen begleiten mögen, welchen wir zu Ehren des ersten Finders aufstellen.

Amygdalus Heuckeana, inermis, ramosior quam A, nana, foliis latioribus lanceolatis, flo- ribus amplioribus sessilibus, calycum laciniis subrotundis serratis, petalis rotundioribus (in sicco albis), drupa villosa. Crescit in campis apricis Sinensibus per quos ex Sibiria per Mon- golorum regiones ad Sinas itur, unde attulit ramum Chirurgus Hevcke, qui comitatui Sinico interfuit.

Leicht wird es den Russischen Botanikern und botanischen Gärtnern werden die Früchte der Zwergmandeln aus verschiedenen Gegenden zu erhalten, zu untersuchen und zu kultiviren, um auf diese Weise auch die Pflanzen selbst in ihren verschiedenen Zuständen kennen zu lernen, was den Reisenden unmöglich ist. Dass mehre Arten von Zwergmandeln in dem grossen Verbreitungsbezirk der A. nana auftreten können, ist an sich nicht unwahrscheinlich, da wir in südlichen Gegenden ebenfalls eine ganze Anzahl von Arten der Gattung Amygdalus finden und es überhaupt häufig ist, dass nahe verwandte Arten einander gleichsam ablösen, mag man von Norden nach Süden oder von Westen nach Osten vorschreiten. Jedenfalls, hoffen wir, werden diese Bemerkungen die Aufmerksamkeit auf diese kleinen Ziersträucher lenken, um den wahren Bestand zu ermitteln, und die Arten sicherer als bis jetzt geschehen

ist, festzustellen.

IV, Die übrigen Gruppen der Gattung Amygdalus.

Wenn ich mir erlaube nach diesen Betrachtungen über die Zwergmandeln auch noch einen Blick auf die übrigen Abtheilungen der Gattung Amygdalus und deren Arten zu werfen, so geschieht es vorzüglich, um einige ergänzende Zusätze zu den vorhandenen Arbeiten über dieselben zu liefern, so wie einige Bedenken anzuregen, da neues Material mir hier nicht vorliegt.

Die Section Spartioides enthält nicht, spinescirende Sträucher mit ruthenförmigen Zwei- gen, an deren vorjährigen Trieben die Blumen einzeln ohne begleitende Blattknospen entste- hen, und später, wie es scheint, die, kleinen: Blätter hervorbrechen. Die drei hier angeführten Arten sind sehr unvollkommen gekannt, von A. arabica OLıw, (jetzt in Jauserr u. Spaca Il. pl. or. II. t. 226. B. p. 34 abgebildet), so wie von A. spartioides Sprach (s. JauB. et Spach l. c. t. 226. A. p. 33) sind nur die vollkommnen Blätter und reifen Früchte bis jetzt bekannt,

8 ___-

durch welche letztern sich diese Arten auf ähnliche Weise wie einige Zwergmandeln unter- scheiden. Von A. scoparia Spacn (s. Jaus. et Spach |. c. t. 227. p. 35) kennt man wieder die Blätter nicht, aber die Blume ist durch den halbkugelig-glockigen Kelch, die breiten rosen- rothen Petala und die mit Ausnahme des letzten oberen Theiles zottigen Pistille ausge- zeichnet, ihre Frucht hat die Grösse wie bei arabica, aber die eyförmige spitze Gestalt wie bei spartioides. Zu bemerken ist noch, dass die kleinen Staubgefässe schon tiefer stehen, als die längeren, wodurch sich diese Art dann den spätern Sectionen nähert. Wurde auch von Tu. Korscny am 6, Febr. 1542 in Südpersien auf Bergen bei Kaserun gesammelt, ist bald Strauch, bald Baum, s. Pl. Korscen. n. 145 ed. Honenacker.

Von der zweiten Section Chamaeamygdala haben wir oben ausführlich gesprochen.

Die dritte Seclion Leptopus enthält nur A. peduneulata Par. Spac# liefert auch eine Beschreibung der blühenden Pflanze, sah aber die Frucht nicht, deren Beschreibung wir nach Exemplaren, durch die Güte des Hrn. Prof. Bunc& erhalten, nachtragen, und sonst noch Einiges hinzufügen.

Color cortieis ut in Pruno Ceraso, epidermide grisea dein secedente; lenticellae paucae suborbiculares albidae. Foliorum faseiculaim (2—3), nunce cum flore uno alterove, nunc absque flore e ramulis abbreviatis dense perulatis provenientium circ. */s p- c. petiolo longo- rum utraque pagina pilis parvis rigidulis adspersa, dentibus eurvilineo-acutis, junioribus his glandula apice fuscescente dein decidua terminatis. Drupa 6 lin. longa, 4 lin. inter suturas crassa et diametri vix minoris inter valvulas, bine vix compressiuscula, formae ovoideae acu- tiusculae, carne ut videtur exigua, extus dense breviterque villosa. Florens specimen ex alpe prope Selenginsk et fructiferum e Mongolia vidimus.

Die vierte Section Kuamygdalus zerfällt Sprach in zwei Gruppen; die erste mit nicht dornigwerdenden Zweigen, wohin die gemeine Mandel, A. communis L. und A. Kotschyi Houenack. gehören, die andere mit spinescirenden Zweigen eine grössere Menge von Arten um- fassend. Diese Eintheilung scheint nicht rathsam, da Sızruorr ausdrücklich von der gemeinen Mandel sagt, sie werde dornig und auch Tournerort erwähnt, dass die wilde Mandel auf Creta Dornen trage, wie dies auch an den von Sırser daselbst gesammelten Exemplaren er- sichtlich ist. Es bedarf überdies noch genauer Untersuchungen, ob alle die verschiedenen Formen, welche man als A. communis zusammenfasst, nur Varietäten und durch die Cultur entstandene Formen sind, oder ob mehrere Arten hier vereinigt wurden, die, aus verschiedenem Vaterlande stammend, sich miteinander als Kulturpflanzen seit alten Zeiten verbreitet, vielleicht auch unter einander Bastarde hervorgebracht haben. Wir kommen auf diesen Gedanken theils wegen des grossen Verbreitungsbezirks der Mandel, von China durch das mittlere Asien bis zum Süden von Europa und zum Norden von Afrika, theils weil so grosse Verschiedenheiten zwischen den Früchten und deren Steinen hier zu finden sind; Verschiedenheiten, wie sie sich

_ u

schon in den andern Gruppen finden, und dort als specifische Unterschiede benutzt worden sind. Dazu kommt, dass auch die Grösse der Blumen und das gegenseitige Verhältniss ihrer Theile, so wie auch die Form und Grösse der Blätter, nach dem Wenigen was ich sah, Ver- schiedenheiten darzubieten scheint, welche einer nähern Prüfung wohl werth wären. Allerdings ist die Mandel ein sehr alter Culturbaum, der aber von jeher, man vergleiche nur die alten Autoren Paruanıus und Corumerza, häufig aus dem Saamen erzogen ward und bei solcher Anzucht doch immer wieder dieselbe Form gab, wie man aus der Erfahrung Mırter’s (Gärtner-Lexic. übers. v. Huru. I. $. 123) lernen kann, der aus den Jordanmandeln (seine Am. duleis oder A. duleis pulamine molliori C. Baun.), welche häufig nach England gebracht werden, immer wieder. dieselbe von Am. communis verschiedene Sorte gleichmässig erzog. Mırzer hat auch noch eine dritte Art, A. safiva, durch kleine weisse Blumen, kleine Schösslinge mit dichter stehenden Gelenken *) und geringere Dauerhaftigkeit unterschieden, die sehr früh blüht, aber in England nur an recht geschützten Stellen Frucht bringt. Im Bot. Register Bd. 14. Taf. 1060 ist A. communis macrocarpa abgebildet, ausgezeichnet wie man im Bilde sieht, durch doppelt so grosse Blumen als bei der gemeinen Mandel und auch grössere Frucht, die aber leider nicht beschrieben und nicht dargestellt ist, so dass davon kein Gebrauch zu machen ist.

Die Gegenden, in welchen die Mandeln cultivirt und wild gefunden werden, erstrecken sich von China durch Mittelasien nach Kleinasien bis in das südliche Europa und nördliche Afrika, umfassen also einen bedeutenden Raum des Erdbodens, der durch die Veränderungen, welche auf ihm seit den ältesten geschichtlichen Zeiten und noch früher stattgefunden haben, es leicht denkbar macht, dass ähnliche Culturpflanzen bei den Kriegszügen, Ansiedlungen, Auswande- rungen nach allen Richtungen verführt und wieder zum Anbau gebracht wurden. Es würde daher besonders auf die in dieser ganzen Länderstrecke vorkommende wilde Form zunächst zu achten und mit dieser die cultivirte zu vergleichen, endlich die Beständigkeit der Formen durch Aussaat zu prüfen sein. Ich habe versucht über das wilde Vorkommen der Mandel einige Notizen zu sammeln, sie sind aber sehr dürftig ausgefallen, und liessen sich vielleicht noch aus den Reisebeschreibungen vermehren. Keiner der ältern Schriftsteller hat es aber für nöthig erachtet genauer von dem Mandelbaum zu sprechen, meist fertigen sie ihn als einen solchen ab, der zu bekannt sei, als dass man etwas über ihn zu sagen brauche. Wenn aber gewöhnlich drei Varietäten oder Arten von der Mandel aufgestellt werden, die süsse, die bittere und die Krachmandel, so ist dies mehr dem herkömmlichen Gebrauch zufolge, als nach genauer Beobachtung geschehen. Schon MirLer sagt, dass süsse und bittere Früchte von dem- selben Saamen gezogen würden, und wir wissen auch, dass auf verschiedenen Bäumen mit

*) Damit siod wohl die Achsentheile zwischen den Blättern gemeint, und also auch die Knospenstellung. Wir haben nur die deutsche Uebersetzung benutzen können.

u

derselben Fruchtform hier ein süsser, dort ein bitterer Kern vorkommt. Der Formenreich- thum ist aber bei weitem grösser, als er gewöhnlich angegeben wird, denn schon Lamarck zählt in der Eneyclopedie methodique fünf Varietäten auf: Am. sativa fructu majori; A. sativa fructu minori; A. duleis et amara putamine molliore; A. amara und A. persica. Aber Rısso (Hist. nat. d. prineipales produetions de l’Europe merid. II. p. 322 u. fl.) zählt unter dem Artikel "’Amandier achtzehn Formen auf, und bemerkt, dass es ihm ein Leichtes gewesen sein würde, die Zahl derselben zu verdoppeln. Die Früchte variiren in der Grösse von 0,026 bis 0,060, haben bald eine runde, bald eine längliche Gestalt, schmecken bitter oder süss; die einen bilden grosse Bäume, andere sind kleine Sträucher, die Zweige stehn aufrecht oder gebogen, sie blühn zu verschiedener Zeit, reifen auch ihre Früchte früher oder später, alljährlich oder ein Jahr ums andre u. s. w., kurz es herrscht eine Mannigfaltigkeit, von welcher wir in unsern nördlichen Gegenden nichts wissen. Dass es auch noch andere Verschiedenheiten in der Blume und den Blättern giebt, sehen wir aus Hayne’s Arzeneigewächsen (Bd. IV. Nr. 39), welcher hier Diagnosen für A. communis und amara giebt und A. fragilis davon unter- scheidet, freilich nur nach norddeutschen Gartenexemplaren, und daher zweifelhaft, aber ohne Zweifel zu äussern diese Diagnosen 6 Jahre später in seiner dendrologischen Flora Berlins aufstellt.

Verfolgen wir die Angaben der uns zugänglich gewesenen Floren und Reisen von Westen nach Osten, so stehn mir zu wenig Hülfsmittel zu Gebote, um über das Vorkommen der Mandel in Portugal und Spanien etwas Sicheres mitzutheilen. Sie soll dort wild sein und in Menge cultivirt werden. Die Floren Frankreichs, so wie Morıs’ Flora Sardoa erwähnen Am. communis nur als eine Gulturpflanze, und sagen nicht einmal, dass sie verwildert auftrete; ebenso ist es in Deutschland, wohin sie zuerst den Angaben älterer Autoren zufolge nach Speier gekommen sein soll, und wo sie in den nördlicheren Gegenden doch einigen Schutz gegen zu strenge Winter bedarf, in guten Sommern aber ihre Früchte zur Reife bringt, wenn ihre Blu- men nicht durch schädliche Frühjahrswitterung litten. In der Schweiz ist nach Gaunın (8. Fl. Helvetica Il. p. 303) die Mandel gleichsam wild ım Hecken des untern Wallis, wie bei Sitten, um Gonthey und Saillon, so wie unter dem St. Bernhard im Thale von Aosta. Die im Waadtlande kultivirte, in Gärten und besonders in Weinbergen gezogene Mandel sei immer baumartig. In Italien aber findet sie sich nach Berroronı (Fl. Ital. V. 125 seq.) wild mit bitterm Kern. In Dalmatien kommt sie ebenfalls in den Küstengegenden an Felsen wild vor (NoE in Reıcrens. Fl. Germ. exs.), in Montenegro nur cultivirt (s. Erer zwölf Tage in Montenegro. 2. p- 52, ibid. Elench. plant. dalmat. p. XXXVD. In Griechenland führt Sırrmorr (Prodr. Fl. Graec. II. 337) die Mandel als eine in Wäldern und Hecken wild vorkommende Pflanze sowohl auf dem Festlande als auch auf Creta an, und bemerkt, dass bei dieser wilden Form mit

Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 2r Band, 1s Quartal, 4

Pa up

bittern Früchten die Zweige zuweilen dornig endigen. Damit stimmt überein, dass Tourne- rort \Voy. au Levant. II. 170) beiläufig erwähnt, dass die wilde Mandel in Creta dornige Zweige habe und Exemplare von Sırser bei Canea von der wilden Pflanze gesanmelt bestätigen dies. In Nordafrika fand Drsrontamnes (Fl. Atlant.) ‚die Mandel in Gärten eultivirt und wild „in arvis“, Muney (Fl. d. l’Algerie p. 49) meint aber, sie fände sich zu- weilen wild, sei aber immer ein Flüchtling der Gärten. Vıvıanı (specim. Fl. Libyae p. 26) giebt sie mit der Granate bei Tripoli in Gärten und in den Bergen der Cyrenaica an, ob wild oder cultivirt sagt er nicht, und Forsrär (Fl. Aegypt. p. LXVII) als Culturpflanze in Aegypten. In Kleinasien ist bei Aleppo nach dem Zeugnisse von Russeur (Naturgesch. v. Aleppo übers, v. Gueriw I. 110) die Mandel eine Culturpflanze, wogegen Rauworr sie bei Tripolis (Tarablus in Syrien) als in den Hecken wild vorkommend angiebt, und Lynch (Bericht üb. d. Exped, nach d. Jordan, übers. v. Meisner $. 325) sagt, sie werde in jenen Gegenden angebaut, ge- deihe aber in der Ebene nicht gut, sondern komme nur im gemässigten Gebirgsklima zur Vollkommenheit, überdies geben viele Stellen der heiligen Schrift Zeugniss von der Häufigkeit der Mandeln in Palästina und angrenzenden Gegenden*). Tournerort gedenkt auf seiner Reise von Erzerum nach Tokat (Voy. au Levant. I. 170) auch einer wilden Mandel, über welche er noch angiebt, dass sie viel kleiner sei, als die gemeine, aber dass sie keine ste- ehenden Zweige habe, wie dies bei der wilden Mandel von Gandien der Fall sei. Die in Rede stehende habe 1% Zoll lange und 4—5 Linien breite Blätter, welche sonst dieselbe Farbe und dieselbe Structur (tissue) wie die der gewöhnlichen Mandel hatten, aber ihre Frucht sei kaum 8—9 Lin. lang bei einer Breite von 7—S Lin. und sehr hart, der Kern aber weniger bitter als der der gewöhnlichen bittern Mandeln und rieche (sent, oder schmeckt?) wie der Kern der Pfirsich. Hier liegt also ein bestimmtes Zeugniss über eine eigenthümliche Mandel- art vor, welches wir auf keine der andern sonst noch in jenen Gegenden vorkommenden Mandeln beziehen können, da sie alle stechende Zweige besitzen. Ferner giebt MarscuarL Biegerstein (Fl. Taur. Cauc. I. 382) eine wilde strauchige Mandel in den Gebüschen des östlichen Iberiens, und Eıcnwarn (Reise auf d. kasp. Meere) nennt an mehreren Orten die Mandel als einen Culturbaum der Küstengegenden, welche er besuchte. Unter den Früchten, welche in der Bucharei gezogen werden, ist nach Eversmann (Reise von Orenburg nach Buchara S.$0) auch die Mandel; da sie dort mit dem persischen Namen Badum bezeichnet wird, so lässt dies, wie die Angabe Rovyre’s, dass sie nach dem südlichen Indien von dem persischen Meerbusen aus eingeführt werde, darauf schliessen, dass sie in Persien ebenfalls häufig sei. Derselbe Schriftsteller sagt (Nlustr. of the Himalaya-mountains), die Mandel wachse wild oder

*) Merkwürdig ist es, dass Griseraca (Spicil. Fl. Rumel. et Bithyn.) zwar die Am. nana nach Sısraorr anführt, die A, communis aber gar nicht erwähnt, obwohl Sıprnorr sie hat.

u u

kultivirt auf den Verzweigungen des Taurus, Caucasus, Hindukhusch und des Himalayah, oder in den Thälern, welche von diesen Gebirgen eingeschlossen würden, und bemerkt dann noch, dass die Mandel zwar in Nordindien blühe, aber ıhre Früchte nicht reife, man kenne aber die süsse und die bittere, und sie würden in die nördlichen Gegenden Indiens von Ghoorbad eingeführt, in die südlichen aber vom Persischen Meerbusen; er will aber nicht entscheiden, wo ihr eigentliches Vaterland sei, doch müsse es nördlicher sein, als das der verwandten Obstarten aus dieser Gruppe, nämlich der Pfirsich und Aprikose. Endlich besitzen wir noch einen blühenden Zweig der gemeinen Mandel aus Nordchina durch die Güte unseres verehrten Collegen Prof. v. Bunee in Dorpat, hierdurch wird die Angabe Lourkiro’s (Fl. Cochinch. p- 337), dass in China sowohl die süsse als die bittere Mandel reichlich wild und cultivirt

vorkomme (in Cochinchina seines Wissens aber nicht sei), bestätigt.

Man wird aus dieser Zusammenstellung ersehen, dass sich wenigstens die Gultur der Mandel durch das ganze mittlere Asien, durch Südeuropa und Nordafrika hinzieht, und dass an unterschiedlichen Orten dieses Verbreitungsbezirks auch von wild wachsenden Mandeln die Rede ist, die zum Theil nur als verwilderte angesehen werden. Diese wild vorkommenden Formen bedürften zunächst einer genauen Untersuchung, um daran die kultivirten Formen an- zureihen, und wir zweifeln nicht, dass dieser weite Erdstrich, wie er uns schon in viel kleinern Räumen andere Amygdalus - Arten in Menge zeigt, auch mehrere unter denen ent- halten werde, welche man als gemeine Mandel bezeichnet hat. Wir haben bis jetzt im bo- tanischen Garten zwei Formen in Blüthe und Frucht gezogen, welche wir für hinreichend unter-

schieden ansehen können.

Die eine zeichnet sich durch grössere Blumen und die mehr eyförmige Gestalt der Frucht und deren sehr dicke Fleischschaale aus, während der Stein mit tiefen verschieden geboge- nen Furchen und dazwischen liegenden stumpf runden Erhabenheiten bezeichnet ist, aber nur selten vertiefte Löcher hat, und daher eine grosse Aehnlichkeit mit dem Stein der Pfirsich be- sitzt. Die Länge dieser Frucht beträgt bis 1 Zoll oder etwas mehr, der Quermesser etwa 12—16 Lin., und die Dieke ungefähr 10—14 Lin. Der Stein ist etwa 15 Lin. lang, 10 L. breit und 6 Lin. dick, der Saamen tragende convexere Rand ist besonders nach unten scharf gekielt, und neben diesem Kiel verläuft jederseits eine mehr oder weniger deutliche schmale Furche, und neben dieser ein abgerundeter schmaler Wulst; der andere Rand ist kaum abge- setzt von der Fläche und hat in der Mitte eine tiefe Rinne, beide Ränder laufen in eine fast dreieckige Stachelspitze zusammen, und bilden unten durch das Vorspringen des breiten Randes eine schiefe, aber schwache, zuweilen gar nicht bemerkliche Ausrandung. Die Dicke der Stein-

schaale beträgt 1" Linien. 4*

ie: U

Die andere Form hat kleinere Blumen; die Frucht ist länger, schmaler, mit dünnem Fleisch, der Stein ebenfalls schmaler und länger, mit weniger Vertiefungen, von denen nur einige als vertiefte Furchen erscheinen, die meisten als kleinere oder grössere, bisweilen un- regelmässige, auch zusammentliessende Löcher, welche zuweilen auch nach aussen kleiner als innen sind, oder sich unter der Oberfläche hindurchziehen, gleichsam überbrückt sind. Die Saamen tragende Nath gekielt vortretend (aber nicht so scharf wie bei der vorigen), seitlich mit einer daneben, aber nicht immer gleichmässig verlaufenden Furche, neben welcher ein schmaler rundlicher, aber nicht immer gleichartig verlaufender Wulst, der an seinem untern Theile gewöhnlich durch eine tiefe (nach oben verschwindende) Furche von der Seitenfläche getrennt ist; die Basis des Steins mehr abgestutzt als bei der vorigen, und die Endspitze we- niger hervortretend, schwächer ausgebildet. Die Länge der ganzen Frucht beläuft sich bis auf 1%, Z. oder wenig darüber, die Breite auf 1 Z. oder etwas mehr, die Dicke auf 4 Z. Die Dicke der Fleischwand beträgt 1 Linie oder ein wenig mehr. Die Länge des Steins misst 1S—19 Lin., seine Breite LO—11 Lin. und seine Dicke 6—7 Lin. Obwohl die Dicke des Steines 1 Linie, und an manchen Stellen (wie namentlich innen an den Rändern) auch mehr beträgt, so ist er doch weniger hart als der der vorigen Form, da jene Durchbrechungen der härtern Steinschaale sich mehr oder weniger unter der Oberfläche fortsetzen, und hier mit den vertrockneten, bräunlichen, sich aus der Fleischschaale hineinziehenden Fasern angefüllt sind. Nimmt die Bildung der Holzmasse noch mehr ab, so giebt dies offenbar die Krach- mandel,, welche wohl eine Varietät dieser letztern Form sein könnte, während ich die zuerst beschriebene Form für eine wesentlich verschiedene halte, von welcher ich vermuthe, dass sie diejenige sei, welche man für einen Bastard von Pfirsich und Mandel, oder auch als eigne Art A. Persico-Amygdala Rene. angesehen hat, oder die A. persica bei Lamarck, von der dieser Schriftsteller folgendes sagt: La cinquieme est un arbre qui participe de l’Amandier commun el du Pöcher; aussi son fruit, qu’on nomme Amande-peche, est-il quelquefois couvert d’un brou sec et mince comme celui des amandes et d’autresfois d’une chair &paisse et sueculente comme les p&ches, mais l’eau en est amere. Les uns et les autres ont un grös noyau presque lisse qui contient une amande douce. On trouve ces deux sortes de fruit sur le m&me arbre et souvent sur la m&me branche. Es ist hierbei nicht ganz klar, ob nur von der letzten Va- rietät oder überhaupt von der süssen und bittern gesprochen wird. Dass der Kern bei unsern beiden eine der Form des Steins entsprechende Gestalt hat, wollen wir zum Uebertluss noch bemerken, so wie dass die von uns angegebenen Maasse nur die grössern sind, welche wir sahen, kleinere sind häufig, noch grössere seltener.

Am. Kotschyi Boiss. et Honenack., die zweite Art dieser Abtheilung, haben wir in einem mit jungen Früchten verschiedener Ausbildung besetzten Exemplare vor uns. Es ist dieser

zus.

Strauch von Tu. Korschy auf dem Kurdistanischen Berge Gara an felsigen Stellen nach Norden, wo der Schnee langsamer schmilzt, am 27. Juli gefunden. Sprach hat eine Beschreibung (I. 1. p- 117) gegeben, welcher wir nur noch hinzufügen möchten, dass die Blätter eine Breite von 2’s—3 Lin. haben, dass die kleine Endspitze braun und kahl ist, und dass die Früchte wohl grösser werden, als sie Spacu angiebt, denn wir haben sie bis 9 Lin. lang gesehen, und auf sich noch die behaarte Griffelspitze tragend; sie schienen wenig zusammengedrückt zu sein und nur halb so breit als lang, so dass sie wenigstens jung fast ellipsoidisch erscheinen. Eine Ausscheidung von sehr hellem, nur ganz schwach gelblich gefärbtem Gummi findet auf ihrer Aussenseite statt, wie dies auch bei Formen der gemeinen Mandel der Fall zu sein pflegt.

Die spinescirenden Arten der Abtheiluug Euamygdalus sind: A. Webbü Sprach aus Klein- asien, A. orientalis Mırr., wie es scheint weiter verbreitet durch Kleinasien mit einer Var. discolor, deren Blätter oberseits grün sind, und A. elaeagrifolia Sracn, abgebildet in Jaue. et Spach Ilustr. pl. orient. II. t. 230. B. p. 39, in einem Fruchtexemplar, in Südpersien von Aucher -Eroy gesammelt. Hier im Texte, und auf dem Bilde ebenso wie in der Mono-

graphie von SracH steht elaeagrifolia, was oflenbar elaeagnifolia heissen soll.

Die Series II. Dodecandrae unterscheidet sich dadurch, dass von den 9—17 Staubge- fässen nur 5—10 der obern im Schlunde des Kelchs, die übrigen 2—10 in verschiedener Höhe in dem Tubus desselben, der unten gewöhnlich eine bauchige Erweiterung zeigt, stehn. M. J. Römer machte diese Abtheilung zu einer eigenen Gattung, Amygdalopsis, aber sehr mit Unrecht, denn schon Römer selbst giebt an, dass der Kelch nicht bei allen Arten unten bauchig sei, und dann haben wir schon oben bei A. scoparia darauf hingewiesen, dass sie rücksichtlich der Stellung ihrer Staubgefässe den Uebergang bilde zu den Arten dieser Section.

Nur der Frucht nach hat Spach in seiner Monographie zwei Arten aufgestellt, die eine aus Syrien stammend, von Bov£ bei Baalbek gesammelt und daher A. Bovei genannt, die andere von Fıscuer aus St. Petersburg an den Pariser Garten als A. orientalis gesendet und A. Fischeriana genannt, bei welcher wir auf einen den Sinn entstellenden Druckfehler bei Römer aufmerksam machen müssen, da er statt: pulamine etc. mucronato, eforaminato hat drucken lassen putamine etc. mucronato-foraminato, was ohne Ansicht des Originals zu einer ganz falschen Auffassung führen muss.

Jene A. Bovei möchte aber wohl mit der von Boissıer (Diagn. pl. orient. nov. X. p. 1) beschriebenen A. agrestis zusammenfallen, wenigstens zeigt die beiderseitige Beschreibung der

Frucht viel Uebereinstimmendes, und Boıssier sammelte seine Pflanze zwischen Baalbek und Zachle.

Ferner ist noch zu bemerken, dass, obwohl Spac# sehr vorsichtig Amygdalus microphylla HBK. aus Mexico, weil die Frucht nicht bekannt ist, unter die Mandeln nicht aufzunehmen wagt, M. J. Römer nicht so serupulös gewesen ist, sondern diese Art mit der A. glandulosa Hook. aus Texas, deren Abbildung er gar nicht einmal sah, in einer eignen Section, Microcarpa, zusammenstellt, welche Section sich, während auch von glandulosa die Frucht unbekannt blieb, durch eine „drupa globosa“ auszeichnen soll. Dabei ist auch der von Warrers eingeführte Druckfehler, dass Hooxer’s Abbildung auf Taf. 513, statt auf T. 238 befindlich sei, getreulich wiederholt, und ein anderer Druckfehler bei Warrers, ein zwischen den Worten solitariis und aggregatis ausgelassenes l. hat ihn noch zu der besonderen Bemerkung veranlasst, dass er nicht begreifen könne, wie Blumen zugleich einzeln und gehäuft sich vorfinden können. Solche Resultate giebt das Abschreiben ohne Benutzung der Quellen!

B eu.L nk

zur vergleichenden Morphologie der Pflanzen

Von

Thilo Irmisch

I. Ranunculus Ficaria L. Mit Tafel I. u. II.

$. 1.

Die Knollen dieser allgemein verbreiteten Pflanze haben eine verschiedene Auflassung er- fahren. Früher galten sie allgemein als blosse Wurzelbildungen. Herr Dr. Osc#arz*) war, so viel ich weiss, mindestens in Deutschland der Erste, der die Knollen in morphologischer Hinsicht genauer beschrieb und nachwies, dass mit einer jeden derselben, ebenso mit den am Grunde des Stengels im Boden befindlichen als mit den an den oberirdischen Achsen, eine Knospe verbunden sei. Er hält die Knolle für eine einseitige Erweiterung der kurzen Knospen- achse. Die Angaben des genannten Botanikers habe ich bei eigner Untersuchung im Wesent- lichen bestätigt gefunden; aber ich hielt es**) mindestens für wahrscheinlich, dass die Knolle ein zu einer Knospe gehöriges Wurzelgebilde sei. In einer längeren von zahlreichen Abbildun- gen begleiteten Abhandlung hat Herr Hexey***) sich nach Untersuchungen, die er, ohne die Beobachtungen von Oscuarz und von mir zu kennen, angestellt hatte, gleichfalls für die Achsen- natur der Knollen bei R. Ficarıa ausgesprochen und dieselben, wie Oscuarz mit denen der Ophrydeen verglichen: „bei den Orchideen, sagt er, und bei Ficaria bildet sich eine Knospe,

*) Drei agronomische Abhandlungen. Berl. 1848. **) Morphologie der Kn. u. Zw. Gew. p. 229. a ***) „Etwas über Knospen mit knolliger Basis“ in den. Verhandl. des naturhist. Ver. der preuss, Rheinlande und West-

phalens, Bonn 1850, p. 45 f. f. gr

an deren unterem Ende eine knollenartige Verdickung entsteht, bei den Orchideen innerhalb des ersten Knospenblättchens, bei Ficaria frei.“ Er schreibt indess diese Bildung nur den „meisten knollenartigen Körpern zu, die an höheren Theilen der Pflanze vorkommen“, während er die unterirdischen Knollen und die in den Blattachseln der untern Stengelglieder für verdickte Wurzelzasern ohne Knospen hält. Ohne mit Hexry über andere Punkte rechten zu wollen, bemerke ich nur, dass in Bezug auf die letzte Angabe seine Arbeit nicht als ein Fortschritt in der genaueren Kenntniss der fraglichen Pflanze betrachtet werden kann. Dasselbe Urtheil muss man auch über die neueste Bearbeitung dieses Gegenstandes durch den Herrn Dr. Cros*) fällen. Er stimmt mit Hexey, dessen Abhandlung er übrigens nicht durchweg verstanden hat **), wesentlich überein, indem er zweierlei Knospen annimmt, solche die gleich ursprünglich mit einer Knospe versehen sind (tubercules-bourgeons), und diese hält er gleichfalls für Achsen- gebilde, wie das auch seine Ansicht von den Ophrydeen-Knollen ist, und solche, die ursprüng- lich keine Knospe haben; diese fasst er als Wurzeln auf (tubercules-racines); es seien, sagt er, dies die im Boden und auch manche an den obern Stengeltheilen befindlichen Knollen. An diesen bildeten sich später, im nächsten Frühling nach ihrer Entstehung, an derselben Stelle, wo sich die Knospe bei den Knospenknollen findet, Adventivknospen. Wir werden später sehen, ob diese Angaben gegründet sind oder nicht. Zur Wiederaufnahme des Gegenstandes veranlassen mich neben dem Widerspruch, den meine Auflassung gefunden hat, die vollständigeren Unter- suchungen, die ich in den letzten Jahren angestellt habe; auch wünschte ich die Keimung dieser Pflanze, wobei gleichfalls die Knollenbildung auftritt, durch Wort und Bild genauer zur An- schauung zu bringen, als dies einige gelegentliche Notizen (in der genannten Schrift und bei Körzıng philos. Botanik I. p. 114) vermochten.

$. 2.

Im Herbste, wenn der Boden wieder feuchter wird, erwacht die Pflanze zu neuer Vege- tation***), und treibt nicht selten schon zu dieser Zeit ihre Laubblätter über den Boden; ge-

ss) Etude organographique de Ja Ficaire, in Annal. des Sc, nat. 3. serie, tom. XVII, p. 129—42. Man findet, was recht dankenswerth ist, in diesem Aufsatz die auf unseren Gegenstand sich beziehende französische Litteratur angegeben. Paver (congres scientifique de Reims 1846, p. 41) sieht in den Knollen unserer Pflanze Knospenwurzeln; ebenso E. German, Journal Institut, 4. fevr. 1852, Nr. 944.

**) Auch das, was ich I. 1. gesagt, ist zum Theil nicht rıchtig aufgefasst. Dass ich die Knollen von R. Fic, nicht für blosse Wurzeln, wie Cros angiebt, sondern für Knospen mit einer knolligen Wurzel ansah, gebt schon aus meiner Vergleichung derselben mit den Ophrydeenknollen hervor. N

***) Marrıcur beobachtete das schon: circa septembris finem gemmae Chelidonii minoris manifestantur et tenellae novae- que radices pilis conspersae a gemmae basi erumpunt, Malp. opp. Lugd. Bat. 1687, tom. I, p. 149. Den Vegetationsverlauf

erkannte Taasus schon ganz gut, indem er unsere Pflanze in dieser Beziehung mit den Satyrionen vergleicht.

wöhnlich geschieht indessen das letztere erst in der allerersten Frühlingszeit, nach Umständen selbst schon zu Anfang des Februars. Fig. 1. Tab.I. stellt ein blühbares Exemplar, das bei dem Beginn des genannten Monats aus dem Boden gehoben wurde, in natürlicher Grösse dar; die Knollen sind im vorjährigen Frühling entstanden, die dünnen Nebenwurzeln sind schon im vorigen Herbste aus der Achse, der auch die frischen Blätter angehören, her- vorgegangen. Wir betrachten zunächst die Blätter. Zu äusserst findet man an einer solchen Pflanze einige, 3—6, breite, ziemlich dünnhäutige, weissliche Schuppenblätter, von denen die innern immer länger werden, a—d. Darauf’ folgen mehrere Laubblätter, e—g. Die Gesammtachse der ganzen Pflanze ist noch ziemlich niedrig. Um Wiederholungen zu ver- meiden, bemerke ich vorweg, dass die Schuppenblätter, oft auch das erste und das zweite Laubblatt für immer unentwickelte Internodien behalten; alle diese mögen kurzweg die grund- ständigen Blätter heissen. Die stengelständigen Blätter, deren vier bis sieben sind, haben bald längere, bald kürzere Internodien, und rücken nicht selten zu zweien oder dreien dicht aneinander, einen unächten Blattwirtel bildend. In den Achseln der Schuppenblätter, minde- stens des zweiten und der folgenden, findet man kleine, ebenfalls aus Schuppen- oder Scheiden- blättern gebildete Knospen ; Fig. 2. aus der Achsel des Blattes b in Fig. 1., Fig. 3. aus der Achsel des Blattes c, Fig. 5., 6. u. S. verschiedene Formen von Knospen, alle etwas ver- grössert. Das erste, meistens ein schon deutliches zweites umschliessende Blatt einer Knospe, steht mit seiner Mittellinie rechts oder links von dem Mutterblatte derselben; diese Stellung ist aber nicht immer ganz deutlich. Selten ist nur eine einzige Knospe in einer Blattachsel, meistens sind ihrer mehrere zu einem kleinen Haufen vereinigt, und es lässt sich nicht immer mit Sicherheit entscheiden, welches die primäre, und welches die Beiknospen sind, da die Grösse der Hauptknospe oft die der Nebenknospen, mindestens einzelner, nicht übertriflt. Während manche Knospen, Fig. 2., noch knollenlos sind, brechen aus dem Grunde anderer die An- fänge der Knollen bereits hervor fin Form einer halbkugeligen, sich aber meistens bald ein wenig zuspitzenden Anschwellung, Fig. 3.a, Fig.5. Ich darf hierbei nicht unerwähnt lassen, dass man bisweilen schon im Herbste selbst an Exemplaren, deren neue Triebe noch die Form von Knospen, Fig. 16. und 27., haben, einzelne Knöspchen in den Achseln der Schuppenblätter findet, deren kurze Achse eine leichte Anschwellung bildet, welche auf einem Durchschnitt, Fig. 11., die allerersten Anfänge der Knolle erkennen lässt. Wenn die Knollen nach aussen hervorgetreten sind, so findet man rings um ihre Ursprungsstelle eine sehr zarte Haut (coleor- rhiza); freilich ist dieselbe manchmal kaum zu unterscheiden, wie sie ja auch bei den Neben- wurzelin anderer Pflanzen bald deutlicher, bald undeutlicher auftritt. Das Knöspchen wächst nun in der begonnenen Vegetationsperiode kaum weiter, während sich die Knolle rasch weiter- bildet, Fig. 7., 9., 10., bald die Basis der Schuppenblätter, nicht selten auch einen Theil der Achse, aus der diese Blätter hervorgegangen, durchbohrt und so nach Aussen, Fig. 17.B,

Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 2r Band, Is Quartal, 5

sur RE une

sichtbar !wird. Die Spitze wächst {weiter, und die obern Theile der Knolle jbedecken sich mehr oder minder dicht mit zarten Papillen, die aber sehr dauerhaft sind, denn man findet sie oft noch an alten, bald absterbenden Knollen. Die Form der Knollen, die mit der Frucht- reife vollkommen ausgewachsen sind‘, ändert bekanntlich sehr ab; bald ist sie mehr kugelig, bald mehr eylindrisch oder auch keulenförmig ; manche sind kurz, manche werden bei einer geringen Stärke über zwei Zoll lang.

Auffallend war es mir, an einer Knolle, in deren unterem Verlauf mehrere Seitenknollen zu finden, Fig. 23.n und eine solche isolirt und etwas vergrössert Fig. 24.; eine kleine Ver- letzung der Hauptknolle dicht unterhalb der Seitenknolle bei w schien mir die Veranlassung zum Hervortreten der letzteren gewesen zu sein, und meine Vermuthung bestätigte sich durch einen Versuch vollkommen. Ich schnitt von einigen Knollen, die schon ziemlich ausgewachsen, aber doch noch im Wachsthum begriffen waren, die Spitze ab und pflanzte die Knolle wieder in den Boden; bei weitem die Mehrzahl hatte nach einiger Zeit eine oder mehrere Neben- knollen getrieben. Eine solche Knolle mit 3 Nebenknollen sieht man in Fig. 36.; Fig. 37. zeigt einen vergrösserten Durchschnitt durch die Haupt- T, und durch zwei Nebenknollen t. Diese Nebenknollen verhielten sich in ihrer Structur ganz wie die Hauptknolle, aber es fand sich an ihnen durchaus keine Spur von einer Knospe. Sie sind also als reine Verästlungen zu betrachten, die mit einem etwas zugespitzten obern Ende, i in Fig. 24. und 26., von den Gefässbündeln der Hauptknolle ihren Ursprung genommen hatten,

Die Knöspchen an den im Boden befindlichen Knollen sind in der Regel sehr klein (Fig. 31°.k, man vergl. d. Erkl. der Abbildungen) und können daher wohl übersehen werden; bei einer gründlicheren Untersuchung vermisste ich sie aber nie, und deshalb kann ich auch den Angaben von Hexsey und Cros in dieser Beziehung nicht beistimmen. “Solche Knospen wie k in Fig. 23. und 10. gehören schon zu den grossen. Sie bestehen aus mehr oder weniger dicht auf einander liegenden niedrigen Scheidenblättern, Fig. 21. und 25. Nicht selten findet man in den Achseln der äussern Blätter, z.B. bei n in Fig. 21., früh schon kleine Knöspchen. Durch die Auflösung der Mutterblätter, die oft sehr bald erfolgt, und ge- wöhnlich eine flache Vertiefung hinterlässt, werden solche Knöspchen sichtbar, und es er- scheinen dann mehrere Knospen an einer Knolle, z. B. in Fig. 12. Es lässt sich an einer Gruppe solcher Knöspchen nicht immer sicher zwischen den Knospen erster und denen zweiter Ordnung unterscheiden. Wohl möglich, dass hier auch die Bildung von Adventivknospen eintritt, das Ursprüngliche, wie Gros annimmt, ist es aber sicherlich nicht.

Der anatomische Bau der Knollen ist einfach. Die Rindenschicht ist vorherrschend ; sie wird von regelmässigem Parenchym gebildet, das dicht mit Stärkemehl erfüllt ist. Die Zellen der äussersten Schicht, auf welcher sich die Papillen entwickeln, sind etwas kleiner. Die Ge- fässbündel, deren nicht viele, ungefähr 3—6, sind, stehen getrennt von einander innerhalb des

in Fi

zarten Gambium-Ringes, c in Fig. 22. Dicht unterhalb der Endspitze, welche von älteren Zellen (der Wurzelhaube) gebildet wird, findet in dem daselbst befindlichen Vegetationspunkte bei jüngeren Knollen eine lebhafte Neubildung statt. Hört die Knolle auf zu wachsen, so ist das hier befindliche Zellgewebe von dem in der übrigen Knolle nicht mehr zu unter- scheiden. Die vorhin erwähnten Gefässbündel vereinigen sich unterhalb der Kuospe mit denen, welche zu dem im Centrum der letztern sich findenden Vegetationspunkte verlaufen, und zwar oft so nahe an der Stelle, wo die Knospe an der Mutterachse ansitzt, dass es aussieht, als ob die zur Knolle gehörigen Gefässbündel direct aus der Mutterachse entsprängen, Fig. 21. 25. 33. Es erklärt sich dies aus der Kürze der Knospenachse bei einer verhält- nissmässig auffallenden Breite ihrer Verbindung mit der Mutterachse. Andere Knollen er- scheinen an ihrem Ansatz etwas dünner, Fig. 3l®. Im Wesentlichen ist übrigens der ana- tomische Bau der fadenförmigen Nebenwurzeln, Fig. 38., abgesehen von dem Inhalte und der Anzahl der Zellen, ganz derselbe, wie der der Knollen, indem auch bei jenen die Gefässbündel meist deutlich getrennt sind, Fig. 39.

Nicht alle Knospen in den Achseln der grundständigen Blätter machen den geschilderten Entwicklungsgang durch. Manche bekommen gar keine Knolle und verkümmern frühzeitig, andere, es pflegen die oberen zu sein, entwickeln ihre Scheidenblätter kräftiger, oder sie sind zu aussen mit einem oder zwei auswachsenden Laubblättern versehen, auf die dann erst die Scheidenblätter folgen; auch solche sind meist knollenlos. Sehr häufig wächst die in der Achsel des obersten grundständigen Laubblattes befindliche, von lauter Laubblättern gebildete Knospe (zuweilen mehrere), z.B. k in Fig.4. (n sind kleine Nebenknöspchen) zu einem Nebenblüthenstengel aus, und was dergleichen Modifikationen mehr sind,

Nach der Fruchtreife sterben alle mit entwickelten Internodien versehenen Achsen und die Laubblätter der unentwickelten, grundständigen Achsenglieder gänzlich ab. Diese Achsen- glieder bleiben dagegen lebendig und halten nun, nachdem alle die Blätter, die unmittelbar aus ihnen selbst entstanden waren, sowie die fädlichen Nebenwurzeln, verwest sind, noch die mit Knollen versehenen Knöspchen, die ältern Knollen sind um die angegebene Zeit ganz verschrumpft und theilweise schon verwest —, als auch die knollenlosen Knospen zusammen. Fig. 31. stellt ein schwächeres Blüthenexemplar gegen den Ausgang der Vegetationsperiode dar; der Blüthenstengel, von dem nur die Basis St mitgezeichnet wurde, und das oberste Laubblatt, von dem nur der Stiel a zu sehen ist, sind noch im Zusammenhang mit der kurzen Grundachse G; am untersten Ende derselben bemerkt man noch zwei verschrumpfte ältere Knollen A; von den frischen Knollen wurden nicht alle mitgezeichnet. An diesem Exemplare stand die knollenlose Hauptknospe, aus Schuppenblättern gebildet, in der Achsel des bezeich- neten Blattes; sie ist isolirt und vergrössert nach Wegnahme des letzteren und des Blüthen-

stengels bei St, in Fig. 32. gezeichnet. Dass nicht immer die oberste der grundständigen 5*

u MR

Knospen die 'perennirende sein könne, und dass an einer perennirenden zuweilen auch erst Laubblätter auftreten, die mit dem Schlusse der Vegetationsperiode natürlich gleichfalls ab- sterben, erhellt aus dem Obigen von selbst. Wenn die Grundachse sehr kurz war, so stellt sie nach der Verwesung des ihr entsprossenen terminalen Blüthenstengels, besonders wenn dieser recht stark war, einen niedrigen Wall mit einer centralen Vertiefung, oder wenn diese durch Auflösung des Markes durchbohrt ist, einen Ring dar (G in Fig. 34., wo nur drei frische Knollen stehen gelassen wurden), auf dem nicht selten die Gefässbündel früherer Blätter oder auch des Stengels als kleine Borsten zu bemerken sind *).

Gewöhnlich nur eine von den knollenlosen Knospen bildet sich frühzeitig stärker aus,

in Fig. 32. u. 34.; sie ist es, an der sich im nächsten Herbste und Frühlinge die bereits geschilderten Vorgänge wiederholen, indem sich aus ihrer Achse dann wieder fädliche Neben- wurzeln und Knospen mit Wurzelknollen bilden ete. Diejenigen knollentragenden Knospen, welche mit jener Hauptknospe aus einer und derselben Achse entsprungen sind, Bm Fig. 31. u. 34., wachsen, in Verbindung mit der letzteren bleibend, regelmässig gar nicht aus; viel- mehr wird der Nahrungsstoff, den ihre Knollen enthalten, mit zu der raschen und kräftigen Ausbildung jener Hauptknospe verwendet, wobei die Grundachse, G in den bezeichneten Fi- guren, die Vermittlerin zwischen den Knollen und der Hauptknospe bildet. Das Knöspchen, zu dem eine solche Knolle gehört, geht dann mit dem Schlusse der zweiten Vegetations- periode zusammt der Knolle und der Grundachse G gänzlich zu Grunde. Entwickelt sich ein solches Knöspchen nach Lostrennung von der Grundachse, so verhält es sich ganz so, wie

wir es später an den am Blüthenstengel gebildeten knollentragenden Knospen sehen werden *).

*) Was hier Grundachse genannt wurde, bezeichnet Marricsı |. ], als truncus oder als radicum nodus. Er sagt: truncus s, radieum nodus minimus est, sursum folia eructans, quibus corruptis ligneae fibrae supersunt; inferius autem pro- ducuntur tuberosae radices, diversis constantes figuris, a quibus pili erumpunt.

**) Man sieht aus dem Obigen, wie wenig gegründet die Behauptung von Cros ist, dass an den nach seiner Meinung anfäng- lich knospenlosen Wurzelknollen sich Adventivknospen erst nach ihrer Trennung von der Mutterpflanze bilden; denn sehr häufig, man kann sagen, normal trennen sie sieh gar nicht von dem Achsentheile, aus dem die Knospe, zu der sie gehören, entsprang, sondern verwesen in Verbindung mit demselben. Wofern sie aber durch irgend einen Zufall von der Mutterpflanze getrennt werden, hatten sie sicherlich schon vorher mindestens eine Knospe. Den Verlauf der Vegetation beschreibt Cros folgendermassen, Eine mit einer Knospe versehene Knolle beginnt mit dem Ende des Winters ihre Vegetation, gelangt aber erst im Frühling des folgenden Jahres zur Blüthe, indem sie den dazwischen liegenden Zeitraum von mehr als einem Jahre dazu benutzt, ent- weder knollentragende Ausläufer, die zu neuen Individuen werden, oder auch neue Knollen, die sich um die Mutterknolle drängen, zu bilden. Ein Büschel solcher Gebilde (radix grumosa) finde sich zur Blüthezeit am Grunde der Pflanze, und man könne zwischen jenen neuen Knollen die alte, zu einer andern Vegetationsperiode gehörende unterscheiden. Es vermehre sich um diese Zeit die Anzahl der grundständigen Knollen; bald nachher werde die Pflanze aufgelöst mit Ausnahme ‚der Knollen, welche sich zerstreuten, da sie die Bestimmung hätten, die Pflanze im folgenden Jahre zu reproduciren. Nach dieser Dar- stellung dauerte eine Knolle durch folgenden Zeitraum hindurch: von dem Frühling ihres Entstehens (erster Frübling) bis zum zweiten, wo die an ibr befindliche Knospe ihre Vegetation beginnt, und von da noch bis zum dritten, wo sie sich noch absierbend an der Blüthenpflanze, umgeben von jüngeren Knollen, findet. In allen normalen Fällen geht aber eine jede Knolle, die sich im Frühlinge dieses Jahres gebildet hat, mit dem Schlusse des nächstjährigen ganz und gar zu Grunde. Abge-

$. 3.

Treibt ein Exemplar gar keine Blüthenstengel oder überhaupt keinen Stengel, denn manchmal wird ein solcher von keiner Blüthe abgegrenzt, indem sie verkümmert —, so findet man gegen das Ende des Mai’s, wo die Vegetation zu Ende geht, im Centrum der absterbenden Laubblätter eine terminale, von Scheidenblättern gebildete Hauptknospe, an welcher unmittelbar keine Knolle sich gebildet hat; in diesem Falle wird natürlich die kurze Achse unter ihr in ihrem Innern nicht zerstört. Im Uebrigen verhalten sich solche Exemplare ganz so wie die Blüthentragenden, indem auch hier die mit der Grundachse, welche durch jene Hauptknospe abgeschlossen wird, verbundenen knollentragenden Knospen nicht auswachsen, sondern inner- halb der nächsten Vegetationsperiode zu Grunde gehen, indem die Nahrungsstoffe ihrer Knollen zur Ausbildung der terminalen Hauptknospe verwendet werden. Ausser der letzteren findet sich zuweilen an einem solchen Exemplare eine knollenlose Seitenknospe. Fig. 35. zeigt ein Exemplar mit einer terminalen Hauptknospe, am Schlusse der Vegetationsperiode. Bei A finden sich drei Knollen und eine fadenförmige Nebenwurzel, sämmtlich abgestorben. Diese Knollen waren im Frühling des vorhergehenden Jahres entstanden. K ist die terminale Hauptknospe, unter ihr bei G ist die kurzgliedrige Grundachse, von der die abgestorbenen Laubblätter und die fädlichen Nebenwurzeln entfernt wurden. An derselben stehen die drei mit den frischen Knollen B versehenen Knöspchen, f ist ein gestrecktes Internodium zwischen dem Achsentheile, dem die vorjährigen, und dem, dem die diesjährigen knollentragenden Knospen entsprangen. Fig. 27. ein ähnliches Exemplar beim Beginn der Vegetation im Herbst, etwas vergrössert; k ein sitzenbleibendes Knöspchen mit der Knolle D; B eine laterale knollenlose Knospe, A die etwas ausgewachsene terminale Hauptknospe, G die mit den Gefässbündelresten abgestorbener Blätter versehene Grundachse. Fig. 33. ein solches Exemplar zu derselben Zeit, vergrössert; die terminale Hauptknospe K, aus der schon einige fädliche Nebenwurzeln hervor- gebrochen, ist durehschnitten; ebenso die eine Knolle, die mit zwei Knöspchen k versehen ist; G=G in Fig. 35.; bei x befand sich wahrscheinlich eınm ähnliches entwickeltes, nun

abgestorbenes Internodium, wie in Fig. 35.

sehen von dieser Unrichtigkeit kann in dem Zeitraum vom ersten bis dritten Frühling eine Pfanze, die aus einer mit einer Knolle versehenen isolirten Knospe hervorgegangen ist, wohl blühreif werden, indem sie im zweiten Frühling so weit erstarkt, dass sie eine kräftige Knospe gewinnt, die im dritten Frühling einen Blüthenstengel treibt. Aber das ist gewiss bei weitem der seltnere Fall. Ist sie dann einmal blühreif geworden, so wird sie, falls nicht zufällig ihr Wachsthum gestört wird, all- jährlich wieder in der Weise, die ich oben beschrieben habe, und die ganz von der von Cros angegebenen abweicht, einen Blüthenstengel treiben können. Aus alle dem folgt, dass auch nicht der geringste Grund vorhanden ist, die Pflanze nicht für ausdauernd, sondern, wie Cros es thut, für nur zweijährig zu halten. Wer das Erste annimmt, muss auch bezüglich der Pe-

riodicität sich ganz gleich verhaltende Pflanzen, wie Tulipa, Gagea, die Ophrydeen für zweijährig erklären.

au. WE

$. 4.

Die Entwicklung der knollentragenden Knospen, die in den Achseln der Stengelblätter einzeln oder zu mehreren oft als unter- oder seitenständige Beiknospen zu einem Blüthen- zweige auftreten, zeigt in dem Hauptpunkte nichts Abweichendes von der der boden- ständigen. Die Knospen selbst sind gleichfalls oft sehr klein; häufig wächst aber das erste Blatt mehr oder weniger aus, Fig. 13. 14. 15.a, und wird nicht selten ganz vollkommen, Fig. 28.a. Hin und wieder findet man in den Achseln der Knospenblätter neue Knöspchen ; löst sich dann später das Mutterblatt eines solchen auf, so steht es neben der Primärknospe.

Ein solches Knöspchen zweiter Ordnung treibt zuweilen, wie das auch bei bodenständigen Knospen vorkommt, selbst wieder eine Knolle, Die Coleorrhiza ist oft ganz deutlich ent- wickelt, h in Fig. 14. und 15., oft nicht. Besonders interessant ist es, dass zuweilen an einer einzigen stengelständigen Knospe zwei Knollen auftreten; so in Fig. 13. und 28.; die Rückseite der letzteren sieht man in Fig. 29., i ist die Stelle, mit der die Knospe an der Mutterachse fest sass; Fig. 30. der etwas vergrösserte Durchschnitt durch die Knospe und die beiden Knollen, die Gefässbündel der letzteren gehen deutlich von der kurzen Knospen- achse aus, b ist das zweite, scheidenförmige Blatt der Knospe.

Die nach der Fruchtreife durch Absterben aller oberirdischen Theile frei und selbst- ständig werdenden, am Stengel gebildeten knollentragenden Knospen (war ihr erstes Blatt ein Laubblatt, so verlieren sie das auch) ruhen nun gleichfalls bis zum Herbste; dann brechen aus der Knospenachse die dünnen Nebenwurzeln hervor, die Knospe selbst wächst allmählich im nächsten Frühjahr vollständig aus, indem innerhalb einiger Schuppenblätter ein oder einige Laubblätter hervortreten, Fig. 20. Zur Blüthe gelangen solche Exemplare meistens erst nach Verlauf mehrerer Jahre, nachdem die jährlich sich bildende terminale Hauptknospe mehr oder weniger erstarkt ist. Diese wird ebenso, wie es bei blühenden Exemplaren angegeben wurde, durch die zu den kleinen seitenständigen Knospen gehörenden Knollen mit ernährt. Eigen- thümlich sieht es aus, wenn sich die Knospenachse oberhalb einiger oder sämmtlicher Schuppen- blätter deutlich streckt, um die Spitze der Achse, wo die Internodien wieder unentwickelt sind, mit den an ihr stehenden Blättern der Oberfläche des Bodens näherzubringen, Fig. 18. und 19. Es geschieht das zuweilen auch bei schon stärkeren Exemplaren.

$. 5.

Fasst man alle wesentlichen Erscheinungen bei der Knollenbildung unserer Pflanze in’s Auge: die Art ihres Wachsthums, den Verlauf der Gefässbündel, welche keineswegs, wie man erwarten müsste, wenn die Knolle nichts anders, als eine einseitige Ausbauchung der Knospen-

N

achse wäre, bogig nach aussen hervortreten und unter der Knospe wiederum zur Achse der- selben zurückkehren müsste (was man besonders an den kugeligen Knollen bemerken würde), die Verästlungen, welche unter besondern Umständen an den Knollen auftreten, das Vorkommen von zwei Knollen an einer Knospe, so kann man nicht, anders, als die Knollen für Neben- wurzeln halten, die in ihrer Ausbildung der Achse, zu der sie gehören, vorauseilen, die also morphologisch ganz wie die Ophrydeenknollen sich verhalten. Physiologisch haben allerdings die bodenständigen Knollen, deren Knospen nicht auswachsen, für die Erneuerung des Exem- plares, zu dessen Achse sie gehören, keine andere Bedeutung als knospenlose Wurzelknollen, wie sie z. B. bei Spiranthes vorkommen, was ich bereits anderwärts angegeben habe *).

$. 6.

Die Keimung von R. Ficaria scheint früher noch nicht beobachtet worden zu sein. Cros führt in der eitirten Abhandlung eine Stelle aus Dirıexius Catalogus plantarum (appen- dix p. 109) an, wonach schon dieser Botaniker der Ansicht war, dass die Früchte nicht zur Reife gelangten. Was A. pe Saınt-Hıraıre (Memoire sur les Myrsindes ete., presente a l’Acad&mie des sciences le 18. avril 1537, p. 25—29) als Keimpflanzen von R. Ficaria beschrieben hat, war nach Cvos’s Ansicht und nach dem, was er aus jener Abhandlung mitgetheilt hat, sicherlich nichts Anderes als eine auswachsende knollentragende Knospe. Ich selbst fand schon seit einer Reihe von Jahren, wenn ich nur danach suchte, regelmässig Keimpflänzchen, welche man freilich, da sie meist zwischen dem dichten Laube anderer Ficaria-Pflanzen vor- kommen, leicht übersehen kann; hat man sie einmal kennen gelernt, so findet man sie leicht wieder. In der Umgegend von Sondershausen beobachtete ich sie an mehreren Stellen; diese waren immer der Einwirkung der Sonne und der Luft ausgesetzt, aber mehr oder weniger feucht. Am zahlreichsten kommen sie an den flachen Ufern der vom schmelzenden Schnee sich bildenden Frühlingsbäche, da, wo diese durch lichte Laubwaldungen fliessen, vor. An ähnlichen Stellen fand ich sie auch in Böhmen. Wie es sich von selbst versteht, sind das

*) Wie die Ophrydeen und die losgetrennten Ficaria-Knollen verhält sich bezüglich der Erneuerung des Exemplares auch Valeriana tuberosa; man vergl. einen längeren Aufsatz von mir in den Abhandlungen der Naturforsch. Gesellschaft zu Halle 1853, Quartal 3. Ganz ähnliche Gebilde wie bei R. Fic., wenn schon wegen ihrer Kleinheit minder auffallend, beob- achtete ich auch bei Cardamine amara, wo ich bisweilen in den Blattachseln der ausläuferartigen Triebe kleine, von schuppen- förmigen Blättern gebildete Knospen fand, aus deren kurzgebliebener Achse eine oder zwei, in letzterem Falle an ihrem Ur- sprunge verschmolzene, Neischige Nebenwurzeln sich gebildet hatten, Tab. Ii., Fig. 43. von der Seite und 44. von vorn, k Knöspchen, i dessen Insertion an die Mutterachse, n Nebenwurzeln, die natürliche Grösse des Ganzen giebt die beigefügte Linie an. Ob diese Knospen sich constant bei dieser Pflanze finden, will ich dahingestellt sein lassen, da ich sie nicht lange genug und nur an recht schattigen und feuchten Waldplätzen beobachtet habe. Man hüte sich übrigens die zur Knospe gehörenden Wurzeln mit den Nebenwurzeln zu verwechseln, welche oft in der nächsten Umgebung der Knospe aus deren Mutterachse

hervortreten.

die Lokalitäten, wo die Pflanze am leichtesten, oft reichlich, fructificirt. Unter dichtem Ge- büsch oder an Stellen, wohin die Sonne nicht dringen kann, aber auch an ganz freien Stellen sonniger, etwas trockener Grasgärten fand ich keine Keimpflanzen. R. Fic. gehört zu den Gewächsen, deren Embryo sich, unter angemessenen Aussenverhältnissen, erst nach Lostrennung der Früchte oder auch der Saamen von der Mutterpflanze im Laufe des Sommers und Herbstes vollständig ausbildet. Fig. 9— 11. Tab. Il. stellen etwas vergrösserte Früchtchen, wie sie eben reif geworden sind, dar *).

Die Pflanze keimt im ersten Frühling, und bereits zu Anfange des März, in minder günstigen Jahren etwas später, fand ich Keimpflanzen. Das Auffallendste ist, dass sie nur ein einziges Keimblatt hat. Dasselbe steckt mit seiner Lamina, nachdem das Würzelchen und auch der Kotyledonstiel schon einige Zeit herausgetreten sind, in der Mittellinie dicht zu- sammengefaltet, in dem Früchtchen, dessen äusserste, weichere Schicht übrigens meistens schon früher zerstört worden ist, Fig. l. und 2.; dann sprengt das Keimblatt, wenn das Eiweiss, worein es eingebettet war**), aufgezehrt ist, die dünnen Fruchtschaalen, die man dicht neben der Keimpflanze bald auf, bald in dem Boden findet. Die hellgrüne Lamina des Keimblattes, welche zunächst noch zusammengefaltet bleibt, Fig. 4. 5. 6. 8. 12. 15. und 16. (die Faltung ist meistens nach unten, dem Boden zu, seltner nach oben), sich aber unter dem Einflusse des Lichtes und der Luft bald flach ausbreitet, erscheint durch eine scharfwinklige Einkerbung an dem breiten Vorderrande verkehrt herzförmig, Fig. 14. 21. 25. 28. 30.; die beiden Hälften der Lamina sind nicht selten in ihrer Mitte nochmals, doch minder tief eingekerbt, Fig. 13. Weit seltener beobachtete ich den Vorderrand seicht dreilappig, Fig. 23. Der Stiel des Keimblattes zeigt nach oben, wo er in die Fläche desselben übergeht, eine seichte Furche, die man, wenn er sich nicht sehr streckt, auch weiter nach unten auf seiner Ober - oder Innenseite bemerkt; wird er aber länger und er erreicht zuweilen eine Länge von zwei Zoll —, so ist er in den untern Theilen ziemlich stielrund. Auf einem Querschnitt bemerkt man, besonders in den spätern Stadien, zwei durch Zerreissung des Zellgewebes entstandene, nach aussen neben oder vor dem einzelnen, die Mitte einnehmenden Gefässbündel befindliche

Lücken, I! in Fig. 22., welche den Stiel röhrenartig durchziehen und nur ganz oben unterhalb

*) Die Früchtchen haben einen kurzen, ziemlich dicken Stiel; derselbe ist wie die ganze äussere Schicht des Frücht- chens von einem lockern, Nleischig-schwammigen Gewebe gebildet, das leicht zusammentrocknet, ins Wasser gebracht aber leicht aufquillt und später verwest. Die innere Schicht der Frucht ist fester und auf der Innenseite glänzend. Die Härchen auf der Aussenseite der Frucht erscheinen unter dem Mikroskope gestreift, wie es Kürzınc (philos. Bot.) von manchen andern Haargebilden beschrieben hat. Das eigentliche Samenkorn, bei der Fruchtreife zum grössten Theil von dem Albumen gebildet, trocknet leicht, quillt aber in der Feuchtigkeit wieder auf.

**) Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, dass die Blatäche, namentlich die untere, das flüssig gewordene Al-

bumen aufsaugt, wie das wohl nuch bei vielen andern Pflanzen bei der Keimung, ich meine beispielsweise Veronica hederaefolia und die Melampyrum-Arıen, der Fall ist.

in Mb ee

der Blattfläche verschwinden. Am Grunde des Stiels findet sich eine öfters, vorzüglich bei jüngeren Keimpflanzen, nur bei genauerer Untersuchung bemerkbare feine Längsspalte, s in Fig. 3. und 17.; es ist die Scheidenmündung.

Die Achse der Keimpflanze ist entweder ganz kurz, oder sie ist mehr oder weniger deut- lich gestreekt*); im ersteren Falle, Fig. 1. 3. 21.25.28., brechen auf der Grenze des Keim- blattes und der fadenförmigen Hauptwurzel, wo rings herum ziemlich lange, zarte Wurzel- härchen stehen, eine oder zwei (seltener drei) fadenförmige Nebenwurzeln, d in Fig. 8. 21. 28. u. a. hervor, die an ihrem Grunde, Fig. 7., mit einer deutlichen Scheide versehen sind. Im anderen Falle rückt die Ursprungsstelle der Nebenwurzeln durch die Entwieklung der hypo- kotylischen Achse, a in Fig. 4. S. 17. 30. 32. und 36., von dem Keimblatte weiter hinweg. Die wie die Hauptwurzel von äusserst kleinen Papillen besetzten Nebenwurzeln stehen, wenn ihrer zwei sind, gewöhnlich links und rechts von der Mittellinie des Keimblattes, zuweilen je- doch auch in der Mitte der Rück- und Scheidenseite desselben. Als seltenen Fall führe ich noch an, dass keine Hauptwurzel, sondern nur zwei Nebenwurzeln, d in Fig. 27., vor- handen sind.

Gleich in der ersten Periode der Keimpflanze findet man, von der Scheide des Keim- blattes dicht umschlossen, das zarte Knöspchen (plumula). Aeusserlich macht es sich durch eine zarte Anschwellung, k in Fig. 1.4. 8. 18., bemerkbar. Auf einem senkrechten Durch- schnitt, Fig. 19., sieht man aus der Achse der Keimpflanze ein zartes Gefässbündel in den Vegetationspunkt des Knöspchens hinüber treten und unter dem letzteren die Anfänge der Wurzelknolle in Form einer halbkugeligen Anschwellung n. Indem das Knöspehen weiter wächst, drängt sich dessen erstes Blatt mehr oder weniger weit aus der Scheidenmündung des Keimblattes hervor, e in Fig. 25. 32. 30. 28., oder sprengt auch die Scheide gänzlich, Fig. 26. Es ist bald laubartig, Fig. 25. 28. 30., bald mehr scheidenförmig; im letzteren Falle bleibt es oft so klein, dass es nicht aus der Scheidenmündung hervortritt, Fig. 29. Die Knolle drängt das vor ihr liegende Parenchym auseinander und tritt so frei hervor, n in Fig. 3. 25. 30. 32. u.a. Bald ist das Knöspchen, bald die Knolle etwas im Wachsthum voraus. Wenn das erstere ausgewachsen ist, so kann man gewöhnlich ein zweites, zuweilen auch ein drittes Blatt, Fig. 33. u. 34. d und e, an demselben erkennen.

Die Stellung des Keimblattes und der ihm folgenden Knospenblätter ist alternirend, so dass also das zweite von diesen (mithin das dritte in der ganzen Blattreihe) mit seiner Rück- seite vor jenes zu stehen kommt. Das Knöspchen selbst ist natürlich als terminal zu be- trachten; das Bildungsgewebe, aus dem seine Blätter entspringen, ist der organische Gipfel der ganzen Keimpflanze; denn obschon es bei einer oberflächlichen Betrachtung des Gefäss-

*) Wie bei den keimenden Pflanzen hängı das davon ab, ob die Pflanze hoch oder tief im Boden steht,

Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 2r Band. 1s Quartal. 6

ME

bündelverlaufs, Fig. 19. und 29., scheinen könnte, das Keimblatt b sei die terminale Fort- setzung der unterhalb des Knöspchens befindlichen Achse a, so ist doch nicht das zum Keim- blatte, sondern das zum Knöspchen seitwärts verlaufende Gefässbündel, von dem wieder die Gefässbündel der Wurzelknolle sich abzweigen, als die direkte Fortsetzung des Gefässbündels jener Achse, deren appendikuläre Gebilde das Keimblatt und die Knospenblätter sind, anzu- sehen. Die kräftigere Entwicklung des Keimblattes und dessen fast senkrechte Erhebung bringen jenen Schein hervor.

Zuweilen kommt auch eine axilläre Knospe neben der terminalen vor; so an der Fig. 30. vergrössert gezeichneten Keimpflanze. Sie zeichnete sich schon äusserlich durch zwei Wurzel- knollen n und m aus. Bei einer nähern Untersuchung ergab es sich, dass sich in der Achsel des Keimblattes b, nahe unterhalb der Scheidenspalte des darauf folgenden Blattes c ein kleines Knöspchen gebildet hat, Fig. 31., zu dem die kleinere Knolle m gehörte, während die grössere Knolle auch hier aus der Achse der terminalen Knospe hervorgegangen war.

Die anatomischen Verhältnisse der Keimpflanze zeigen nichts Bemerkenswerthes. Die Gefässbündel verästeln sich in der Blattfläche auf eine ziemlich einfache Weise, Fig. 13. und 14.; das mittlere verläuft bis zur Einkerbung am Vorderrande. Die Achse unterhalb der Knospe wird von einem regelmässigen Parenchym gebildet, dessen äusserste Zellenreihe etwas derbwandiger ist. Die Gefässe stehen im Centrum mehr oder weniger dicht bei einander, Fig. 20.; ähnlich ist es auch in den fädlichen Wurzeln. In der Knolle, deren. Zellen dicht mit Stärkemehl*) gefüllt sind, treten die Gefässbündel, deren meist drei sind, ebenso wie in den. Knollen älterer Pflanzen, deutlich auseinander und schliessen ein deutliches Mark ein, Fig. 35.

Anfangs Juni, manchmal schon etwas früher, stirbt: Alles an der Keimpflanze bis auf die Knospe und die Knolle gänzlich ab; war das erste Blatt derselben. ein Laubblatt, so verwest auch dieses am. Schlusse. der: ‚ersten Vegetationsperiode, und: nun lässt: sich die allein übrig gebliebene Knospe mit; ihrer Knolle nieht weiter in: Form und Entwicklung von einer andern isolirten knollentragenden Knospe unterscheiden. Sicherlich braucht. ein solches direkt aus einem. Samenkorn hervorgegangenes Pflänzchen mehrere Jahre, um blühreif zu werden.

Ueber das Keimblatt will ich noch Folgendes bemerken. Man könnte geneigt sein, das- selbe als hervorgegangen aus zwei einseitig verschmolzenen Blättern zu betrachten; ich selbst hegte anfangs diese Ansicht, kam aber bei genauerer Bekanntschaft mit den Keimpflanzen davon zurück. Es spricht gegen dieselbe der Gefässbündelverlauf sowohl in der Lamina, als besonders im Stiele. Auch in dem Stiele der spätern Laubblätter kehren die oben beschrie-

*) Im Mai untersucht, bestand das Stärkemehl in den Knollen der Keimpflanzen aus rundlichen oder eiförmigen, manch-

mal undeutlich kantigen Scheibchen mit sehr zarter Schichtung und einem meist excentrischen Kern. Man vergl. Warrers in der Flora 1852, p.. 697.

benen Kanäle, Fig. 29. Il, wieder; die Zahl der Gefässbündel ist hier freilich grösser, indem sie auf fünf steigt. Ferner spricht gegen jene Ansicht die deutliche Scheidenbildung und die dreilappige Lamina mancher Keimblätter, Fig. 23. Es verdient auch erwähnt zu werden, dass die gewöhnliche verkehrt - herzförmige Gestalt des Keimblattes auch den spätern Blättern unserer Pflanze nicht ganz fremd ist; denn die Blätter dicht unterhalb der Blüthen (Vorblätter) zeigen oft ganz dieselbe Form, ohne dass von einer Verwachsung eine Spur zu finden wäre, Fig. 41.; allerdings werden sie oft noch einfacher, Fig. 40. und 42. Dass übrigens die eigenthümliche Weise der Keimung unserer Pflanze nicht mit benutzt werden darf zur Gründung einer eignen Gattung, hoffe ich bei einer andern Gelegenheit zu zeigen.

Erklärung der Abbildungen.

Tab. I.

Fig. 1. Ein blühendes Exemplar Anfangs Februar, man vergl. $. 2.

Fig. 2. und 3. Knospen aus den Achseln der untern Blätter, vergr., man sehe ebendaselbst.

Fig. 4. Das Exemplar, welches in Fig. 1. gezeichnet ist, ist hier aller Theile, die rings an der Grundachse G sassen, bis auf die Knospe k in der Achsel des obersten grund- ständigen Laubblattes und zweier Beiknospen n entkleidet.

Fig. 5. Zwei neben einander stehende Knospen mit Knollen, etwas vergr.; die rechts stehende Knospe hat ziemlich grosse Schuppeublätter, die später nach vollständiger Reife der Knolle gänzlich verwesen.

Fig. 6—9. Knospen verschiedener Form, vergr.; die neuen Knollen, wo sie vorhanden, etwas weiter ausgebildet als in den vorhergehenden Figuren.

Fig. 10. Eine ausgewachsene Knolle mit ziemlich starker Knospe k.

Fig. 11. Ganz junge Knöspchen, aus der Achsel eines Schuppenblattes, im vergr. Durch- schnitt, im November innerhalb einer Blattachsel einer auswachsenden Knospe, wie Fig. 16. sie etwas vergr. darstellt, beobachtet.

Fig. 12. Eine ausgebildete, bodenständige (unten abgeschnittene) Knolle mit 3 Knöspchen k, ungefähr fünfmal vergr. Sie hatte eine breite Ansatzfläche i. Die Stellung der Knöspchen zu einander ist nicht ımmer so regelmässig, wie hier, wo offenbar die seitlichen und kleineren sich in den Achseln abgestorbener Niederblätter, die zu der mittlern Knospe (erster Ordnung) gehörten, gebildet hatten. In andern Fällen stehen die Knöspchen nicht neben, sondern vor einander, und sind auch oft von ziemlich gleicher Grösse.

6*

Fıg.

Fig.

13. . 14.

ig. 27.

iu A ar

Stengelständige Knospe mit 2 Knollen; man vergl. &. 4.

Etwas vergr. stengelständige Knospe von der Seite, nach Entfernung ihres Mutter- blattes, a erstes Knospenblatt, h Coleorrhiza; Fig. 15. dieselbe Knospe losgetrennt vom Stengel, von der Rückseite, i Insertionsfläche.

cf. Fig. 11.

Blühbares Exemplar zu Anfang des März, A vorjährige, B neue Knollen.

Anfangs April, A vorjährige, bald absterbende Knolle, anf derselben zwei Scheidenblätt- chen, f entwickeltes Internodium, B neue Knolle. Das Exemplar gelangte nicht zur Blüthe. Nicht blühbares Exemplar, das sich aus einer isolirteren Knospe gebildet, Ende Februar, 3mal vergrössert; abc Scheidenblätter, d einziges Laubblatt, f entwickeltes Internodium, A. vorjährige Knolle, die neue ist noch nicht ausgewachsen.

Anfangs April, Bezeichnung wie Fig. 18. Es hat sich kein Internodium gestreckt. Vergr. Durchschnitt durch eine Knospe und den obern Theil der dazu gehörigen Knolle; h Coleorrhiza; k Knospe erster, n zweiter Ordnung, cf. $. 2.

Vergr. Querdurchschnitt durch eine Knolle, e Cambiumring.

Verästelte Knolle, k das Knöspchen, w die Wunde der Knolle, n die Aeste; Fig. 24. einzelner Knollenast, i die Stelle, mit der er in der Hauptknolle fest-sass; Fig. 25. vergr. Durchschnitt durch die Knospe k in Fig. 23., Fig. 26, dergl. durch einen Theil der Knolle und durch einen Knollenast n.

Ein Exemplar mit einer Knolle, deren Knospe k nicht auswächst; G Grundachse mit den Gefässbündelresten der verwesten Blätter, A die terminale, B eine: seiten- ständige Knospe; dreimal vergr. Im November. Ein Exemplar, wie es z. B. Fig. 20. abbildet, konnte im Herbste eine solche Gestalt, wie Fig. 27. annehmen. B in Fig. 20. und D in Fig. 27. entsprächen sich dann, von den Schuppen- und Laub- blättern in Fig. 20. wären nur die Gelässbündel zurückgeblieben. cf. &. 3.

28—30. Stengelständige Knospen mit zwei Knollen, a erstes, b zweites (Scheiden-)

Blatt, ef. &. +.

Fig. 31. und 32. cf. & 2. Fig. 31°. ist eine vergr. Knolle aus Fig. 31. B giebt ihre natürl.

. 35.

Grösse an k das kleine Knöspchen, das rechts von der Fig. vergr. dargestellt ist.

. 33. ch. 83. g. 34. cf. 8. 2. Die Grundachse G, an der die laterale Hauptknospe K steht, ist hier niedrig

und in der Mitte durch die Verwesung des Blüthenstengels etwas vertieft und durchbohrt. Zu Ende des Mai; nat. Grösse. Bei A drei abgestorbene Knollen und eine ab- gestorbene fadenförmige Nebenwurzel, G der stehenbleibende Theil der Grundachse, von dem alle Reste der abgestorbenen Blätter und Wurzein weggenommen sind. Er

entspricht G in Fig. 33. cf. 8. 3.

Fig.

Fig.

36.

38

. 14 . 15.

En

449

. 20.

ee =

Ein Theil einer Knolle T, deren Spitze abgeschnitten wurde; Fig. 37. vergrösserter Durchschnitt durch die Knolle T und durch zwei Aeste tt derselben, v abgestorbenes Ende der Gefässbündel.

Eine neu hervorgebrochene ziemlich starke fädliche Nebenwurzel, nat. Gr., im No- vember; andere sind um diese Zeit schon weit länger, dabei etwas schwächer und nicht so verästelt. Fig. 39. vergr. Durchschnitt durch eine solche Wurzel.

Tab. II.

Ganz junge Keimpflanze von der Seite, mit dem Keimblatte noch in der Frucht- schaale steckend, k Stelle, wo innen das Knöspchen ist, h Hauptwurzel. Vergr. Durchschnitt durch die Fruchtschaale, das Keimblatt ist unverletzt geblieben. Basis derselben Keimpflanze, von vorn, vergr. s Scheidenspalt, n Wurzelknolle, die sonst weit später hervortritt, Keimpflanze, deren Keimblatt frei von der Fruchtschaale aber noch zusammengefaltet ist, in nat. Gr., a Achse derselben, b Keimblatt, k Stelle des Knöspchens, eine Nebenwurzel noch nicht vorhanden (Anfangs März). Fig. 5. das Keimblatt seitwärts von oben be- trachtet, 6. Durchschnitt durch die Mitte desselben in der nat. Lage, beide vergr. Desgl., aber es sind schon 2 Nebenwurzeln d vorhanden; Fig. 7. eine solche Neben- wurzel mit der Coleorrhiza vergr. Eine reife Frucht von der Seite, Fig. 10. von innen, n Narbe, 3mal vergr. Fig. 11. Durchschnitt. Im Grunde des Samens sieht man ein kleines Oval; es ist die von zarteren Zellen gebildete Stelle, wo später der Embryo sich findet; die punktirte Linie umgrenzt nach innen die festere, nach aussen die lockere Schicht der Fruchtschaale. Vergr. noch gefaltete Spreite des Keimblattes, dessen Hälften am Vorderrande noch- mals gekerbt ist, der kleine Ring ist ein Rest des Albumens, der zufällig sitzen ge- blieben war. Fig. 13. Dieselbe Spreite auseinandergelegt mit dem Gefässbündelverlauf. Gewöhnliche Form des Keimblattes.

Durchschnitt durch die Spreite eines Keimblattes, das die entgegengesetzte Lage von der in Fig. 6. dargestellten hatte; Fig. 16. Seitenansicht eines solchen, noch gefalteten Blattes.

Vergr. Ansicht des untern Theiles einer Keimpflanze, wie sie Fig. 8. darstellt, von vorn; n Anschwellung, wo später die Wurzelknolle hervorbricht, Fig. 18. von der Seite. Bezeichnung wie in Fig. 9.

Vergr. Durchschnitt durch das junge Knöspchen einer Keimpflanze, v Scheide des Keimblattes, a hypokotyl. Achse.

Vergr. Querdurchschnitt durch die Achse einer Keimpflanze.

Fig.

Fig. Fig.

Fig. Fig.

Fig.

30.

32.

39. 36,

40.

41.

43.

u

Niedrig gebliebene Keimpflanze in nat. Gr.

Vergr. Durchschnitt durch den Stiel des Keimblattes, v Gefässbündel, I Lücken im Parenchym.

Dreilappige Lamina eines Keimblattes.

Vergrösserter Durchschnitt durch den Stiel eines Laubblattes einer blühbaren Pflanze. Bez. wie in Fig. 22. Fünf Gefässbündel v sind vorhanden.

Ungefähr dreimal vergr. Keimpflanze, deren erstes Knospenblatt c hervorgewachsen ist; n hervorbrechende Wurzelknolle.

Unterer Theil einer ausgewachsenen Keimpflanze, vergr., von vorn; Fig. 27. von der Rückseite, es fehlt die Hauptwurzel.

Ausgewachsene Keimpflanze n. Gr.; das auf das Keimblatt b folgende Blatt c hat eine vollkommene Spreite. Mitte Mai.

Vergr. senkrechter Durchschnitt durch einen Theil einer ziemlich ausgewachsenen Keimpflanze, deren Knospe c kein auswachsendes Blatt besass; Bezeichnung wie in Fig. 17. und 19.

Ausgewachsene kräftige Keimpflanzen (Mitte Mai), dreimal vergr. cf. $. 6. Fig. 31. Das Blatt c der vorigen Figur von der Scheidenseite gesehen; das Keimblatt (seine Insertion war bei b) und die Achse unterhalb desselben sind entfernt, dreimal vergr., cf. 8. 6.

Ausgewachsene Keimpflanze, ungefähr zweimal vergr., der obere Theil des Keim- blattes b ist abgeschnitten, Fig. 33. das Blatt c derselben von der Innenseite, mehr vergr., Fig. 34. das Blatt d, abermals von der Innenseite, man sieht das folgende Blatt e von der Rückseite. Es fanden sich also, das Keimblatt mitgezählt, 4 Blätter an dieser Keimpflanze.

Vergr. Querdurchschnitt durch die Wurzelknolie einer Keimpflanze.

Ausgebildete Keimpflanze (Mai), etwas vergr., Fig. 37. Knospe mit der Knolle von der Seite, Fig. 38. von der Innenseite des Knospenblattes c. Fig. 39. Basis eines Keim- blattes, dessen Scheide zerspalten war, i Stelle, wo die Knospe der Achse angesessen hat, vergr.

Die beiden obersten Blätter unterhalb der Blüthe; a, normal gestaltet, hat in seiner Achsel eine knollentragende Knospe; b ist ganzrandig.

Ein zweilappiges Blatt dicht unterhalb einer Blüthe, Fig. 42. einfache Blätter unter- halb der Blüthe cf. $. 6. und 44. Knollentragendes Knöspchen von Cardamine amara, cf. $. 5. in der Anmerkung.

II. Carum Bulbocastanum und Chaerophylium bulbosum nach ihrer Keimung.

Hierzu Tafel Ill.

$. 1.

Die erstgenannte Pflanze keimt gleich beim jBeginn des Frühlings; die Fruchtschaale bleibt bald unter dem Boden, bald wird sie, auf der Spitze des einzigen Keimblattes auf- sitzend, über denselben emporgehoben und bleibt hier längere oder kürzere Zeit, Fig. 5. Das Keimblatt ist anfänglich dicht unter seiner ‘schmalen, nicht zusammengefalteten Lamina etwas gekrümmt, Fig. 1., später streckt es sich grade, Fig. 4. und 7., und seine lanzettliche Lamina wird etwas länger und breiter. Letztere zeigt in ihrem Umrisse sich in keiner Weise von der anderer Doldenpflanzen, insbesondere des gemeinen Kümmels, Fig. 39., verschieden. Von dem Hauptnerven zweigen sich mehr oder weniger Seitennerven, die bald verästelt, bald unverästelt sind, ab. Es wäre auch nicht der geringste Grund vorhanden, dieses Blatt als nieht einem Keimblatte anderer Doldenpflanzen entsprechend betrachten zu wollen. Die Lamina geht ganz allmählich in den Stiel über, dessen oberirdischer Theil bald länger, bald kürzer ist.

$. 2.

Der unterirdische Theil, der die unmittelbare Fortsetzung des oberirdischen Blattstiels bildet, zeigt sich bei einer oberflächlichen Betrachtung ganz wie eine Wurzel gebildet; er ist weisslich gefärbt, von zarterer Substanz, als die oberirdischen Theile, stielrund und mit zarten Papillen: besetzt. Anfänglich, Fig. 1., zeigt derselbe nirgends eine auffallende An- schwellung, sondern verläuft in gleicher Weise bis zu dem unteren Ende, wo er sich, wie auch sonst die Wurzeln pflegen, ein wenig zuspitzt. Aber auch schon in dieser Zeit be- merkt man an den Pflänzchen, dass an einer Stelle dieser wurzelartige Theil eine etwas festere Substanz, in Folge der daselbst die Zellen erfüllenden Bildungsstoffe, hat; sie findet sich unterhalb der Stelle, wo die Fig. 1. mit dem Buchstaben k bezeichnet ist.

Gewiss wäre es höchst sonderbar, wenn das Keimblatt die direkte Fortsetzung des unter- irdischen Theiles wäre, möchte der letztere ganz und gar der Wurzel entsprechen oder aus

Zu du ee

einem Achsenorgan mit einer Wurzel bestehen. So verhält es sich indess auch nicht; es sind vielmehr auch bei dieser Pflanze schon früh zwei Bildungsheerde, einer für die nach unten dringende Hauptwurzel, dessen Thätigkeit bald erlischt, und einer für die aufwärtswachsenden Theile, dessen Thätigkeit Jahre hindurch sich erhält, vorhanden. Schon bei ganz jungen Keimpflanzen, wo sich äusserlich noch keine Spur von Knollenbildung zeigte, fand ich an der Stelle, unterhalb welcher der unterirdische Theil eine grössere Derbheit besitzt, eine zarte Querspalte, o in Fig. 2., deren Rand schwach halbmondförmig gekrümmt ist, von der Seite be- trachtet macht sie sich, doch nicht immer, als ein leichter Vorsprung (Fig. 3.) bemerklich. Niemals zeigte sich jene Spalte als zufällig entstanden, sei es durch eine äussere Verletzung oder durch eine in Folge des eigenen Wachsthums herbeigeführte Zerreissung. Dieser feine Spalt ist vielmehr nichts anderes, als die Scheidenmündung des einzigen Keimblattes und findet sich auch demgemäss immer an der Seite, die der Oberseite des letzteren entspricht, ein Verhalten, das indess nicht immer ohne Mühe zu ermitteln ist, weil der unterirdische Theil, wie bereits erwähnt, bis zu dieser Spalte ziemlich steil und dabei sehr zart ist, und. durch eine geringe Wendung oder mechanische Drehung desselben die Lage der Scheidenmündung zur Lamina leicht eine andere wird.

$. 3.

Schon bei den ganz jungen Keimpflanzen findet man ein Knöspchen (plumula); deut- licher erscheint es allerdings bei solchen, wo bereits die Knollenbildung sich, wenn auch erst ganz wenig, äusserlich bemerklich macht. Schneidet man durch die unteren Partien solcher Keimpflänzchen, die man oft schon findet, wenn andere erst aus der Fruchtschaale hervor- treten, mit einem scharfen Messer senkrecht in der Weise, dass der Schnitt mitten durch die Scheidenmündung des Keimblattes und die Anlage der Knolle geht, so bekommt man eine Ansicht von dem Knöspchen (Fig. 9.) Es sitzt in dem Scheidenraume und wird von einem kleinen Scheidenblatte gebildet, dessen Rückseite b vor der Scheidenseite a‘ des Keimblattes steht, während der niedrige Vorderrand b’ der Mediane des Keimblattes a zugewendet ist, so dass also das erste Knospenblatt regelmässig mit dem Keimblatte alternirt. Im Centrum des Knöspchens findet sich das Punctum vegetationis für alle spätern Blattgebilde und Achsen- organe. Das Knöspchen, an dem früher oder später ein zweites Scheidenblatt entsteht, ist offenbar terminal; unmittelbar unter ihm ist die eigentliche Achse der Keimpflanze, von welcher das rings herum inserirte Keimblatt, das gleichfalls hier unten seinen Bildungsheerd hat, seinen Ursprung nahm. Dasselbe bildet nur scheinbar durch seine steile Aufrichtung die di- rekte Fortsetzung der Keimachse. Die letztere setzt sich unmittelbar in die Hauptwurzel fort, deren Vegetationspunkt von einer sogenannten Wurzelhaube bedeckt ist. Die Hauptwurzel

wird nie sehr lang und verästelt sich wenig oder oft gar nicht. Dagegen brechen aus dem unterirdischen Theil der Keimpflanze oberhalb der Scheidenspalte des Keimblattes, den wir nun als die unterirdische Partie des Stieles des letzteren bezeichnen können, häufig, doch nicht immer, Adventivwurzeln (Fig. 5. 6. 7.) hervor, zuweilen auch aus der Knolle.

$.4

Die Knolle bildet sich ziemlich rasch aus dem unter dem Knöspchen befindlichen Theile, indem nur hier ein Wachsthum in die Dicke statt hat, und tritt so in einen Gegensatz zu der dünnbleibenden Wurzel und dem dünnbleibenden Stiele des Kotyledonblattes. Durch das stärkere Wachsthum wird die eigentliche Oberhaut der Knolle, die anfänglich mit Papillen besetzt war, der Länge nach zerspalten, Fig. $., und löst sich auf. Das Knöspchen, das nicht auffallend weiter wächst, erscheint dann in der Mitte des etwas verbreiterten Gipfels der Knolle. Die Hauptmasse der letzteren wird durch die Rindenschicht gebildet; der grössere Theil in Fig. 9. und 10.) der letzteren ist in seinen Zellen dicht mit zartem Stärkemehl erfüllt. Die äussere, sich später braun färbende Parenchymschicht, die die schützende Hülle für die innern Theile bildet, enthält kein Stärkemehl. In der Mitte der Knolle findet sich ein ganz schmaler Cambialkreis, h in Fig. 9°. und 9., und in dessen Centrum das Gefässbündel, welches sich nach unten in die Wurzel fortsetzt. Mit dem Cambium der Knolle steht in unmittelbarem Zusammenhange das des Knöspchens, mit dem Gefässbündel derselben das des Keimblattes, Im unterirdischen Stiele des letzteren und auch noch zunächst über dem Boden ist das Gelässbündel ungetrennt, Fig. 14. und 13. Weiter hinauf theilt es sich in drei (Fig. 12.) und in der Lamina oft in noch mehrere, Fig. 11. Die Gefässbündel der Adventivwurzeln (w in Fig. 10.) nehmen natürlich ihren Ursprung von jenem primären Gefässbündel *). Hat die Knolle ihre vollkommene Grösse erreicht, wo sie dann bald mehr kugelig, Fig. 15., bald länglich, Fig. 16. und 17., erscheint**), so sterben alle Theile ausser ihr und dem Knöspchen gänzlich ab und verwesen; zuweilen bleibt das Gefässbündel des Kotyledonenstiels als ein dünnes Fädchen, Fig. 15. und 16., zurück. Der Zeitpunkt, wo die Pflanze in diesen Zustand eintritt, ist nicht genau anzugeben; manche Knollen sind schon zu Ende des Mai aus dem Zusammenhange mit dem Keimblatte getreten, an anderen fand ich das letztere noch in der Mitte des Juli. Es hat aber dann kaum noch eine Bedeutung für die Knolle und pflegt sich

*) Ueber die anatomischen Verhältnisse der ausgewachsenen Knolle, die in der Hauptsache von denen der ersten Ve- getationsperiode im Wesentlichen nicht verschieden sind, findet man einige Bemerkungen in der Abhandlung des Herrn Prof. H. Horrwann: Ueber die Wurzeln der Doldengewächse, Flora 1852, Nr. 15.

**) Die morphologische Bedeutung dieser Knolle und ihren Unterschied von andern, echten Knollenbildungen werde ich

erst später erörtern, wenn ich noch andere Knollengebilde in ihrer Entwicklung vorgeführt habe.

Abh. d. Nat. Ges. zu Halle, 2r Band, 1s Quartal, 7

= Es

besonders dann so lange zu erhalten, wenn der unterirdische Stiel Wurzeln, die dasselbe er- nähren, getrieben hatte. Das Knöspchen wird um diese Zeit von einem oder zwei, Fig. 18.be, Scheidenblättchen gebildet, an deren Grunde gewöhnlich noch der abgestorbene Rest der Scheide a‘ des Kotyledonenblattes zu erkennen ist.

$. 5.

Im Herbste wächst das Knöspchen aus, indem die ein, b in Fig. 19., oder zwei, b und ce in Fig. 24., Scheidenblätter sich etwas rückwärts krümmen und ein Laubblatt hervor- tritt, ce in Fig. 19., d in Fig. 24.; dasselbe bleibt indess bis zum nächsten Frühjahr noch unter dem Boden verborgen. Es ist mit einer breiten, scheidenförmigen Basis versehen, deren Ränder sich einwärts rollen, Fig. 21.; nahe unter der Lamina ist es, wie das auch der Fall bei dem Keimblatte war, eingeknickt, Fig. 20., und unterhalb dieser Stelle ist der Stiel, der mit drei Gefässbündeln versehen ist, etwas verdickt. Die Scheide des ersten Laubblattes schliesst in der Regel ein zweites Laubblatt, d in Fig. 22., ein. Es wächst bald aus, bald bleibt es unentwickelt, und verkümmert später. Zuweilen mögen auch wohl noch mehr als zwei Laubblätter in der zweiten Vegetationsperiode auftreten, auf die dann wieder Schuppenblätter folgen. Die Stellung der Blätter ist in der Regel noch alternirend, so in Fig. 22.; manchmal scheinen sie sich jedoch schon frühzeitig spiralig zu ordnen, Fig. 24. und 25.

Die neuen Adventivwurzeln brechen gleichfalls schon im Herbste aus der Knolle hervor, und zwar meist ziemlich gleichmässig über die Knolle vertheilt, Fig. 19., ohne dass eine bestimmte Ordnung darin bemerkbar wäre. Der Cambialring in der Knolle, Fig. 22. hh, hat sich etwas erweitert, und es haben sich natürlich neue Gefässbündel, zu den neuen Blättern gehörend, innerhalb desselben gebildet.

Die geschilderten Vorgänge wiederholen sich nun alljährlich, indem die Knospe zunächst terminal bleibt; dabei nimmt die Knolle normal an Umfang zu, jedoch nicht gar auffallend. So zeigt Fig. 23. eine schon mehrjährige, nicht blühbare Knolle in natürlicher Grösse, Fig. 26. ist der etwas vergrösserte Querschnitt derselben. Wenn sie endlich stark genug ge- worden ist, so erhebt sich aus ihr der terminale Blüthenstengel, und die Pflanze perennirt dann und so oft sich ein solcher wiedererzeugt, durch eine axilläre Knospe, an der sich der Wechsel von unvollkommenen und vollkommenen Blättern wiederholt.

$. 6.

Es bleibt mir noch übrig, auf die Unterschiede hinzuweisen, die sich zwischen der im Vorstehenden gegebenen Darstellung und zwischen der Auffassung des verstorbenen Professors

-

BernHardı, eines in vielfacher Weise um die Botanik hochverdienten Mannes, finden. Der- selbe war wohl der Erste, der auf die eigenthümliche Keimung des Carum Bulbocastanum aufmerksam gemacht hat. Es geschah dies in seiner an neuen |Thatsachen ungemein reichen Abhandlung: „Ueber die merkwürdigsten Verschiedenheiten des entwickelten Pfilanzenembryo und ihren Werth für die Systematik“, die bereits 1832 in der Linnaea VII, p. 561—613 ver- öffentlicht wurde. In derselben kommt der Vertasser wiederholt auf die Keimung unserer Pflanze zu sprechen. Nachdem er angegeben, dass sich sowohl bei ihr, als bei Bunium petraeum und bei mehreren Corydalis-Arten *) nur ein Keimblatt finde, welches man keineswegs als durch Verwachsung von zweien gebildet betrachten dürfe, sagt er (p. 576): „‚Die Hauptmerk- würdigkeit der genannten monokotyledonischen Gewächse besteht darin, dass sie kein wahres Federchen besitzen, sondern ihre erste Knospe auf eine eigue Weise bilden. Es bleibt nämlich bei ihnen der entwickelte Embryo lange im Zustande eines Pllänzchens mit einem Kotyledonen- blatte und einem federförmigen (soll wohl heissen: fadenförmigen), von einem einzigen Ge- fässstrange durchzogenen Organe, dessen oberer, etwas stärkerer Theil für einen Kotyledonar- sliel, und dessen unterer für eine zarte, wenig ästige Wurzel gelten kann. Nirgends ist in diesem frühern Zustande eine Spur von einem Knoten oder auch nur eine Spur bemerkbar, wo sich künftig ein solcher bilden werde, so dass man kein einfacheres Leben in einem voll- kommenen Gewächse bemerken kann. Wenn endlich dieses einfache Pflänzchen Anstalt macht, ein Organ zu bilden, mittelst dessen ein zweites Glied möglich wird, so treibt es weder an der Stelle, wo sich das Kotyledonarblatt mit dem Kotyledonarstiele, noch an derjenigen, wo sich der Kotyledonarstiel mit der Wurzel vereinigt, eine Knospe, sondern es bildet sich im Laufe der Wurzel ein kleiner Knollen, welcher immermehr zunimmt, allein in der Regel in dem ersten Jahre nicht austreibt. Erst im folgenden Jahre, nachdem schon zeitig im vorher- gehenden alle Theile des Pflänzchens mit Ausnahme des erzeugten Knollens geschwunden sind, entsteht am oberen Ende des letzteren ein Blatt, welchem bei Corvdalis in demselben Jahre kein zweites, bei den Arten von Bunium noch mehrere andere folgen. Wenn man von einem Federchen verlangt, dass es von der Kotyledonarmasse geschützt und am Grunde des Kotyle- donarstiels oder des Kotyledons selbst hervortreiben soll, so muss man diesen Gewächsen das Federchen gänzlich absprechen; sie besitzen bloss Knospen, aus welchen folia primordialia hervorgehen.“

Man sieht daraus, Berswarpı nahm den ganzen oder doch den bei weitem grössern unter- irdischen Theil für die Wurzel; er betrachtet den Stiel des Keimblatts als unmittelbare Fort- setzung derselben, indem er die Stelle übersah, wo schon so frühzeitig, wie bei andern Keim-

*) Dass auch diese im Wesentlichen sich ebenso verhalten, wie ich es bei C. Bulbocast. gezeigt habe, behalte ich mır vor, in einer Abhandlung, die ich binnen Kurzem dem bot, Publikum vorlegen werde, darzuthun. 7*

pflanzen überhaupt, sich die Plumula findet, die Stelle, an der auch das Keimblatt von der Keimachse abgeht und die also auch ganz der entspricht, wo bei anderen Pflanzen die Plu- mula auftritt. Er übersah auch in dem spätern Stadium des Knöspchens dessen unvollkom- mene Blattbildung, welche an die anderer Dicotyledonen, z. B. der Anemone Hepatica und des Asarum europaeum, erinnert.

Bersuarnı vermuthete, dass hinsichtlich der Keimung alle Arten von Bunium, die mit einer fast kugeligen Knolle versehen seien, mit Carum Bulbocastanum übereinstimmen möch- ten, und sicherlich wird eine Untersuchung derselben seine Vermuthung bestätigen. Er war der Ansicht, dass diese mit einem „embryo monocotyledoneus aptilus“ versehenen Arten von Bunium eine eigne Gattung bilden möchten. Die neuern Systematiker sind ihm hierin, und ich glaube, mit Recht, nicht gefolgt: Koch (synops. fl. germ. et helv.) stellt Carum Bulbo- castanum und das gleichfalls mit einer Knolle versehene C. divaricatum mit Carum Carvi in eine Gattung, bringt dagegen Bunium montanum, das gleichfalls eine Knolle hat, in eine eigne Gattung, freilich mit dem Bemerken, dass streng genommen die Gattungen Carum und Bunium zu vereinigen seien; er habe das erstere nur pietate quadam beibehalten. Der einzige Unterschied zwischen beiden beruht nach Koch in der Zahl der Streifen (vittae), indem deren bei Bunium drei, bei Carum nur eine in jeder Furche (vallecula) anzutreffen seien. GRENIER und Gopron (flore de france I, 729) fanden aber bei Bunium alpinum Warpst. et Kır. (B. petraeum Tex.) die Zahl der Streifen in einer Furche zwischen I—2 und 3 schwanken, und haben daher auch beide Gattungen in eine einzige, Bunium, zusammengezogen.

$. 7.

Chaerophyllum bulbosum zeichnet sich dadurch aus, dass die beiden Keimblätter eine ungemein lange Scheide bilden. Man hat wohl gesagt, es seien die Stiele der Keimblätter verwachsen *), allein das ist insofern nicht richtig, als die Scheide dadurch gebildet wird,

*) So Bernsarmı in der angeführten Abhandlung p. 607. Dasselbe Verhalten giebt er auch für Bunium Juteum und Smyr- nium rotundifolium an. Beankarnı ist übrigens der Meinung, dass bei diesen und einigen andern Pflanzen ‚‚die verwachsenen Kotyledonarstiele“ zum grössten Theile einen soliden Körper darstellen, der nur am Grunde eine Scheide bilde, während er bei anderen Keimpflanzen, z.B. bei Ferulago und Prangos die Scheidenhöhle erkannte. Er sagt in Bezug auf jene erstgenannten Pflanzen: „Dieser Fall ist besonders deshalb merkwürdig, weil in demselben das Federchen, wie bei den Monokotylen, aus einer Scheide hervortritt, und weil es die Zusammensetzung des Strünkehens (caulieulus) aus zwei verwachsenen Kotyledonar- stielen erläutert.‘“ Dass man, abgesehen von Anderm, den Spalt oder Riss, der in der That erst durch die stärkere Ent- wicklung der Plumula hervorgebracht wird, nieht mit der ursprünglich sich bildenden Scheidenöffnuug des ersten Blattes der monokotylischen Keimpflanzen vergleichen darf, bedarf keines weiteren Beweises. Eine ältere Schrift von Frieor. Wıra. Lonoes dissertatio de Chaerophyllo bulboso, Goettingae 1801, enthält nichts Bemerkenswerthes über die Naturgeschichte dieser Pflanzen, mindestens eben so viel wusste schon Crusıus, hist, p. CC. Er nennt die Pflanze Cicularia pannonica, weil sie ausser der Aehnlichkeit in der Tracht auch darin einige Aehnlichkeit mit der Cicutaria vulgaris (Conium maculat.) babe, dass sie nicht ganz unschädlich sei, indem ihr häufiger Genuss Kopfweh verursache.

BREnL. TSORERN

dass sie, ohne aus getrennten Theilen bestanden zu haben, an ihrer organischen Basis (den im Boden befindlichen Bildungsgürtel beider Blätter) lange weiterwächst, ähnlich wie es bei dem einzelnen Keimblatte von Garum Bulboc. der Fall ist. Die Scheidenhöhle stellt hier eine äusserst feine, meist etwas zusammengedrückte Röhre, a in Fig. 29—34, dar, die bis hin- unter auf die Knolle verläuft, welche letztere sich in ganz ähnlicher Weise wie bei €. Bulboc. bilde. In den Wandungen der Scheidenhöhle finden sich hoch oben unter der Stelle, wo die Keimblätter frei aus ihr hervortreten, 6 Gefässbündel, Fig. 29. und 30.: zwei stärkere einander entgegenstehende, b, dem Mittelnerv der Keimblätter, Fig. 28., entsprechende, und vier schwächere. Je zwei der letzteren sind näher an einander gerückt; sie sind die Fort- setzungen der Seitennerven der Keimblätter. Weiter nach unten vereinigen sich die zwei zu- sammenstehenden schwächeren je zu einem, so dass nur noch vier Gefässbündel, Fig. 31—34., vorhanden sind. Auch hier entsprechen die stärkeren dem Mittelnerven. Alle diese Gefäss- bündel setzen sich in die Knolle fort, wo sie näher zusammentreten, Fig. 35. Im Grunde der Scheidenröhre findet man schon sehr früh, wo sich die Knolle kaum äusserlich bemerk- lich macht, die Plumula. Ihr erstes Blatt kreuzt sich, wie das allgemein bei den Pflanzen mit zwei Samenblättern ist, mit den letzteren, deren Mediane durch die stärkern Nerven des Scheidenkanals bezeichnet ist, Fig. 33. und 34. Dasselbe (Fig. 35.a), wie auch einige nach- folgende, sind Laubblätter. Durch stärkeres Auswachsen der Plumula wird die Scheide dicht über der Knolle auf eine längere oder kürzere Strecke zersprengt, und die Lanbblätter, oft nur eines, treten über den Boden.

Die Knolle stösst schon frühzeitig ihre eigentliche Oberhaut ab; sie verlängert sich in die Hauptwurzel, die sich meistens verästelt. Aus der Knolle treten Adventivwurzeln hervor; auch ist es gar nicht selten, dass aus der Scheide der Kotyledonenblätter, so weit sie im Boden befindlich sind, eine oder mehrere Adventivwurzeln, w in Fig. 27., hervortreten. Es ist also die Thatsache, dass das Keimblatt Wurzeln treibt, unter den Umbellaten keineswegs auf Carum Bulbocastanum beschränkt, sondern kehrt auch hier wieder; die Adventivwurzeln fehlen aber an der Kotyledonarscheide von Chaeroph. bulbosum, welche Niemand für ein Achsen- oder Wurzelgebilde ansehen wird, häufiger als an dem Kotyledonarstiele von Car. Bulbocastanum, weil sich bei jener Pflanze die Pfahlwurzel mehr zu verästeln und die Knolle mehr Nebenwurzeln zu treiben pflegt, als bei der letztern. An stärkern Keimpflanzen von Chaeroph. bulbosum, wie Fig. 27. eine solche darstellt, entbehrt übrigens die Kotyledonar-

scheide selten gänzlich der Nebenwurzeln*).

*) Adventivwurzeln direkt aus nicht abgeschnittenen Laubblättern, ohne dass sich erst eine Achsenanlage an diesen ge- bildet hatte, scheinen mir sonst zu den Seltenheiten zu gehören und nur ausnahmsweise vorzukommen. Bestimmt beobachtet habe ich sie bei Anemone silvestris, wo die Nebenwurzel aus dem im Boden befindlichen Stiele eines mit der Grundachse noch

in lebendiger Verbindung stehenden Blattes hervorgebrochen war und der Zusammenhang der Gefässbündel beider sich leicht

$. 8.

Im Laufe des Sommers sterben alle Theile der Pflanze, die über den Boden getreten sind, gänzlich ab, und die Knolle perennirt mit einem von einigen Schuppenblättern gebildeten Terminalknöspchen. Die Knolle selbst fand ich bald rundlich, Fig. 38., indem die Haupt- wurzel abgestorben war, oder mehr rübenförmig, Fig. 37., wo die Hauptwurzel frisch ge- blieben war. Im zweiten Jahre treiben die Knollen nach Entwicklung mehrerer grundständiger Laubblätter einen Blüthenstengel; doch ist das nicht immer der Fall, denn man findet nicht selten zweijährige Knollen, wie die in Fig. 37. und 38., die keinen Blüthenstengel, sondern nur grundständige Laubblätter treiben, ja manche sind dann kaum so gross wie eine Erbse, Fig. 40. Es ist also hier ebenso wie bei manchen andern monocarpischen Umbellaten *), die nicht immer im zweiten, sondern erst nach Verlauf von mehreren Jahren so weit erstarken, dass sie einen Blüthenstengel bilden, wonach sie dann gänzlich zu Grunde gehen.

$. 9.

Herr Prof. Kırscntecer hat in einem Aufsatze über die Keimung von Chaerophyllum bulbosum, der in der Flora vom Jahre 18945, Nr. 26. abgedruckt ist, dieselbe ganz anders be- schrieben, als es hier geschehen. Er sagt, dass man an den Keimpflanzen im April noch kein Knöspchen bemerke, obschon die Knolle sich zeige, und dass überhaupt zwischen den Kotyledonen kein Knöspchen vorhanden sei. Dasselbe erwachse vielmehr hier „ganz auf die Weise, wie das Knöspchen, welches aus der Basis eines in die Erde gesteckten Petiolus eines Blattes entsteht. Was ich als Kotyledonarscheide beschrieben habe, nennt KırscHLEGEr den cauliculus.“ Die ganze Ansicht, die in mehr als einer Beziehung sonderbar genannt wer- den muss und sich insofern selbst widerspricht, als zwischen den Keimblättern und der Knolle ein cauliculus angenommen wird, der doch nicht mit dem Stiele eines Blattes identisch ist, beruht sicherlich auf unvollkommener Beobachtung.

verfolgen liess. Vielleicht sind solche Adventivwurzeln in der That häufiger, wofern man nur genauer darauf achtet, Man sehe H. v. Most verm. Schr. p. 239. An abgeschnittenen, in feuchte Erde eingesetzten Blättern entstehen die Nebenwurzeln leicht, man vergl. H. v. Mont, Grundz. der Anat. u. Phys. der vegetab, Zelle, p. 107.

*) Zum Beispiel Angelica silvestris; man vergl, meine Bemerkungen in der Berl, bot. Zeitung 1851, Sp. 381. Es ge- hört zu diesen Pflanzen auch wahrscheinlich Pleurospermum austriacum,

Fig.

ur on

Erklärung der Abbildungen auf Taf. III,

. 1—26. Carum Bulbocastanum, die übrigen Figuren gehören mit Ausnahme von Fig. 39,

zu Chaerophyllum bulbosum.

. 1. Ganz junges Keimpflänzchen; k Stelle, unterhalb welcher sich die Knolle bilden

wird. HH Bodenhöhe,

. 2. Vergr. unterer Theil eines solchen Keimpflänzchens, Fig. 2. a nat. Grösse; o Scheiden- b) o

mündung des Keimblattes, Fig. 3. dieselbe von der Seite, 4. und 5. Etwas weiter vorgerückte Keimpflanzen, k Knolle, w Hauptwurzel, fr. Frucht- schaale. Anfangs Mai; man findet solche Zustände aber auch schon früher. Fig. 6.

vergr. Adventivwurzel aus dem unterirdischen Stiele des Keimblattes.

. 7. Ausgewachsene, starke Keimpflanze in nat. Gr.; Ende Juni. . 8. Vergrösserte Knolle und Basis des Keimblattes, o Scheidenmündung. Die Knolle

war noch nicht ganz ausgewachsen. Auf ihrer Aussenseite erkennt man die Längs-

spalten der ursprünglichen Oberhaut. Fig. 8.a Querdurchschnitt vergr., h Cambiumring.

. 9. Vergrösserter senkrechter Durchschnitt durch eine ganz junge Knolle und durch die

Basis des Keimblattes a, cl. $. 3. a’ Scheide des Keimblattes‘, o Mündung desselben, b erstes Blatt des Knöspchens, b‘ Scheidenseite desselben, e Rindenparenchym ohne,

f mit Stärkemehl, g Gefässbündel, h Cambium.

. 10. Ein solcher Durchschnitt durch eine etwas ältere Knolle, weniger vergr., w eine

Nebenwurzel.

. 11. Querdurchschnitt durch die Lamina des Kotyledonblattes, Fig. 12. dicht unter der-

selben durch den Stiel, Fig. 13. dicht über der Erde, wo der Stiel röthlich gefärbt ist, Fig. 14. unter der Erde, wo er weiss ist.

15—17. Völlig ausgewachsene Knollen; Fig. 18. der Gipfel einer solchen mit dem Knöspchen vergrössert; a Rest des Kotyledonarstiels, a‘ der Kotyledonarscheide, b

erstes, c zweites Blatt des Knöspchens. Mitte Juli.

ig. 19. Knolle, Ende des Novembers. Der Strich daneben zeigt ihre nat. Gr., a Rest des

Kotyledonarstiels, b einziges Schuppenblatt des Knöspchens; c Laubblatt, Fig. 20. dessen oberer Theil, Fig. 21. sein Scheidentheil.

22. Durchschnitt durch dieselbe Knolle und durch die Basis des ersten Laubblattes. Be- zeichnung wie in Fig. 19., a’ Rest der Scheide des Kotyledonen, c’ Scheide des ersten Laubblattes, d zweites Laubblatt, d’ dessen Scheide; g und h wie in Fig. 9.

. 23.

. 24.

. 26.

EN

. 28.

. 39.

. 36. ig. 37.

ig. 38. 0. 39. ig. 40.

re.

Mehrjährige Pflanze im ersten Frühling. Sie hat ein Schuppen- und zwei Laub- blätter, die noch nicht ganz entfaltet sind.

Vergr. Knospe einer einjähr. Pflanze im November. Sie hat 2 Schuppenblätter bc, und ein noch kleines Laubblatt d; a‘ Rest der Scheide des Kotyledonarblattes ; Fig. 25. schematische Darstellung der Blattstellung dieser Knospe. cf. $. 5.

Vergr. Querdurchschnitt durch die Knolle in Fig. 23. Die Punkte bezeichnen die Gefässbündel.

Starke Keimpflanzen von Chaerophyllum bulbosum, Mitte Mai. Die Knolle schon deutlich entwickelt, das Federchen noch nicht aus der Scheidenhöhle hervorgebrochen ; w Nebenwurzeln aus der Scheide.

Vergr. Querschnitt durch den Stiel der Keimblätter, Fig. 29. stärker vergr. Quer- schnitt durch die Scheide dicht unter dem Abgang der Stiele, Fig. 30. ein wenig tiefer, Fig. 31. noch tiefer, Fig. 32. unter dem Boden: a Scheidenhöhle, b Gefäss- bündel, das in die Mittellinie der Keimblätter verläuft, c Gefässbündel, von denen die seitlichen Gefässbündel der Keimblätter die Fortsetzung bilden. Fig. 33. Durch- schnitt durch die Scheide des Keimblattes und durch die Lamina des ersten Laub- blattes des Knöspchens; Fig. 34. der Stiel des ersten Laubblattes ist getroffen. Er ist mit drei Gefässbündeln versehen.

Senkrechter Durchschnitt durch die junge Knolle und die Basis der Kotyledonar- scheide, vergr., das erste Laubblatt des Knöspchens a ist nicht durch den Schnitt getroffen; übrige Bezeichnung wie in Fig. 9. und 10.

Vergr. Querdurchschnitt durch eine junge Knolle.

Zweijährige Pflanze, in nat. Gr., die drei Laubblätter abgeschnitten, die Schuppen- blätter schon zerstört. Mitte Mai. cf. &. 8.

Desgl. Es waren drei Schuppen- und drei Laubblätter vorhanden. cf. $. 8. Lamina eines Keimblattes von Carum Carvi.

Zweijährige Pflanze von Chaeroph. bulbos., zu Anfang des April, in nat. Gr., ab zwei vertrocknete, cd zwei noch frische Schuppen-, ef zwei Laubblätter.

ill. Bryonia, Mirabilis und Dahlia.

Hierzu Tafel IV,

$. 1.

Die rundlichen, fleischigen Keimblätter von Bryonia alba, Fig. 12., welche denen von Sieyos sehr ähnlich sind, haben einen deutlichen Stiel und stehen dicht am Boden, Fig. 11.c. An dem unteren Ende der hypokotylischen Achse, da wo sie in die sich mehrfach verästelnde Hauptwurzel h übergeht, bemerkt man einen kleinen etwas zugespitzten Vorsprung, wie einen solchen auch andere Cucurbitaceen bei der Keimung zeigen, man vergl. die Beschreibung, welche Tırrmann in seinem Werke ‚über die Keimung der Pflanzen, Dresden 1821“, von Cueurbita Pepo gegeben hat, sowie Bernnarnı 1.1. p.569. Die rasch auswachsende, epiko- tylische, etwas kantige Achse hat deutliche Internodien und in den Achseln aller Blätter finden sich kleine von Laubblättern gebildete Triebe; die Rankenbildung pflegt schon mit dem zweiten (Fig. 11.), zuweilen jedoch auch erst mit dem dritten und vierten Internodium einzutreten.

Im Laufe des Sommers, oft ziemlich spät, indem die hypokotylische Achse manchmal im Juli noch unverändert ist, schwillt die letztere in ihrem ganzen Verlaufe rübenförmig an und diese Anschwellung setzt sich auch mehr oder weniger weit hinab in die Hauptwurzel fort; die ursprüngliche Oberhaut wird dabei zersprengt und zersetzt sich, und der erwähnte, der äussern Rindenschicht angehörige Fortsatz verschwindet gänzlich. Da nun auch aus der Stelle dieht unterhalb der Kotyledonen Nebenwurzeln hervorbreehen, so ist jetzt weder äusser- lich noch innerlich eine Grenze zwischen der hypokotylischen Achse und der Hauptwurzel zu erkennen. Die Hauptmasse der Anschwellung wird durch das innerhalb des Cambialringes befindliche Parenchym gebildet, Fig. 14., in dessen Zellen sich das zarte, oft in Zwillings- körnern auftretende Amylum anhäuft,

Im Herbste stirbt der Stengel, welcher oft lang wird, ohne indess Blüthen zu bringen, bis zum Ansatz der schon früher abgestorbenen und verwesten Keimblätter gänzlich ab und hinterlässt auf dem Gipfel der Rübe eine undeutliche Narbe. Die Pflanze perennirt nun durch die Knospen, welche sich früh schon in den Achseln der Keimblätter gebildet hatten, im Laufe des Sommers aber nicht ausgewachsen sind, k in Fig. 13. Neben der stärkeren Hauptknospe,

Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 2r Band, Is Quartal. 8

ie Di

K in Fig. 15., findet man nicht selten auf beiden Seiten je eine Beiknospe k, und deren mögen wohl an kräftigeren Exemplaren noch mehr vorkommen. Die Knospen werden von dicht auf einander liegenden, auf der etwas gewölbten Aussenseite mit Härchen, die am Rande wimper- artig hervortreten, reichlich besetzten Schuppenblättern, Fig. 16., gebildet.

In den spätern Jahrgängen verdicken sich die perennirenden hypokotylischen Theile all- mählich mehr und mehr und erreichen bei einer entsprechenden Länge manchmal die Stärke eines Mannesarmes; ein oder einige Seitenäste der Wurzel pflegen sich gleichfalls zu verdicken, so dass dieselbe gespalten erscheint. Auf dem Gipfel der Rübe, da ;wo die älteren abge- storbenen Stengel, Fig. 17.A, von ihr abgegangen sind, brechen dann alljährlich oft in grosser Anzahl und ohne dass ich eine bestimmte Ordnung wahrzunehmen vermochte, die Anlagen zu neuen Stengeln, B, die gleichfalls eine unvollkommene Blattbildung besitzen, hervor.

$. 2.

Eine sehr grosse Aehnlichkeit in der Keimung und Weitererbildung hat mit der Zaun- rübe die Mirabilis longiflora und sicherlich auch M. Jalapa, welche letztere ich jedoch noch nicht untersucht habe. Auch bei der erstgenannten Art findet man an der Keimpflanze, so- bald sie aus der Fruchtschaale heraustritt, die hypokotylische Achse, Fig. 18.s, von der Haupt- wurzel h, von welcher Fig. 19. einen etwas vergrösserten Querschnitt zeigt, durch einen Vor- sprung, Fig. 18.f, abgegrenzt. Dieser letztere tritt an etwas weiter vorgerückten Keimpflanzen noch stärker hervor, Fig. 21.f, und man könnte meinen, er bilde das eigentliche Ende der Keimpflanze nach unten; allein man überzeugt sich durch einen senkrechten Schnitt durch denselben, Fig. 20., dass in ihn selbst gar keine Gefässbündel eintreten, indem er nur von Parenchym gebildet wird, sondern dass die Gefässbündel und der sie einschliessende Gambial- ring sich direkt aus der hypokotylischen Achse in die mit zahlreichen Papillen besetzte Haupt- wurzel fortsetzen und dass diese letztere durch den Fortsatz F nur etwas seitwärts geschoben worden ist. Dieser verschwindet hier gleichfalls, wenn die hypokotylische Achse, welche bald Nebenwurzeln treibt, im Laufe des Sommers sich verdickt; manchmal wird nur diese Achse rübenförmig, ja sie nimmt manchmal eine kugelige Gestalt an. Doch erstreckt sich, unter ganz denselben Erscheinungen wie bei der Zaunrübe (die Rinde ausserhalb des Cambium- ringes c in Fig. 23. ist hier auch der weniger entwickelte Theil, innerhalb jenes Ringes stehen ziemlich unregelmässig vertheilt zahlreiche Gefässbündel), in der Regel die Anschwellung bis hinab in die Hauptwurzel, Fig. 22.

Die perennirenden Knospen, von kleinen Blättchen gebildet, stehen auch hier in den Achseln der bekanntlich grossen, langgestielten Keimblätter; nach dem Absterben der letzteren sitzen sie auf dem Gipfel der fleischigen Achse auf, k in Fig. 22. Ganz ähnlich gebildete

Knospen finden sich übrigens auch in den Achseln der unteren Stegelblätter, un d es ist wohl nicht zu bezweifeln, dass sie, falls man die Exemplare nur hoch genug mit Erde bedeckte und an einem frostfreien Orte aufbewahrte, gleichfalls im folgenden Jahre zu Stengeln aus- wachsen würden. Das auf das Mutterblatt einer solchen Knospe, k in Fig. 24., folgende Stengelglied ist an seiner Basis i (Fig. 25. Querschnitt durch dieselbe) etwas angeschwollen, wodurch die Erhaltung der Knospe gesicherter erscheint.

'

$. 3.

In mehr als einer Beziehung anders verhält sich die Georgine. Die Früchte der in Fol- gendem nach Keimung und Weiterbildung der unterirdischen Theile beschriebenen Pflanze er- hielt ich übrigens unter der Bezeichnung Dahlia rosea; die Exemplare blieben, auch wenn sie zur Blüthe gelangten, sehr niedrig, und es wäre wohl möglich, dass sie zu einer andern als der gewöhnlich bei uns cultivirten Art gehörten; doch bin ich fest überzeugt, dass diese letztere in der Keimung und Knollenbildung nicht wesentlich abweicht, und die Vergleichung der aus Stecklingen gewonnenen Exemplare derselben mit der von mir untersuchten Pflanze in mehrjährigen Exemplaren zeigten hinsichtlich der unterirdischen Theile durchaus nichts Ab- weichendes. Ich bemerke auch im Voraus, dass ich die Exemplare in Töpfen, mit magerer Erde gefüllt, cultivirte, wobei sie weniger kräftig wurden, aber auch alle Erscheinungen deutlicher erkennen liessen, als es der Fall ist, wenn man Pflanzen im Freien in nahrhafter Gartenerde zieht.

Die Früchtehen keimten, nachdem sie nur kurze Zeit im Boden gelegen hatten, mit schmal eiförmigen, langgestielten Keimblättern, Fig. l1.c. Die hypokotylische Achse s, in der vier Gefässbündel, Fig. 4., auftreten, von denen zwei in ihrer Stellung der Mediane der Keim- blätter, zwei deren Verbindungslinie entsprechen, geht in die sich reich verzweigende, aber nirgends anschwellende Hauptwurzel h über. Alle Internodien oberhalb der Keimblätter sind deutlich entwickelt und bringen fiedertheilige Blätter. Schon in der ersten llälfte des Juni, wo die Keimblätter noch ganz vollständig erhalten waren, bemerkte ich an manchen Exem- plaren, während oft andere, ebenso starke noch keine Spur davon zeigten, unterhalb der In- sertion der Kotyledonen, welche eine niedrige Scheide bilden und in deren Achseln sich je ein aus zwei opponirten Schuppenblättern bestehendes Knöspchen, Fig. 5., findet, an der im Boden stehenden Achse eine Anschwellung, n in Fig.2., als den Anfang zu einer knolligen Nebenwurzel, welche das sie bedeckende Rindenparenchym hervorgedrängt hat, Fig.3. An anderen, zuweilen bezüglich ihrer Stengelbildung noch nicht so weit vorgerückten Pflänzchen war eine solche Nebenwurzel, an ihrem Grunde von dem durchbohrten Rindenparenchym (der Co- leorrhiza) umgeben, bereits hervorgetreten, Fig. 1.n. Diese fleischigen Nebenwurzeln brechen

g+

(nach der Stellung der bei ihrer Bildung betheiligten Gefässbündel) bald unter der Rückseite der Keimblätter, Fig. l1., bald unterhalb der Mitte ihrer Scheide, Fig. 2. und 3., hervor. Manchmal bilden sich zwei Nebenwurzeln, bald mit, bald nach einander, bald von gleicher, bald von ungleicher Stärke. An üppigeren Exemplaren mögen wohl noch mehr auftreten.

Die knolligen Wurzeln wachsen rasch weiter, und schon nach einigen Wochen, wo die Kotyledonen gewöhnlich abgestorben sind, haben sie die Länge von einigen Zollen erreicht, Fig. 6. und 7. Ihre Form ändert ab: bald sind sie mehr walzlich und verschmächtigen sich allmählich in die Spitze, oder die letztere erscheint mehr abgesetzt, indem sich die Hauptmasse nach unten keulenförmig verdickt. Die Rindenschicht hat an der Darstellung der Knollenwurzel den geringeren Antheil, Fig. 9 An der Hauptwurzel bemerkt man keine weiteren Verände- rungen, ebenso ist es an der hypokotylischen Achse; nur schwillt dieselbe an der Stelle unter- halb der Kotyledonar-Knospen, wo die fleischigen Nebenwurzeln entspringen, etwas an, und die ursprüngliche Oberhaut wird dann hier allmählich zerstört. Jene Knospen selbst vergrössern sich etwas, zeigen aber auch dann nur paarweise sich kreuzende, niedrige Schuppenblätter , Fig. 8.

Im Herbste stirbt allmählich die Hauptwurzel ab, ebenso die hypokotylische Achse bis auf die vorhin erwähnte angeschwollene, kurze Strecke. Die epikotylische Achse, mag sie nun, was bekanntlich in der Regel schon im ersten Jahre geschieht, Blüthen gebracht haben oder nicht, geht gleichfalls zu Grunde; ihre holzige, oft dicke Basis widersteht aber der Ver- wesung und bleibt deshalb mit den perennirenden Knospen und den Knollen im Zusammenhang; ein schwaches Exemplar im Herbstzustande zeigt Fig. 10., es war nicht zur Blüthe gelangt. An anderen hatte sich die Partie unter den Knospen und zwischen den Wurzelknollen mehr in die Breite entwickelt und war etwas fleischig geworden (den Anfang dazu erkennt man bereits in Fig. 6. und 7. bei x), und aus derselben waren längere und stärkere Nebenwurzeln hervor- gegangen, und ausser den beiden Hauptknospen waren an verschiedenen Stellen jenes Achsen- theils, oft truppweise Adventivknospen von verschiedener Ausbildung, manche selbst mit ge- streckten Internodien hervorgegangen. Manche Nebenwurzeln, die aus derselben Region ihren Ursprung genommen haben, bleiben dünn fadenförmig und unterliegen dann im Herbste gleieh- falls dem Verderben. Nach der Darstellung des Herrn Professors SchLewen (w. Bot. Il. p- 214 der 2. Ausg.) entwickelt sich die hypokotylische Achse auch auf eine weitere Strecke hinab knollenförmig; konstant ist dies aber sicherlich nicht. Es ist auch wohl möglich, dass, wenn die Keimpflanzen beim Versetzen bis über den Ansatz des ersten Laubblattpaares in den Boden kommen, die Knospen in den Achseln desselben perenniren und unterhalb seines Än- satzes sich leischige Nebenwurzeln bilden. Ich selbst untersuchte nur Exemplare, die nicht verpflanzt worden waren.

Im zweiten Jahre wachsen die überwinterten Knospen zu Stengeln aus, aus deren Basis dann wiederum fleischige Nebenwurzeln, oft in einigen Reihen übereinander hervorbrechen,

ea

während die vorjährigen allmählich zu Grunde gehen, (man vergl. auch die Angaben des Hrn. Professors Kürzıng, phil. Bot. II, 159). An den unterirdischen Achsengliedern der neuen Stengel entstehen dann abermals perennirende Knospen; zu den normalen Hauptknospen eines Blatt- knotens kommen oft seitenständige accessorische und auch Adventivknospen, alle in gar ver- schiedenen Graden der Ausbildung. Letztere erscheinen oft sehr spät, erst mit dem nächsten Frühjahr, wo die Knollen wieder in das Land gepflanzt werden, und auch nicht selten auf der angeschwollenen Stelle, wo die knolligen Wurzeln von der Stengelachse abgehen. Auf dem unteren Verlaufe der Wurzelknollen sah ich keine Knospen entstehen; etwas unterhalb ihrer Verbindung mit der ‘Achse abgeschnitten und in den Boden gepflanzt irieben sie zwar Wurzeln, brachten aber keine Achsentheile hervor *).

Wie man sieht, dienen bei der Georgine fast ausschliesslich die Wurzelknollen zur Auf- speicherung der Nahrungsstoffe‘- während der Winterruhe. Hierin so wie in der Vergänglichkeit der Knollen gleicht unsere Pflanze den Ophrydeen; sie unterscheidet sich aber wesentlich von ihnen, da die Kuolle nicht aus der Achse der perennirenden Knospe, sondern aus der Mutterachse dieser letztern entspringt, ähnlich wie es bei Spiranthes autumnalis der Fall st. Auch mit Valeriana officinalis, mindestens während dem ersten und zweiten Lebens- jahre derselben (man vergl. die Beschreibung ihrer Keimung in meinem Aulsatze über die einheimischen Valeriana-Arten in diesen Abhandlungen Jahrgang 1853, Quartal 3) hat die Georgine bezüglich ihrer Erhaltung grosse Aehnlichkeit, doch ist es dort die terminale Knospe, welche ausdauert. Von Bryonia entfernt sie sich hauptsächlich dadurch, dass nicht wie bei der genannten Pflanze durch die hypokotylische Achse und durch die sich ihr an- schliessende Haupt-, sondern durch eine oder mehrere Adventivwurzeln die Erhaltung der Knospen vermittelt wird, und dass bei Bryonia jene beiden Theile selbst lange ausdauern und in die Länge und Dicke weiterwachsen, wogegen die Knollen der Georginen je in der zweiten Vegetationsperiode zu Grunde gehen.

Erklärung der Abbildungen auf Taf. IV.

Fig. 1—10. Dahlia rosea. Fig. 1. Keimpflanze, nat. Gr., Anfangs Juni. a erstes Internodium des Stengels, bei b sind

die ersten Laubblätter abgeschnitten, c Keimblätter, s hypokotyl. Achse, h Haupt- wurzel, n fleischige Nebenwurzel.

Fig. 2. Ein Theil einer Keimpfl. aus derselben Zeit, etwas vergrössert; die Nebenwurzel n hat das Rindenparenchym noch nicht durchbohrt, o Scheidenrand der Keimblätter.

*) Es stimmen hiermit die Erfahrungen bewährter Blumenzüchter überein, man vergl. Bosse’s Handb. der Blumengärt- nerei, ll, 522 der ersten Ausgabe.

zu WR

. 3. Senkrechter Durchschnitt durch eine solche Nebenwurzel, vergr. v die Scheide der Keimbl. ‚4. Etwas vergr. Querschnitt durch die hypokotylische Achse. .5. Das Knöspchen in der Achsel eines Keimblattes, welches bei c abgelöst wurde.

Etwas vergrössert.

‚6. Unterer Theil einer Keimpflanze in nat. Gr., die Kotyledonen waren abgestorben, k

deren Knöspchen. Mitte Juli.

Fig. 7. Desgl. mit zwei Nebenwurzeln, einer fast ausgewachsenen N und einer noch ganzjungen.n. Fig. S. ein vergr. Knöspchen derselben; Fig. 9. ein etwas vergr. Querschnitt durch die fast ausgewachsene Knolle, c Cambialring, in Mark. Bei stärkern Knollen ist die Ver- theilung der Gefässbündel, welche durch Punkte angedeutet sind, nicht so übersichtlich.

Fig. 10. Eine ziemlich ausgewachsene Keimpfl., die nicht zur Blüthe gelangt war, Mitte November.

Fig. 11—17. Bryonia alba. N

Fig. 11. Der untere Theil einer ®, Fuss hohen Keimpflanze, in der Mitte des Juli, wo die

Keimblätter bei c schon abgestorben waren. H Bodenhöhe, f Vorsprung an der Basis der hypokotylischen Achse, z erste Ranke.

. 12. Keimblatt.

13. Unterirdischer Theil einer ziemlich kräftigen Keimpflanze, im August. Ebenso starke findet man zuweilen schon im Juli, Fig. 14. Querschnitt durch die angeschwollene Partie, ce Cambium.

. 15. Oberster Theil der hypokot. Achse, Ende September. Der absterbende Stengel

gänzlich entfernt, c Stelle, wo das eine Keimblatt gesessen: K Haupt-, k Beiknospen.

. 16. Etwas vergr. Knospenblatt, . 17. Oberster Theil der hypokotyl. Achse einer älteren Pflanze, Mitte Februar aus dem

Boden genommen. A Stelle, wo die abgestorbenen Stengel standen, B neue Triebe.

. 18—25. Mirabilis longitlora. . 18. Keimpflanze, welche eben erst von der Fruchtschaale sich befreit hatte, Anfangs Juni.

Die Keimblätter c sind noch nicht auseinander gelegt, Bezeichnung wie in Fig. 11.

g. 19. Vergr. Querschnitt durch die junge Hauptwurzel, Fig. 20. senkrechter Durchschnitt

durch den Vorsprung f.

g. 21. Theil einer etwas weiter ausgebildeten Keimpflanze, die Kotyledonen und zum Theil

die Hauptwurzel sind abgeschnitten, der Stengel war noch nicht ausgewachsen.

. 22. Ende Juli, k Knöspchen in der Achsel des einen, bereits zerstörten Keimblaltes,

Fig. 23. etwas vergr. Querschnitt durch die Rübe, ce Cambium.

. 24. Theil der Stengelbasis einer schwachen Pflanze, Ende September, k Knöspchen in

der Achsel eines abgestorbenen Laubblattes, i Basis des nächsten Stengelzliedes. Fig. 25. Querdurchschnitt durch dieselbe.

Vierteljahrsbericht über die Sitzungen der naturforschenden Gesellschaft zu Halle.

Erstes Vierteljahr 1854.

Vorsitzender Direktor Herr Prof. Burmeister.

Sitzung vom Tten Januar.

Für die Bibliothek der Gesellschaft waren eingegangen: Jahrbücher der K, K. geologischen Reichsanstalt IV, 2. 1853. Mittheilungen der K. K. mährisch-schlesischen Gesellschaft des Ackerbaues, der Natur- und Landes-

kunde. 1850. 3 Hefte. 1851. 4 Hefte, gr. 8. 1852. 1 vol. 4. 1853. Nr. 1—26.

Abhandlungen der K. Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Prag. 5. Folge. Vol. VI. 1551—1852. Oefversicht af kongl. Vetenskaps-Academiens Förhandlingar. Stockholm 1852. 8.

Kongl. Vetenskaps-Akademiens Handlingar for Ar 1551.

Acta regiae societatis scientiarum Upsaliesis. Ser. III. vol. I. fasc. 1. 1851. 4.

In den Begleitschreiben der HsH. s. t. W. Hamıncer vom 29. Septbr., W. €. WEEBER vom 12. Septbr., W. R. Weıtenweger vom 11. Octbr., P. F. Wantpers vom 1. Nvbr. und E. Fries vom 27. Nvbr. 1853. wird der Empfang der „Abhandlungen“ I. 1. der Gesellschaft zur Anzeige gebracht.

Hr. H. Girarp, Prof. der Mineralogie. hierselbst, wurde als neues Mitglied aufgenommen.

Herr Prof. Burmeister sprach über den bekannten, in allen wärmeren Gegenden Amerikas einheimischen Sandfloh (Pulex pene- trans) und theilte seine Beobachtungen während seines Aufenthaltes in Brasilien darüber mit. Die In- dividuen, welche sich in die Haut des Menschen, besonders an der Fusssohle und an den Zehenspitzen, zuweilen aber auch an der Hand einbohren, sind sämmtlich befruchtete Weibchen, welche diese Stelle erst aufsuchen , um für die Entwickelung ihrer ungeheuren Eiermasse einen geeigneten Aufenthaltsort zu beziehen. Die Anschwellung des Thieres, welche sich bis zur Grösse einer kleinen Erbse steigern kann» ist lediglich Folge der wachsenden Eier und geschieht durch Ausdehnung der weichen Bindehaut zwi- schen dem Brustkasten und dem Hinterleibe; die Ringe des letzteren bleiben in der Mündung des Haut- stiches stecken, {während der Kopf mit dem Brustkasten am entgegengesetzten Ende der Blase sich be- findet und tief in der Haut liegt, wobei den alten Exemplaren die Beine abbrechen. Ob die reifen Eier

Abh. d. Nat. Ges. zu Halle, 2r Band, Sitzungsber. 1

= MB =

ausgestossen werden, oder im Leibe auskriechen und erst die ausgeschlüpften Maden die Bruthöhle der Mutter verlassen, ist noch nicht mit Sicherheit bekannt; indess versichern die Brasilianer, dass man in sehr grossen, alten Flohblasen kleine Würmer finde. Dies spräche für die Ansicht, dass nicht die Eier gelegt, sondern erst die Maden geboren werden. Die weitere Entwickelung erfolgt offenbar ausserhalb der Bruthöhle und dürfte, der Analogie nach, in stinkenden Jauchen oder vielleicht gar in den Exere- menten der Hausthiere vor sich gehen ; wenigstens findet man den Floh grade bei den Schweinen fast beständig, weniger allgemein an Hunden. Dass das Thier ein weiblicher Floh (Pulex) und nicht eine Milbe (Acarus) ist, leidet keinen Zweifel; die Schriftsteller, welche ihn zu einer Milbe machen, ver- wechseln ihn mit den ebenfalls bei Menschen in die Haut sich einbohrenden Carapatos (Ixodes); ob er aber mit dem gemeinen Floh (Pulex irritans) in dieselbe Gattung gehöre, scheint weniger wahrschein- lich. Nach den Untersuchungen des Ref. hat er zwar ähnliche Fühler, Kiefer und Taster, aber eine an- ders gebaute Unterlippe, an welcher die Taster zu fehlen scheinen. Dadurch tritt der Sandfloh um einen Schritt näher an die Pupiparen, mit denen überhaupt die Gruppe der Flöhe am nächsten ver- wandt sein möchte. Auch haben schon Westwoon und Gurrın auf den Sandfloh eine eigne Gattung gegründet, die ersterer Sarcopsylla, letzterer Dermatophilus nennt. Dieser Name dürfte, als der ältere, den Vorzug verdienen. ‚Vgl. Gurrın, Icon. d. Regn. anim. Ins. tb. 2. (1836) mit zugehörigem Text und Westwoon, Trans. Ent. Soc. I. 196. figd. (1839). Schliesslich erläuterte Ref. die von ihm vorgelegten und angefertigten, sehr vergrösserten Abbildungen des Thieres, seiner Mundtheile und seiner Verdau- ungsorgane, welche letztere ganz mit dem Darme des gemeinen Flohs und der Dipteren im’ Allgemeinen har- moniren, und versprach, eine ausführlichere Abhandlung für die Gesellschaftschriften nächstens einzu- liefern. Herr Prof. von SCHLECHTENDAL

legte 2 ästige Roggenähren vor, von denen die eine bei Zörbig auf Hoheboden gewesen war, die an- dere auf einer Brandstelle bei Salzbrunn in Schlesien gefunden und von Herrn Grafen HEnckEL von Donnersameck ihn mitgetheilt war, und erinnerte dabei an ähnliche Erscheinungen einmal bei andern Getreidearten, (seltener bei der Gerste, häufiger bei verschiedenen Weizenarten, dei welchen sie sogar eine ziemliche Beständigkeit zeigt, da der Wunderweizen (Trit: ergitum, compositum) sich bei der Aussaat, wenn die Verhältnisse nicht zu ungünstig sind, erhält), sodann aber auch bei wildwachsenden Gräsern; näm- lich häufig und mit mannigfaltigen Veränderungen bei dem englischen Raigrase (Lolium perenne) und sel- tener bei der Quecke (Agropyrum repens). Bei allen diesen Gräsern ist eine sogenannte Achse vorhan- den, ein Blüthenstand, welcher aber nicht demjenigen entspricht, welchen man sonst in der botanischen Terrminologie mit diesem Namen zu bezeichnen pflegt. Es stehen nämlich hier an allen Gliedern der kurzgegliederten Achse sogenannte Aehrchen, d.h. kleine Zweige, welche eine bei vielen Blumen tragen und einzeln oder zu einigen bei einander auf den Absätzen der Spindel stehen. Wachsen diese Zweige weiter aus und bedecken sie sich mehr oder weniger auch mit Aehrchen, so ist ein solcher ästiger Blüthenstand vorhanden, der offenbar seine Ursache in eiuen üppigen Wachsthum, hervorgerufen durch besondere Eigenschaften des Bodens haben muss. Natürlich werden bei einer solchen stärkern Ernäh- rung besonders die untern Aestchen veranlasst sich stärker auszubilden, da ihnen die Nahrungsstoffe zu- nächst zukommen und man findet daher die Artbildung auch meist immer an dem untern Theile des Blüthenstandes, während der obere in seiner ursprünglichen Einfachheit verbleibt. Merkwürdig ist es, dass manche Gräser geneigter zu einer solchen Fortbildung sind, als andere und manche sie noch nicht

ur

zeigten. Bei dem Roggen ist diese Erscheinung einer ästigen Aehre nicht häufig, doch führt Krause in seinem Werke: Abbildungen und Beschreibung aller bis jetzt bekannten Getreidearten einige Fälle auf und giebt auch eine Abbildung eines solchen, bei welchem zwei lange Aeste vom untern Ende der ur- sprünglichen Aehre entstanden sind, während bei der vorgelegten eine grosse Menge von Seitenästen den grössern Theil der eigentlichen Aehre bedeckten. Ob auch der Fall vorkommt, dass durch eine Theilung des Stengels selbst, ohne dass dieselbe von einer Blattbildung abhängig sei, zwei oder drei Aehren auf einem Halme stehen, ist nicht gewiss, da wahrscheinlich immer, wo von einer solchen Bildung die Rede zu sein scheint, eine wahre Astbilduug stattfinden dürfte. Bei dem englischen Raigrase sind es nicht immer die untersten Aehrchen, welche zu Aesten anwachsen, sondern zuweilen nur einige in der Mitte der Aehre stehende. Bei der Gerste, wo drei Aehrchen auf jedem Spindelgliede bei einander gestellt sind ist das Auswachen in Aeste selten, Krause bildet einen solchen Fall ab, wo nur am Grunde der Haupt- ähre eine ihr an Länge und Grösse fast ganz gleiche gebildet ward. Beim Weizen hat man fast bei allen Arten dies Bestreben Aeste zu bilden gefunden. Wenn es gleich möglich erscheint, durch Cul- tur auch einen Wunderroggen zu erzielen, so steht doch zu befürchten, dass die dadurch hervorge- brachte Mehrzahl von Blumen an einer Aehre schwächere Körner als bei einer einfachen ausbilden möchte da auch an den vorgelegten ästigen Aehren sich die Körner durch geringere Grösse nicht vortheilhaft auszeichneten.

Sitzung vom 21ten Januar,

Für die Bibliothek der Gesellschaft waren eingegangen: v. SCHLECHTENDAL Linnaea. IX. 6. 1852. I. Vieror Carus, Ueber die Werthbestimmung zoologischer Merkmale. Leipzig 1854. 4. Ju. Anprae, Ergebnisse geognostischer Beobachtungen in Steiermark. A.d. Berichten des geognostisch-

montanistischen Vereins für Steiermark.

Herr Professor BurmEISTER

berichtete in Anschluss an seinen Vortrag vom 17. Dec., dass die von ihm aus Brasilien mitgebrachten Murinen nunmehr allseitig untersucht und durch gelungene Aufstellung in der Sammlung auch die Zahn - und Schädelbildung jeder einzelnen Art zu seiner Kenntniss gelangt sei; er besprach die daraus gewonnenen Resultate nochmals im Allgemeinen, erwähnte, wie ihm durch Uebersendung der wichtigsten Präparate der Berliner Sammlung vom Hrn. G. R. Lichtenstein auch über dessen Arten genügende Aus- kunft geworden sei und übergab endlich die nachstehende kritische Uebersicht der von ihm genauer un- tersuchten brasilianischen Murinen.

Wie bereits früher erwähnt wurde, sind die gegenwärtig in Brasilien ansässigen Murinen theils eingewanderte, theils ursprüngliche Bewohner; jene gehören der Gattung Mus im engeren Sinne an, diese sind hauptsächlich zur Gattung Hesperomys zu stellen.

I. Eingewanderte Murinen. Gatt. Mus Lin.

Von den Arten dieser Gattung habe ich 4 Spezies in Brasilien beobachtet.

1. Mus decumanus Par. Le Surmulot Burr. kommt in Rio de Janeiro nicht bloss in der Stadt, sondern auch an vielen Orten in der Provinz vor; ich erhielt mehrere Individuen in Neu-Freiburg, wo die Art sehr gemein war. Jm Ganzen habe ich weder so grosse, noch so entschieden gelblich gefärbte Individuen gesehen, wie die alten Individuen Europas; doch wohl nur desshalb, weil es meistens Junge Thiere waren, die ich bekam.

1?

a A

2. Mus leucogaster Pıcr. Notic. s. ], Anim. nouv. ou peu connus du Mus. de Geneve I. 19. pl. 6.

In einer einsamen Pflanzerwohnung des Thales von St. Jose, nördlich von Neu-Freiburg , erlegte mein Sohn ein weibliches Individuum, das. zwar schon geboren zu haben scheint, weil die Zitzen sehr stark entwickelt sind, aber doch nicht eben alt ist, denn der Grundton seines Pelzes ist oben blau- grau, nicht röthlich grau, wie Pıcrer das alte Thier darstellt. Ich hielt darum die Ratte anfangs für eine eigne Art, allein nachdem ich den Schädel untersucht und ein zweites brasilianisches Exemplar zur Ansicht von Berlin erhalten habe, das völlig mit der Abbildung dei Pıcrer übereinstimmt, bezweifle ich nicht mehr die Identität beider Rattenformen. Vor kurzem erhielt auch Hr. Dr. Kayser allhier in einer Sendung von Venezuela eben diese Ratte in mehreren Exemplaren.

3. Mus tectorum Sıv. An dem gelblichen Bauch und dem relativ viel längeren Schwanz ist diese Art leicht von den beiden vorigen zu unterscheiden. Sie erhält übrigens ihre Farbe auch erst sehr all- mälig, die jüngeren Thiere haben einen fast ebenso grauen Bauch wie die-Wanderratten. Die Dach- ratte ist besonders in Bahia, und im Innern von Minas geraes ansässig, man trifft sie hier in jedem Hause. Ihre verschiedenen Formen haben zu vielfachen neuen Namen Veranlassung gegeben. So be- schreibt sie Brants (Het. {Gesch.-d. Muizen. 108) als Mus flaviventris Licat. A. Wacner als Mus infuscatus (Schrb. Suppl. III. 445.) und Dr. Luxn als Mus setosus (Blik p. Bras. Dyrev. III. Till, 277). Selbst Pıcrer, der doch die Dachratte gut kannte, hat sie nicht blos nochmals als Mus rattoides be- schrieben, sondern auch in allen Lebensstadien abbilden lassen (Notic. etc. III. 45. pl. 16. 17). Seine Abbildung des alten Thieres ist sehr gelungen, die des jungen dagegen am Rücken zu dunkel und am Bauch zu hell; ich habe kein solch Individuum irgendwo angetroffen. Meine Exemplare haben einen sehr deutlichen dunkleren Augenkranz.

4. Mus Musculus Linn. Le Souris Burr. Ueberall gemein in jedem Hause, das älteren Ansiede- Jungen angehört. Im Gebiss von unserer Hausmaus nicht zu unterscheidet, der Pelz dagegen elwas feiner, kürzer, die Farbe mehr ins Gelhliche fallend.

I. Ursprüngliche brasilianische Murinen.

Man hat aus diesen Thieren dieeigne Abtheilung der Sigmodonten gebildet, welche sich von den altweltlichen Murinen oder Rattinen durch die Zahnbildung unterscheidet. Essind Murinen mit gesonderten Wurzeln an den Backzähnen, deren Mahlfläche im abgekauten Zustande eindringende vom Seitenrande ausgehende Schmelzfalten, aber nicht ganz durchgehende Schmelzschichten enthält. In frühester Zeit hat jeder Zahn beider Kiefer auf der Oberfläche zwei Reihen von kleinen Höcken, die etwas alternirend gegen einander stehen, und dürch niedrige Joche zusammenhängen. Die Höcker- und Faltenbildung ist nicht überall genau dieselbe und das hatte WATERHoUSE, der zuerst den Unterschied des Gebisses erkannte, bestimmt, mehrere verschiedene Gattungen aufzustellen. So weit meine Unter- suchungen reichen, lässt sich von den Gruppen: Oxymycterus, Scapteromys, Habrothrix, Calomys und Phyllotis, wozu Branpt und Wacner noch die Gruppe Holochilus gefügt haben, nur die erste scharf absondern; sie ist die einzige, bei welcher die Schmelzfalten gar nicht in die Substanz des Zahnes ein- dringen, sondern blosse Kneffen am Umfange des Zahnes bilden, die einander genau gegenüberstehen, also in gleicher Zahl auf beiden Seiten des Zahnes auftreten. Das ist wichtig und dieser Gruppe ausschliesslich eigen, die längeren stärkeren Krallen und den spitzen Krallnagel am Daumen hat sie mit Scapteromys gemein, aber dessen Zahnbau ist ein anderer, mir indessen unbekannt. Alle übrigen Gruppen haben tief in die Zahnsubstanz eindringende Falten, welche alternirend liegen und so gelege

RR

sind, dass oben die äusseren, unten die inneren sich mit der Spitze nach hinten krümmen, wäh- rend die kürzeren Faltender andern Seite ziemlich gerade bleiben. Die längeren Falten haben am äus- seren Umfange eine kleine Nebenfalte, die kurzen bleiben einfach, jene kauen sich früher ab und er- scheinen bei alten Thieren als Inseln auf der Mahlfläche, diese bleiben, länger und wie es scheint be- ständig wahre vom Rande ungetrennte, weiter klaffende, Falten. Solcher Falten hat der erste obere Zahn auf jeder Seite zwei, der untere dagegen innen. drei, aussen zwei; der zweite Zahn hat oben zwei Falten nach aussen, eine nach innen, unten ist es umgekehrt, innen zwei, aussen eine; der dritte Zahn verhält sich !/wie der zweite, ist aber stets kleiner und darum verschwinden seine Falten früher. In frühester Jugend, vor aller Abkauung, sieht‘man die Falten sehr wenig; dann treten die Höcker desto deutlicher hervor, und zwar 6 paarig von vorn nach hinten etwas grössere am ersten oberen, aber nur 5 am ersten untern-Zahn, 4 am mittlern jedes Kiefers, 3 am hinteren,

Nach diesen Angaben halte ich nur die Abtrennung von Oxymycterus als Gattung passend und ver- binde, der späteren Auflassung von WarterHovuse folgend, alle anderen Gruppen unter dem Gattungs- namen Hesperomys.

l. Gatt. Hesperomys War.

Wenn man sich durch Untersuchung des Gebisses überzeugt hat, dass die Murinen Süd - Amerikas eine eigenthümliche Gattung bilden, so findet man allmälig auch andere, äussere Unterscheidungsmerk- male. auf. Es gehört dahin die Form ihrer Oberlippe, welche schwächer gespalten ist und namentlich bei den grösseren Arten eine nackte Falte im Grunde der Spalte erkennen lässt, die beide Lappen zu- sammenhält. Ganz verschieden, namentlich-weicher, ist der Pelz beider Gattungen; die langen Grannen, welche sich besonders bei den ächten Ratten durch ihre Steifigkeit auszeichnen, und mitunter zu förm- lichen, gefurchten Stacheln werden, fehlen in dieser Form allen Hesperomys; sie besitzen nur feine, runde ,sehr zarte Grannen, die zwar in vielen "Fällen das übrige Haarkleid an Länge, aber nur sehr wenig an Steifigkeit übertreffen. Dann ist die Schuppenbildung ihres Schwanzes sehr viel kleiner, zierlicher und das Haarkleid des Schwanzes im Allgemeinen schwächer, weicher, obwohl nicht grade kürzer. Man sieht das wieder am deutlichsten bei den grossen Arten, wenn man ihren Schwanz mit dem gleichgros- ser Ratten der alten Welt vergleicht. Endlich haben die Hesperomys relativ längere Hinterbeine, na- mentlich längere Pfoten. Es steht indessen ihre Länge mit der des Schwanzes in einem augenschein- lichen Parallelismus; je länger der Schwanz, nm so längerauch die Hinterpfote; doch verkürzt sich die- selbe nie so stark‘, wie der Schwanz. Ihre Sohle ist an den von mir untersuchten Arten stets nackt, ich habe keine Maus mit behaarter Sohle gesehen; aber die hinterste Strecke unter dem Hacken ist schmäler und hier legen sich die Haare am Rande der Sohle nach unten und berühren sich, zumal bei getrockneten Exemplaren, fast mit der Spitze, Auf der nackten Sohle sind noch erhabene (vorn 5, hin- ten 6) schwielige Ballen angebracht. Die Männchen sind im Ganzen etwas grösser, als die Weibchen, haben lebhaltere hellere Farben, namentlich eine klarer gefärbte Bauchfläche und eine dicke Hodenan- schwellung unter dem After. Bei den Weibchen fand ich stets 10 Zitzen, die von der Achselgegend bis in die Weichen stehen, 5 an jeder Seite, 3 mehr nach vorn, 2 mehr nach hinten.

Die Eintheilung der Gattung in Gruppen ist nach dem Gebiss unausführbar, desshalb thut man bes- ser, andere Merkmale zur Festellung derselben, die indessen nicht ganz scharf ausfallen, zu benutzen.

I. Holochilus Branpr kann man die grossen Arten nennen, deren Oberlippe die beschriebene Bil- dung am deutlichsten zeigt; sie haben eine meistens sehr helle, röthlich gelbe oder gelbbraune Farbe,

u GE m

einen rein weissen oder blassgelben Bauch, lange sehr fein beschuppte Schwänze, lange Hinterpfoten und grosse breite Ohren. Dass der dritte Zahn des Oberkiefers grösser sei, als der zweite, scheint nur für die erste Art, deren Gebiss ich nicht untersucht habe, zu gelten; bei den von mir untersuchten fand ich diesen Zahn zwar grösser, als bei Calomys, aber nicht grösser als den zweiten. Die Falten- bildung ist sehr tief, aber sonst nicht wesentlich verschieden; im halbabgekauten Zustande hat der Zahn, ausser den beschriebenen Hauptfalten, noch Schmelzinseln zwischen ihnen, welche von den ursprünglich mit dem Umfange verbundenen Nebenfalten herrühren; bei noch älteren Exemplaren werden auch die grossen Falten zu Inseln. Ein augenfälligeres Merkmal der Gruppe sind die sehr breiten oberen Schneidezähne.

1. H. vulpinus Licur. Darstell. neuer etc. Säug. Taf. 33. Fig. 2.—M. brasiliensis Warern. Zool. of the Beagle II. pl. 19. Die grösste Art, grösser als eine Wanderratte, im erwachsenen Alter oben hell rothgelb, mit braunen Grannen, unten weiss; im jüngeren Alter oben bräunlicher, unten gräuli- cher.

Es gilt nämlich für alle Hesperomys, dass die jungen Thiere eine trübere Färbung haben, als die alten, weil der untere, schiefergraue Theil der Haare über die klarer gefärbte Spitze überwiegt. AIl- mälig wird nicht bloss die letztere länger, sondern auch die Schieferfarbe heller, an den weissen Stel- len ganz weisslich. Man kann darum nach der Farbe des Haargrundes keine Arten, wohl aber die Al- tersstufen einer Art einigermassen unterscheiden.

Die Art bewohnt das südliche Brasilien, nebst den La-Plata Staaten und geht bis Patagonien hinab.

2. H. robustus Nog. Etwas kleiner, aber doch völlig so gross, wie eine alte Wanderratte; der Pelz oben gelbbraungrau unten gelblich, die Pfoten weisslich. Von Pıerer (Notice. s. 1. Anim. nouv. d. Mus de Geneve, 53. pl. 12—14.) als Mus brasiliensis beschrieben. Junge Thiere sind auch bei dieser Art viel dunkler, aber mehr graubraun, als gelbbraun gefärbt. Die Art bewohnt das nordöstliche Brasilien, hält sich gern, wie die vorige, im Schilf am Rande von Gewässern auf, baut dort ihr Nest und ist wahrscheinlich Dr. Lunv’s Hesp. aquaticus (Blik. p. Bras. Dyrev. IU. Till. 279).

3. H. squamipes Lıcar. Brants Muiz. 138. 52. Kleiner als beide vorigen Arten, so gross wie M. rattus, oben lebhaft zimmtroth, an den Seiten mit Grau gemischt, unten gelblich weiss, die Kehle rein weiss. Ist wahrscheinlich: Holochilus sciureus Wacn. Schres. Suppl. UI. 553. n. Hol. An- guga Braxpr. Mem d. l’Ac. Imp. d. St. Petersb. Vi. Sec. Tom VI. 1835. 430. tb. 13. H. canellinus Wasn. Schres. Suppl. II, 552. 3. Letzterer auf ältere, ersterer auf jüngere Thiere gegründet, Minas geraes.

4. H. physodes Lıcur. Darst. etc. Taf. 34. Fig. 1. Hesp .russatus Wacn. Abh. d. Münch. Acad. v. 312. 6. Sehr lebhaft zimmtroth oben, unten rein weiss; Ohren sehr gross, bauchig, vorn stark behaart. Um !/, kleiner als die vorige Art. St. Paulo.

II. Calomys Waters. Kleinere Murinen mit sehr weichem meist langem Pelze, grossen bauchigen Ohren, langen feinen Schwänzen und langen Hinterpfoten, deren Farbe oben lebhaft rothbraun oder gelbbraun spielt, unten rein weiss oder blass gelb zu sein pflegt. Der Schädel von Calomys ist kürzer, gedrungener gestaltet, als der von Holochilus, welcher seinerseits ganz dem unserer Ratten ähnelt, aber relativ breitere Schneidezähne besitzt. Die Hirnkapsel hat bei Calomys eine entschieden stärkere Wöl- bung und die Leisten am Orbitalrande, welche beijHolochilus dick und stark aufgeworfen vortreten, bil-

a m

den bei Calomys nur eine scharfe Kante. Der hinterste Zahn des Oberkiefers hat eine sehr geringe Grösse, er ist fast nur halb so gross, wie der vorhergehende.

5. H. Anyuga Azarı, Quadr. II. 89. no. 48. Der Name Anyuga, den Azarı für diese Art vor- geschlagen hat, ist vielfältig verwendet und. durch Missdeutung von Azıra’s Beschreibung auf Arten sehr verschiedener Grösse übertragen worden; ich glaube, dass es noch einer umfassenderen Prüfung der Individuen bedarf, um das Chaos zu sichten. Als zusammengehörige Formen erscheinen mir Azsras M. Anyuga mit Desm. und Branors gleichnamiger Art; wahrscheinlich auch Pıcrers Anyuga in dessen No- tices etc. 61. pl. 15.; ferner H. leucodactylus Natt. Wacn. Münch. Acad. V. 312. 4.

6. Ob davon der Hesp. leucogaster Natt. Wacn. ]. ]. 306. 1. wirklich spezifisch verschieden ist, lass ich unentschieden, weil ich nur diesen H. leucogaster, nicht aber den ächten H. Anyuga aus eigner Ansicht kenne; zu H. leucogaster gehört wahrscheinlich H. vulpinus Luxo. ]. ]. Ich sah ein Exem- plar von St. Joäo del Rey in Süd-Minas.

7. H. mystacalis Luxv. 1. 1. 279. Eine ähnliche Art mit oben röthlichbraungrauem, unten weis- sem Pelze, leicht kenntlich an den langen, fast bis zur Körpermitte reichenden Schnurren und dem am Ende mit einem längeren Haarbüschel gezierten Schwanze. Dahin scheint zu gehören Hal. leucogaster Brinot. Mem. d. l’Ac. d. St. Petersb. etc. 428. 2. ıb. 12. und Rhipidomys leucodactylus v. Tschupr, Fn. per. 183. Taf. 13. Fig. 2.

8. H. laticeps Luxo ]. ]. 279. ist heller ‚gelblich grau, mit dickem Kopfe und langem Pelze, aber ohne Haarpinsel an der Schwanzspitze. Zu ihr gehört sicher H. subflavus Waen. Schreb. Suppl. IH, 539. 29. und vielleicht auch M. cephalotes Desw. Mam. 305, der auf Azarıs Cola igual al Cuerpo (Quadr. II. 87. no. 47,) sich stützt. Ich brachte 3 Exempl. von Lagoa santa mit.

Alle bisher aufgeführten Arten haben einen Schwanz vonderLängedesRumpfes,oder ein wenig drüber, auch wohl etwas drunter, aber beträchtlich ist der Unterschied nicht; es folgt nunmehr eine Reihe von Arten, deren Schwanz bedeutend, d.h. etwa um ein Viertel oder gar um ein Drittel, länger zu sein pflegt als der Rumpf. Das ist die Gruppe Eligmodontia Fr. Cuv.

9. H. pyrrhorhinus Pr. Max z. Wien. Beitr. z. Naturg. Brasil. II. 418. nebst Abbild. Fig. 27. an der rothgelben Schnautze bei übrigens graugelbem Rücken und weissem Bauch kenntlich. Rumpf 41“, Schwanz 7°/4“. Bahia.

10. H. longicaudatus WarerH. Zool. of the Beagle. I. 39. pl. 11. Unsere Sammlung besitzt

ET

ein Exemplar dieser Art, dessen Schwanz nicht volle beträgt, während der Rumpf mit dem Kopfe 31/2‘ misst; Waternouse hat 3°/,“ Rumpf-, 5'/3“ Schwanzlänge; Bexxer gar 3” Rumpf- 5/g‘“ Schwanz- länge. Chili.

11. AH. eliurus Natt. Wacn, Münch. Acad. Abh. V. 307. 2. ist oben rothgelber , unten blassgelber, aber nicht rein weiss, und sein Schwanz viel feiner behaart, sonst der vorigen Art sehr ähnlich. Da- hin gehört H. longicaudus Luxn. ]. ]. mit M. flavescens Pıcr. Notice. etc. 74. 9. Die Schwanzlänge ist auch hier etwas variabel ich finde 3%,“ Rumpf, 5“ Schwanz; Dr. Luxo hat Körper, 4 7 Schwanz; Pıcter 3'/,‘ Körper, 4“ Schwanz Minas geraes, Rio de Janeiro.

12. H. elegans Warern. Zool. of the Beagle. 1. 4. pl. 2. steht der vorigen Art höchst nahe, soll aber dicht behaarte Sohlen haben, was bei H, eliurus nicht der Fall ist, und ebenso wenig bei A. lon- gicaudatus. Dahin scheint zu gehören: Eligm. typus Fr. Cuv. Ann. de sc. nat. U. Ser. VII. 168.

u A

Mus nigripes Desu. Mam. 490. Coli largo Azara Quadr. II. 91. no. 49. und Muslongitarsis Rees. Säug. v. Parag. 232. Paraguay.

13. H. flavescens Warern. 1. 1. 46. pl. 13. ist auch eine solche langschwänzige, hoch gelbroth gefärbte Art, die Pıcerer mit H. eliurus verbindet, indessen ist ihr Schwanz beträchtlich kürzer, nach Warernouse misst der Rumpf 3%/,“, der Schwanz 4!/,“. Vom La Plata.

Eine dritte Reihe von Arten hat, bei übrigens gleich heller Färbung und weisslicher Bauchfläche, einen viel kürzeren Schwanz, der stets etwas hinter der Körperlänge zurücksteht und gewöhnlich nur dem Rumpfe ohne den Kopf an Länge gleichkommt.

14. H. .cinnamomeus Pıcrer. Notic. ete. 64. 6. pl. 19. Von Bahia, ganz rothbraun, der Bauch goldgelb, die Vorderpfoten weisslich, Rumpf 5'/,”, Schwanz 44,“. Mir unbekannt.

15. H. maculipes Pıcret, ibid. 67. 7. pl. 20. Eben daher ; oben graugelbbraun, unten rein weiss; Körper 5“, Schwanz 4"/,“. Nach der Abbildung mit H. expulsus verwandt, aber oben dun- kler, unten heller gefärbt. Mir unbekannt.

16. H. orobius Wacx. Schreb. Suppl. II. 533. 23. ist wahrscheinlich einerlei mit M. auritus Pıcr. 1. 1. 70. 8. pl. 18. und vielleicht auch Azara’s Agreste, Quadr. II. S. 94. no. 50. Ich brachte 2 junge Thiere von Neu-Freiburg, deren Bauch nicht so rein weiss gefärbt ist, wie ihn Pıicter’s Ab- bildung darstellt. ——

17. H. expulsus Luno. 1. 1, 280.; eine sehr zierliche Art, an dem weichen, kurzen Pelze von oben rothgelbgrauer, unten blassgelber Farbe kenntlich; der dicke Kopf verräth die Eigenthümlichkeit der Art; ein rein weisser Fleck hinter dem Ohr erinnert an H. bimaculatus WaATErn. Zool. of the Beagl. II. 43. tb. 3., der wahrscheinlich nur den Jugendzustand v. H. expulsus bezeichnet. Vielleicht ge- hört die auf jeden Fall nahe verwandte Mus laucha Desu. Mamm. 306. Azarı Quadr. II. 96. no. al. hierher. Ich erhielt in Lagoa santa 2 Exemplare.

18. H. lasiurus Lux. a. a. O. ist an dem langen zotligen Pelz und an den vielen langen feinen Grannen, die selbst dem Schwanz nicht fehlen , kenntlich; oben rothbraungrau, unten goldgelb, wie PıcTETS M. cinnamomeus, aber kleiner: Körper 4'/,, Schwanz 2"/,”. Auch von dieser Art bekam ich 2 Exempl. in Lagoa santa.

19. H. lasiotis Luno. a. a. ©. Gleicht durch den kurzen, anliegenden Pelz mehr dem H. expul- sus, ist oben hellgelbgrau, unten weiss gefärbt und besonders an dem schwarzbraunen Fleck vorn auf dem Ohr kenntlich. Rumpf etwa 3”, Schwanz 3!/,‘ lang. Dahin könnte Azarıs El blanco debaxo (Quadr. II. 97. no. 52) gehören.

20. H. auritus Licnt. Darst. n. Säug. etc. Taf. 34. Fig. 2. wozu Azarıs El Orejon (Quadr. II. 83. no. 45) gezogen wird, gehört auch dieser Gruppe an; ist oben rothbraungrau, unten gelblich, im Körper 41/,“, im Schwanz 3°/4“ lang. .Rexsser’s M. callosus (Säugeth. v. Parag. S. 231) dürfte die- selbe Art sein, wenigstens einerlei mit Azara’s Orejon, den ich nur muthmasslich mit Licutensteis ° Art verbinden möchte; dagegen scheint letztere auf eine jugendliche Form des H. cinnamomeus Pıcr. bezogen werden zu können, was ich unentschieden lassen muss, da wir zwar das Original von G. R. Licatensteins Art aus Berlin vorliegt, nicht aber ein Exemplar der Pıcrer’schen Art von Bahia.

III. Habrothrix Waters. Nach dem Zahnbau bin ich ausser Stande, diese Gruppe von den vori- gen zu sondern; im äusseren Ansehen unterscheiden sich dagegen die hierher gehörigen Arten durch eine spitzere Schnautze, kleinere Ohren, einen rauheren düster gefärbten Pelz, dessen Unterfläche nicht hell-

zer Me

gelb oder weiss, sondern trüb grau gefärbt ist, ziemlich augenfällig von den vorigen. Der Schädel ist etwas flacher, der scharfe Orbitalrand mehr verstrichen, die Schnautze spitzer, das Loch im proc. 2y90- maticus des Oberkiefers enger. Der Schwanz ist auffallend dünn und nicht so lang wie der Rumpf; die Hinterpfote ist stets kürzer als bei gleichgrossen Arten der vorigen Gruppe und etwas breiter. Die Ar- ten leben in Erdlöchern, klettern nicht im Gebüsch herum, wie die vorigen, und entsprechen in der Lebensweise wie im Ansehn mehr den Hypudänen.

21. -H. arviculoides Pıcr. Wacn. Schreb. Suppl. IH. 519. 7. ein ziemlich grosses Thier, mehr gelbbraungrau, indem die meisten Haare kleine goldgelbe Ringe vor oder an der Spitze haben; Körper 5“, Schwanz 34,“ Neuerdings von Pıcrer (Notice. ete. 76. 10. pl. 21. 22.) mit Unrecht zu H. Renggeri Warern. gezogen. Im ganzen Küstengebiet Brasiliens nicht selten; ich erhielt die Art oft in Neu-Frei- burg.

22. H. Renggeri Warern. Zool. of ıhe Beagle I. 51. tb. 15. £ 1. Mus olivaceus WArTErn. Proceed. Zool. Soc. V. 16. Kleiner, langhaariger, besonders durch die stärker vortretenden Grannen verschieden; die Farbe düsterer olivengelbgrau, der Sehwanz relativ kürzer; Rumpf 4'/,“, Schwanz al, bei unserm Exemplar, bei andern Individuen um ?/, grösser. Chili. Hierzu gehört, wie ich später aus- führlicher zeigen werde, Acodon boliviense Meyen als die junge, kaum halbwüchsige Form.

23. H. Nigrita Licar. Darst. etc. Säugeth. Taf. 35. Fig. 1. Durch die düstere rothbraune Farbe uud den höchst kurzen Schwanz sehr kenntlich; derselbe misst 1'/,“, der Rumpf 4“.

Diese Gruppe ist im Westen und Süden Süd-Amerikas viel zahlreicher vertreten; Warernovuse be- schreibt noch 6 hierher gehörige Arten, die mir unbekannt sind; daher ich sie unerwähnt lasse.

IV. Phyllotis Warero. Es sind, soweit ich dieselben kenne, Hesperomys ‚mit hohen, schmalen, mehr löffelförmigen Ohren, welche mit Calomys in der Farbe und Beschaffenheit des Pelzes übereinstimmen, allein ausser durch die Ohren noch durch den viel kürzeren Schwanz sich von ihnen unterscheiden. Dieser stellt sie vielmehr in die Nähe von Habrothrix, mit dem sie auch den etwas dickeren Kopf und die spitze Schnautze gemein haben. Sie bewohnen nur die Westseite Süd - Amerikas.

24. H. Darwimii Warern. Zool. of the Beagle II. 64. pl. 23. Lebhaft rothgelbgrau gefärbt, der Baıch rein weiss; die hohen Ohren und der Schwanz oben brauner; Länge des Rumpfes 6°, des Schwanzes 4“. Chili. Ich erhielt ein Exemplar aus Berlin zur Ansicht.

Warternouse beschreibt a. a. ©. noch 2 Arten. Picters M. auritus ist keine Phyllotis, sondern ein Calomys; seine Ohren sind breit gerundet, nicht schmal löffelförmig.

2. Gatt. Oxymycterus WATERH.

Es ist nicht bloss das allgemeine Ansehn, welches diese Gruppe von den Hesperomys trennt; sie weicht sowohl im Gebiss , als auch im Schädel- und Fussbau sehr von den ächten Hesperomys- Arten ab.

Der Körper ist weniger ‚gedrungen, als langgestreckt und cylindrisch gestaltet; besonders zeichnet sich der lange schmale Kopf durch seine spitze, weit vorragende Schnautze aus, die einige Aehnlichkeit mit der des Maulwurfs verräth. Die Oberlippe ist bis an die Nasenlöcher gespalten, dabei aber schmal, ‘weil besonders die oberen Schneidezähne eine sehr geringe Breite besitzen. Die Schnuren sind etwas ‘kürzer und die Ohren zwar nicht klein, aber niedriger und deshalb scheinbar breiter. Der Pelz ist weder sehr kurz, noch sehr dicht, auch nicht eigentlich zart, und mit wenig vorragenden Grannen gemischt; .der Schwanz ist etwas dicker nnd stärker behaart, als bei Hesperomys und stets kürzer als der Rumpf. ‘Vom Gebiss war schon dıe Rede, die Backzähne haben blosse Randkerben, keine eindringenden Schmelz -

Abh. d. Nat. Ges. zu Halle. 2r Band, Sitzungsber. 2 u.

zu m ==

falten und ihre Zahl ist auf beiden Seiten des Zahnes eine gleiche, 2 am ersten, 1 am zweiten, 1. sehr schwache am dritten, viel kleinern Zahn. Der Schädel hat eine sehr lange Schnautze vorn blasig gewölbte, am Rande völlig verstrichene Augenränder; einen ungemein feinen Jochbgen und eine sehr niedrige, darum scheinbar breitere Hirnkapsel. Ganz besonders auszeichnend aber sind die Pfo- ten durch ihre langen, wenig gebogenen Krallen, von denen die vorderen die hınteren beträchtlich an Länge übertreffen; auch der Daumen der Vorderpfoten hat eine spitze, aber doch nur kurze Kralle. Die Arten sind entschiedene Erdwühler, welche den Lemmingen der alten Welt (Myodes s. Lemmus) parallel stehen.

1. 0. rufus Desv. Mamm. 487. El Hocicudo Azarı Quadr. II. 80. No. 44. O. rostellatus Wasn. Schreb. Suppl. III. 514. 2. Taf. 202. A. Hypudaeus dasytrichos Pr. Max Beitr, etc. II. 425. (sehr junge Thiere) dunkel rostbraun, die Haare oben schwarzbraun, mit rothgelber Binde vor oder an der Spitze; der Bauch rethgelb überflogen; die jungen Thiere trüb rothgraubraun. Körper 7% Schwanz 4”. Gemein in allen Waldungen des Küstengebietes, aber auch in den Waldstrichen des Innern; besonders an Flüssen und Bächen. Wahrscheinlich gehört zu dieser Art H. fossorius Luno 2.2. 0.

2. O0. hispidus Pıcrer, Notic. etc. HU. 38. pl. 10, unterscheibet sich von der vorigen Art durch lebhaftere röthere Farbe, die weissen Lippenränder und Kinnspitze und die tieferen Zahnkerben. Länge des Rumpfes 6”, des Schwanzes 4“. Bei Bahia.

3. 0. nasutus Warern. Zool, of the Beagle. II. 56. pl. 17. Oben gelblichbraun, unten blass- gelb, die Seiten reiner gelb; Schwanz oben schwärzlich. Rumpf 5“, Schwanz 2'/,“ lang. Bei Mal- danado am Rio de la Plata.

4. O. megalonyx Warern. |Oberhalb gelbgrau, unten vom Kinn bis jzum After weisslich; der Grund aller Haare bleigrau; Schwanzrücken wie der Rumpfrücken; die Pfoten obenauf, zumal am Hacken, gelblich. Vordere Krallen sehr lang. Körper 5%/,“, Schwanz 2%. Chili. Unsere Sammlung erwarb kürzlich ein Exemplar unter obigem Namen; im Gebiss weicht es durchaus nicht von O. rufus ab, aber der Schädel ist in allen Theilen kürzer und etwas gedrungener gebaut, übrigens aber schon durch den platten Scheitel von Hesperomys verschieden; Orbitalränder völlig verstrichen, aber die blasige Auftrei- bung über den Vorderecken viel schwächer.

Herr Prof. von ScHLECHTENDAL legte als neuere botanische Kupferwerke zur Ansicht vor: van Houtte flore des serres IX.1. Janv. 1854 u. John Torrey on the Darlınztonia‘californica aus den Smithsonian contributions to knowledge. Er erörterte die Auffindung zweier Farrnkrautspezies Trichomanes radicans und Hymenophyllum Petersi in Nord -Ame- rika und erinnerte an die ziemlich auffallende Thatsache, dass, einer Mittheilung des Herrn Prof. GoEr- PERT zufolge, neuerdings selbst in Schlesien am Zopten eine noch nicht bekannte Farrnkrautspezies durch Hrn. Dr. MırLve aufgefunden sei. Herr Dr. Anprae

berichtete über das Vorkommen von Braunkohlensandstein bei Lengefeld unweit Sangerhausen, von wo Referent durch gefällige Mittheilung des Herrn Ober-Bergrath Murrzer 2 Gesteinsbruchstücke erhalten hatte, die eine Anzahl Fragmente dikotyler Blätter im verkieselten Zustande umschlossen, wie sie frü- her von Lauchstedt und jüngst von Skopau bei Merseburg bekannt geworden sind. Juglans costata Uns. und eine Daphnogene waren mit ziemlicher Sicherheit wieder zu erkennen, drei andere Blattfor-

u

men aber, ebenso vielen Arten angehörig, liessen keine Bestimmung zu. Eine nähere Erforschung dieses Lagers fossiler Pflanzen wäre von grossem Interesse. Noch legte Hr. Dr. Anprır den dritten Bericht des geognostisch-montanistischen Vereines für Steiermark von 1854 vor, und knüpfte daran einige Worte über die Wirksamkeit dieses Institutes.

Sitzung vom 4ten Februar.

Für die Bibliothek der Gesellschaft waren eingegangen: Correspondenzblatt des naturforschenden Vereines zu Riga. VI. 1852—1853. Als neue Mitglieder wurden

Herr Dr. W. Reır, Privatdozent in der med. Fakultät hierselbst, und

Herr Dr. J. Victor Carus, Professor der vergleichenden Anatomie zu Leipzig, in die Gesellschaft aufgenommen.

Herr Prof. Burmeister

berichtete über die vom verstorbenen MEvEx aufgestellte Mäusegattung Acodon, von der eine Art un- ter dem Namen A. boliviense beschrieben ist. Meven fand das noch sehr junge Thier in der Nähe des Titicaca-Sees, über 11,000 Fuss hoch. Seine Beschreibung des Gebisses lässt ein Mitglied der Gattung Hesperomys darin nicht verkennen, wie ich das bereits im Catalog der zool. Samml. unserer Universität angab. Seitdem ist mir das Originalexemplar aus dem Berliner Kabinet nebst anderen Mäusen zugegan- gen zur Untersuchung und habe ich mich dadurch überzeugt, dass die von Hrn. v. Tscnupı an dem von Meven gelieferten Bilde erhobenen Ausstellungen grösstentheils ungegründet sind; ich finde es im Gegen- theil völlig so naturgetreu, wie irgend eins der Säugethierbilder in Hrn. v. Tscnupt's Fauna peruana. Die weite Stellung der Ohren nach hinten, welche allein etwas, aber nur sehr wenig, übertrieben sein möchte, deutet den sehr grossen Kopf eines noch ganz ganz jungen Thieres an, und eben dasselbe ver- rathen die für den Rumpf grossen Pfoten. Das Gebiss steckt noch im Balge, kann also nicht weiter un- tersucht werden; Meryen sagt, dass der hinterste untere Backzahn noch nicht durchgebrochen sei, und das ist genug, um ein sehr junges Individuum zu erkennen. Die Farbe des Exemplars ist jetzt schon, nach 20 Jahren, etwas verblasst und heller, als die des Bildes, gewiss aber ebenso dunkel gewesen. Die kleine Maus gehört nun unzweifelhaft zu der Unterabtheilung von Hesperomys, welche WATERHOUSE mit dem Namen Habrothrix belegt, und könnte füglich das jugendliche Alter einer zugleich mir aus Ber- lin mitgetheilten Art sein, welche dort den vorläufigen Namen H. olivaceus Warern. Proc. Zool. Soc. V. 16. trägt. Ob es wirklich die Art ist, will ich unentschieden lassen; das Exemplar wurde aus Chili vom Hrn. Dr. Sesern eingeschickt, passt also dem Heimatlısorte nach vollkommen zu der genannten Art; auch stimmen die Maasse mit den Angaben von Warernouse, wenn ich annehme, dass der Körper des von ilm beschriebenen Exemplars beim Ausstopfen etwas zu sehr ausgedehnt sei; denn das mir vor- liegende, freilich sehr hoch mit starker Krümmung aufgestellte Exemplar misst nur gerade im Kopf und Körper, während der Schwanz 2/,‘ lang ist. Auch finde ich den Pelz durchaus nicht kurz und straff, sondern lang, weich, mit stark vertretenden feinen Grannen gemischt, wie ihn WATERHOUSE bei H. brachyotus (ibid. 17.) beschreibt. Die Farbe ist ein dunkles Graubraun, das auf dem Rücken gelb besprengt ist und am Bauch allmälig grauweiss wird; die Behaarung der kurzen Ohren ist gelblicher und nicht stark, die Schnautze ist mehr graugelblich. Hierzu passt nun das junge Acodon boliviense in jeder Beziehung, denn seine Dimensionen sind ganz entsprechende: die Ohren haben denselben Bau,

2*

nur noch eine geringere Grösse, wie immer bei jungen Thieren und die Farbe ist matter, verloschener, bräunlicher, was ebenfalls den Jugendzustand andeutet. Besonders aber passt die Beschaffenheit des wei- chen, langhaarigen, vielgrannigen Pelzes vollkommen zu der Form, welche ich für das reife Lebensalter halte und die eher zu H. brachyotus, als zu H. olivaceus War. gehören möchte. Die Distanz der Fundorte ist sicher kein Hinderniss, viele Mäuse haben noch eine viel weitere Heimath. Herr Prof von ScuHLECHTENDAL

legte verschiedene botanische Gegenstände zur Ansicht vor, sie durch eingehende Bemerkungen erläuternd. Aus der Litteratur gaben eine neue Lieferung von J. van Hourre flore des serres und eine Abhandlung von F. Sreın über zwei in dem Innern von Kiefern- und Fichtennadeln vorkommende Pilze dazu Ver- anlassung. Die Untersuchungen des Letzteren schliessen, sie vervollständigend, sich an frühere Unter- suchungen Warrrorn’s in, Nordhausen über das Gelbwerden der Tannennadeln an und führen den Nach- weis, dass die von W. angenommenen zwei verschiedenen Pilze nur verschiedene Entwickelungsstufen eines einzigen sind, und dass die von Gorprert bei der „Schüttekrankheit“ gefundenen Pilze sich nur auf den trockenenNadeln entwickeln und daher nicht Grund, sondern Folge dieses Krankheitszustandes sind. An einem plattenartig verbreiterten Stengel von Hoya carnosa wurde gezeigt, dass diese bei klettern- den Pflanzen verhältnissmässig seltene Missbildung nicht auf einem Zusammenwachsen zweier oder meh- rerer runder Stengel beruht, sondern dem Abgeplattetsein des Stengels bei den Kakteen analog gesetzt werden muss. An zwei grossen von Java, vielleicht auch von einer andern Insel des indischen Archipelagus stammenden Pilzen wurde ihr anatomisch-mikroskopischer Bau demonstrirt und ihre zu einem lockeren Gewebe sich vereinigenden feinen Faden mit den angehefteten Sporen zur Anschauung gebracht. Da sich hierin ein späteres Stadium ‚der Entwickelung darstellt, welches bei Zycoperdon und Bovista in gleicher Art eintritt, so musste die systematische Stellung der vorgelegten Pilze unbestimmt bleiben.

Herr Prof. Krauner legte H. Haeser die Vaceination und ihre neuesten Gegner, Berlin 1854, unter Mittheilung des Inhaltes zur Ansicht vor und behielt sich eine auf eigene statistische Untersuchungen begründete Widerlegung der von Carxor ausgesprochenen Ansicht von dem nachtheiligen Einflusse der Vaccination auf die Mor- talitätsverhältnisse der Menschen für eine gelegnere Zeit vor.

Herr Dr. C. AnpraE gab eine gedrängte Uebersicht seiner für die Publikation vorbereiteten geologischen Untersuchungen in Steiermark und erläuterte eine darauf bezügliche Karte, Profile und andere artistische Beilagen.

Sitzung vom 18ten Februar,

Die Herrn Dr. Ev. Porrrıc, Professor der Zoologie zu Leipzig,

„» Gust. Mertenıus, Professor der Botanik zu Leipzig,

„» Dr. Fınıeeo ve Fıriprı, Professor der Zoologie zu Turin traten der Gesellschaft als neue Mitglieder hinzu.

Herr Prof. Burmeister

berichtete über die bisher unter Dasypus 12-cinctus Linn& vereinigten, zwei einander sehr ähnlichen Arten Tatus. Die genannte Species zeichnet sich vor allen anderen durch ihren weichen, nur von Hornschuppen zerstreut bedeckten Schwanz aus. Man trifft aber nicht selten Exemplare, bei welchen diese Hornschuppen förmlich ossificiren, d.h, von unter ihnen liegenden Knochenschuppen begleitet wer-

13°

den. Gewöhnlich treten dieselben nur auf der unteren Fläche des Schwanzes neben der Spitze auf, mit- unter aber auch auf der ganzen Schwanzoberfläche. Hierauf hatte Ir. A Wacner in Schrebers Suppl. IV. Bnd. 2 Arten gegründet, für welche er den schon früher verwendeten Namen D. gymnurus für jene in Anwendung bringt, während er die letztere D. verrucosus zu nennen vorschlägt. Dabei gedenkt er auch eines von Cuviıer hervorgehobenen Unterschiedes im Bau der Nasenbeine, welche entweder sich nach hinten verschmälern und zurunden, oder breiter werden und grade abgestutzt enden. Pr. B. zeigt nun, dass dieser sichere und constante Unterschied mit allgemeinen Verschiedenheiten zu- sammenfalle, dass der Tatu mit breiteren grade abgestutzten Nasenbeinen um ein Drittel kleiner sei, als der mit schmalen zugerundeten Nasenbeinen, eine weichere Panzerbildung, eine stärkere Behaa- rung und nie verknöcherte Schuppen auf dem Schwanz habe; während die zweite Form der Nasenbeine einem beträchtlich grösseren Thiere angehört, dessen Panzerbildung viel solider und dessen Haarkleid sparsamer und kürzer ist. Die Schwanzbekleidung ist aber bei letzterer Art variabel, doch pflegen bei älteren Thieren sämmtliche Hornschuppen des Schwanzes zu ossifieiren, bei jüngeren nur die unteren der hintern Hälfte. Hier treten die ersten Knochenschuppen auf und verbreiten sich von da allmälig mit zunehmendem Alter über die ganze Schwanzoberfläche. Darnach unterscheidet Ref. beide Arten wie Solgt.

Dasypus hispidus Buru.: Kleiner, im Rumpf 9—10“ lang, die Panzerbildung weicher, das Haar- kleid freichlicher, der Schwanz in allen Lebensstadien nur von Hornwarzen bekleidet, die Nasenbeine nach hinten breiter, am Ende grade abgestutzt; die Seiten des Oberkiefers bauchig aufgetrieben , die Nasenmündung erweitert.

Dasypus 12-cinctus Lin, Grösser, im Rumpf 12—13‘ lang, die Panzerbildung derber, nament- lich in den Knochenplatten; das Haarkleid spärlicher, kürzer, der Schwanz unter den Hornwarzen mit Knochenschildern versehen, die zuerst unten am hınteren Ende auftreten und sich allmälig über den ganzen Schwanz ausbreiten; die Nasenbeine nach hinten nicht erweitert, am Ende einzeln gerundet, die Oberkieferseiten nicht aulgetrieben, die Nasenmündung verengt.

Gleichzeitig legte Ref. ein Exemplar von Das. 3-cinctus vor, woran vorn fünf Zehen vorhanden waren; was beweist, dass die älteste gleichlautende Angabe von Marcerar richtig ist. Das Thier hat, wie es sein übriger Bau fordert, vorn fünf Zehen, nicht vier.

Herr Prof. von ScHLECHTENDAL übergab den neuesten Saamentauschcatalog des bot. Gartens und sprach über die Veränderungen, wel- che in diesen Verzeichnissen in neuerer Zeit von mehreren bot. Gärten getroffen seien, um diesen Verzeichnissen sowohl eine mehr wissenschaftliche Form zu geben und dadurch eine erleichterte Uebersicht für die Auswahl zu gewinnen, als auch durch die beigefügten Verbesserungen der unter falschen Be- stimmungen erhaltenen Sämmereien eine sorglältigere Ueberwachung der Nomenclatur in den bot. Gärten zu veranlassen.

Derselbe legte die 19. Centurie des Herbarium vivum Mycolog. herausgegeben von Dr RABENHoRST in Dresden zur Ansicht vor und übergab dessen Ankündigung zur Veranstaltung einer neuen Auflage dieses nützlichen Unternehmens, so wie zur Herausgabe einer Kryptogamen- Sammlung für Schule und Haus, welche wohl Beifall finden wird.

Ferner legte Derselbe Blätter und Blüthenkolben einer aus Mexico erhaltenen Aroidee vor, welche seit einigen Jahren aus Guatemala eingeführt in den Gärten gezogen wird, und von Kuxtu und BoucHE

un DE u

mit dem Namen Philodendron pertusum belegt wurde, welchen Namen jedoch Prof. Koc# nach Unter- suchung eines jungen Blüthenkolben in Monstera Lennei verwandelte, da er die Kennzeichen der Gattung Monstera zu finden glaubte. Dieser Ansicht glaubt Ref. sich nicht anschliessen zu können, da ihm die Pflanze vielmehr ein Glied der Gattung Scindapsus erschien. Zugleich erhaltene Exemplare der merk- würdigen mexicanischen Dulongia acuminata Kra., welche vorgelegt wurden, gaben zu einigen Bemer- kungen über die auf Blättern Blumen hervorbringenden Gewächse Veranlassung. Während sich solche blattartige Gebilde meist als Stengeltheile nachweisen lassen, ist dies bei der Dulongia doch nicht mög- lich gewesen. Vielleicht dass die Beobachtung der lebenden Pflanze über diesen Punkt mehr Licht ver- breiten kann.

Von einer Sagosorte, welche unter der Bezeichnung ächter ostindischer Sago zu einem billigeren Preise als gewöhnlich von einem hiesigen Kaufmann angeboten wurde, ward von Demselben Ref. eine Probe vorgelegt und gezeigt, wie sich diese Sorte als ein Gemenge von ächtem weissen Sago und Kartoffelsago erweise, sowohl nach dem äusseren Ansehen der Körner, als auch nach der mikroskopischen Ansicht der dieselben zusammensetzenden Stärkemehlkügelchen.

Sitzung vom 4ten März.

Für die Bibliothek der Gesellschaft waren eingegangen:

J. J. Pont. Ueber den Siedepunkt mehrerer alkholhaltiger Flüssigkeiten. (A. d. Abhandlung d. K. K.

Akademie der Wissenschaften. \ Nachtrag zur thermo -aräometrischen Bierprobe. -—- Beobachtungen während der Sonnenfinsterniss vom 28. Juli 1851. Ermittelung des technischen Werthes der Kartoffeln. Reisenotizen. Physicalisch-chemische Notizen.

J. J. Pour u. I. Scnagus. Tafeln zur Bestimmung der Capillardepression an Barometern zur Re- duktion der in Millimetern abgelesenen Barometerstände zur Vergleichung und Reduktion der in verschiedenen Längenmassen abgelesenen Barometerstände.

Meteorologische Beobachtungen zu Zittau und Reichenberg. 1853.

Ernst A. Zucnorn Bibliotheca historico - naturalis. Il. 2. 1853.

Memoire de la societ@ des sciences naturelles de Cherbourg. I. Ces. 1. 3. u. 4. 1852. 1853.

Aucuste Le Jorıs Observations sur les ulex des environs de Cherbourg.

Memoire sur lintroduction et la floraison a Cherbourg d’une espece peu connue de Lin de la Nouvelle - Zelande. _ Note sur l’Oedipode vogageuse lrouvee a Cherbourg.

Verhandlungen der physik. med. Gesellschaft zu Würzburg. IV. 2. 1854.

Verzeichniss der Bibliothek der physik. med. Ges. zu Würzburg.

Correspondenz: Hr. Dr. J. J, Pont hatte seine erst jetzt eingetroffenen Abhandiungen bereits unterm

12. Juli 1853 angezeigt; Hr. Le Jorıs ebenso unterm 25. October. Die physikalisch -medicinische Ge-

sellschaft zu Würzburg lässt den Empfang von Abhandlung d. n.G. zu Halle. I. 2. u. 3. unterm 12. Febr.

d. J. durch Hr. Dr. RosentuaLr zur Anzeige bringen. Hr. Ernst A. ZucnoLp dankt für seine Erwäh-

lung zum Mitgliede der Gesellschaft unterm 21. Febr. d. J.

Pen NEREM

Hr. Dr. Ta. Irsısca zu Sondershausen legt der Gesellschaft durch Vermittelung des Hrn. Prof. von SchLecBTENDAL eine Reihe von Beobachtungen über Keimung und Entwickelung mehrerer Phanerogamen nebst den darüber angefertigten Abbildungen vor. Auf den Bericht des Hrn. Prof, von ScHLECHTENTAL wird beschlossen die Arbeit in den „Abhandlungen“ zu veröffentlichen.

Hr. Dr. J. J. Pour, erster Assistent am chemischen Laboratorio d. K. K, polytechnischen Institutes zu Wien, wird als ordentliches Mitglied der Gesellschaft aufgenommen.

Herr Prof. von SchLECHTENDAL legte den Prospekt von Heer Flora terliaria Helvetiae zur Subscription auf dieses Werk auffordernd und Synopsis plantarum glamacearum auctore SteupeL 1. zur Ansicht vor und knüpfte daran die Betrachtung der Gattung Paspalum, wie sie von STEUDEL aufgefasst worden ist.

Herr Prof. Burmeister berichtete über die Schilderung des Gampsony& fimbriatus Jorvan, eines kleinen Krebses aus dem Saar- brücker Steinkohlengebirge, welche Hr.v. Meyer kürzlich (in den Palaeographica, IV.Bd. S. 1. Taf. I.) ge- geben hat; er theilte die, z. Th. abweichenden Resultate seiner eigenen Untersuchungen mit und "über- gab eine ausführliche Beschreibung des Thieres für die Abhand]. der Gesellschaft, denen sie im dritten Quartal einverleibt werden wird.

Sitzung vom 18ten März.

Für die Bibliothek der Gesellschaft waren eingegangen: G. A. Kenscorrt Uebersicht der Resultate mineralogischer Vorschungen 1844 1849, 1850, 1851. 2. Bd. 4. Mineralogische Notizen 1—7. Folge (A. d. Sitzungsberichten d. k. k. Akad. d. W.). Verhandlungen des zoologisch-botanischen Vereines in Wien. Ill. 1853. Jahrbuch der K. K. geologischen Reichsanstalt. IV. 3. 1853. W. Reır Beschreibung einer merkwürdigen Missbildung. (A. d. illustrirten med. Zeitung). Correspondenz: Herr Dr, A. Kenxcorr dankt der Gesellschaft unter dem 30. Jan. d. J. für seine Aufnahme als ordentliches Mitglied. Die K. K. geologische Reichsanstalt zeigt durch ihren Direktor, Hrn. W. Haımınser den Empfang der Abhandlung. d. n, G. z. Halle I. 2 u. 3 unter dem 14. Dechr. 1853 an. Vom zooogisch- botanischen Vereine zu Wien geht durch Herrn G. Frauenfeld vom Januar d. J. die Erklärung über Empfangnahme von Abhandlung. d. n. G. zu H. I. 1. 2 u. 3 ein. Hr. Dr. Jorvan zu Saarbruck wird als ordentliches Mitglied der Gesellschaft aufgenommen.

Herr Prof. Burueister

legte Th. L. W. Bıscnorr Widerlegung des von Dr. Keser bei den Najaden und Dr. Nersox bei den Askariden behaupteten Eindringens der Spermatozoiden in das Ei (Giessen 1854. 4.) zur Ansicht vor, worin der Verfasser nachzuweisen sich bemüht, dass die von Keger an den Eiern der Najaden und Ana- donten bezeichnete Mikropyle nur ein Ueberrest des Stieles, mit dem das Ei an der Wand des Ova- riums festsass, dass das angeblich in der Mikropyle wahrgenommene Spermazoid gar kein Körper, son- dern nur ein Lichtreflex sei, und dass Dr. Nerson eigenthümliche Epithelialkegel mit Spermatozoiden bei den Askariden verwechselt habe.

Ebenderselbe referirte darauf über eine kürzlich von Maracaibo durch Hrn. Dr. Kayser allhier an

>

—— WW

das zoologische Mus. gelangte Maus, welche einer eigenthümlichen, wahrscheinlich noch unbekannten Gruppe derSigmodonten angehört und von ihm mit dem Namen Lasiomys hirsutus belegt wurde,

Das Thier hat äuserlich alle Eigenschaften eines ächten Murinen, unterscheidet sich aber schon im allzemeinen Ansehn durch den Jangen zottigen Pelz von den ächten Mäusen. Der Kopf ist ziemlich dick, die Oberlippe nur am Rande gespalten, die Nase neben den Löchern nackt; die Ohren gross, breit, abgerundet, vorn stark behaart; die Augen von gewöhnlicher Grösse, die Pfoten völlig rattenartig mit kleinem Kuppennagel am Daumen und spitzen, etwas gebogenen, nicht sehr starken Krallen an allen übrigen Zehen; der Schwanz viel kürzer als der Rumpf, fein beschuppt, dicht und stark gleichmässig behaart, die Haare anliegend; die hintere Fusssohle bis zum Hacken nackt, aber der Strich unter dem Fersenbeine sehr schmal, fast von den benachbarten Haaren verdeckt.

In so weit, als das Thier bisher geschildert ist, würde es sich nicht wesentlich von Hesperomys unterscheiden, aber das Gebiss weist die entschiedensten Eigenthümlichkeiten nach. Der Schädel hat noch alle Charaktere einer ächten Maus, die eigenthümliche Oeflnung im processus zygomaticus des Ober- kiefers, die schmale Stirn, die aufgeworfenen leistenförmigen Orbitalränder, den feinen !Jochbogen und die ganz kleinen Paukenblasen; aber er ist doch kürzer, relativ hreiter als der von Mus, der Or- bitalrand stärker gebogen und besonders durch die scharfe Ecke ausgezeichnet, welche sich oben an dem blattförmigen Rande gebildet hat, der die Oeffnung im processus z<ygomaticus von aussen umgiebt. ‚Eine so scharfe, spitz vortretende Ecke hat keine andere Murinengattung, so weit ich sie habe vergleichen können. Eigenthümlich verhält sich besonders das Gebiss.

Die Schneidezähne sind viel breiter, als bei Mus oder Hesperomys, sie erinnern an die von Holo- chilus und Echinomys; sind vorn leicht gewölbt und hell braungelb gefärbt. Die Backzähne sind breit, stark, kräftig und nach dem Typus der Murinen ungleich. Der erste Zahn hat im Oberkiefer an jeder Seite zwei etwas gebogene Falten, deren Spitze innen nach vorn, aussen nach hinten gewendet ist; die Falten sind schmal, aber nicht grade sehr scharf und die Windungen zwischen ihnen ohne Nebenfal- ten, wie solche bei Hesperomys stets vorkommen. Der zweite Zahn des Oberkiefers hat innen eine, aussen zwei Falten, ganz von derselben Bildung; der dritte ebenfalls, ist aber ein wenig kleiner. Im Unterkiefer, dessen Zähne etwas schmäler sind als die des Oberkiefers, aber nach hinten ein wenig an Breite zunehmen, während die des Oberkiefers nach hinten an Breite verlieren, hat der erste Zahn innen drei, aussen zwei Falten; die beiden ersten Falten stossen in der Mitte grade aufeinander, die zweite äussere greift zwischen die beiden inneren ein. Der zweite Zahn hat innen zwei, aussen eine Falte, aber die zweite innere ist sehr viel kürzer als die erste. Der dritte Zahn, obgleich ebenso gross, wie der zweite, hat doch an jeder Seite nur eine Falte und gleicht vollständig einen S.

Schon hierin spricht sich eine Aehnlichkeit mit Sigmodon aus, ‚welche überhaupt gross zu sein scheint. Die stumpfen, gerundeten, breiten Windungen der Zähne scheinen ganz nach dem Typus von Sigmodon gebildet zu sein und auch sonst das Thier die grösste Aehnlichkeit. damit zu haben. Hr. Dr Kayser erhielt 4 Exemplare in beiden Geschlechtern, und überliess 2 dem zool. Mus. d. Univ.

Der lange, reichliche, aber nicht feine, sondern grobe, mehr zottige Pelz ist in der Tiefe dunkel schiefergrau, nach oben werden die Haare brauner und die meisten besitzen in dieser oberen Partie eine breite, hellgelbe Binde. Je kleiner das Haar, um so "mehr ist die Binde der Spitze genähert, in- dessen sind ebenso viele Haare auch ganz schwarzbraun an der Spitze, was dem Thiere ein breit gesprenkel- tes Ansehen giebt. Die Hauptfarbe ist gelbgrau. Kehle, Brust, Beine und Bauch haben denselben, aber

matteren, mehr graulichen Ton; auch die Pfoten sind nicht anders als schmutzig graugelb gefärbt; nur der Nasen- und Lippenrand spielt ins Weissliche, das in ein trübes Dottergelb übergeht. Der Schwanz ist oben braun, unten graugelb, die nackten Sohlen sind braun. Die bis zum Ohr reichenden Schnurren sind schwarz, mit weissgelber Spitze; ebenso verhalten sich die zahlreichen gegen 10‘ langen, etwas steifen Grannen, welche überall aus dem Pelze hervorragen, und der Maus das rauhe Ansehn geben, welches ihr im hohen Grade zusteht.

Von ihrem Aufenthalt und von ihrer Lebensweise ist nichts weiter bekannt; sie scheint aber bis in die Häuser der Ansiedler zu dringen, weil zahlreiche Hausratten zugleich mit den 4 Exemplaren uns übersendet wurden.

Das grösste derselben zeigt folgende Maasse:

Ganze Länge von der Nasenspitze bis zur Schwanzspitze 10° Abstand des Auges von der Nasenspitze 7“ Abstand des Ohres von der Nasenspitze 18°

Höhe des Ohres innen I Breite des Ohres 6% Länge des Rumpfes, ohne den Hals 4 Länge des Schwanzes 3,20% Länge der Hinterpfote 16“

“a Herr Prof von SCHLECATENDAL

unterrichtete die Gesellschaft, dem Wunsche des Einsenders zufolge, von dem Inhalte zweier Abhand- lungen des Hrn. Le Jorıs zu Cherbourg, worin eine von Neu-Seeland nach Cherbourg gebrachte und dort zur Blüthe gelangte, wahrscheinlich eigenthümliche Art von Formium tenax mit dunkelrothen und grünen Blumenblättern, beschrieben und der Nachweis geliefert wird, dass, wenn man die alte Gattung Ulex trennen wolle, man nicht drei, wie in Deutschland gewöhnlich, sondern 11 wohl charakterisirte Formen zu unterscheiden veranlasst sei, deren Beständigkeit bei der Zucht aber erst noch zu prüfen stände.

Derselbe theilte darauf ein neues von Casparı besorgtes Heft der Genera plantarum florae Germa- nicae zur Kenntnissnahme mit und erläuterte den eigenthümlichen Bau und die Entstehungsweise eines nicht aus unentwickelt gebliebenen Knospen gebildeten Holzauswuchses der Wurzel eines Pflaumenbaumes

Herr Prof. Krauner legte der Versammlung von ihm entworfene Curven vor, welche die relative Sterblichkeit der einzelnen Altersklassen nach von 1800—1849 in Halle gemachten Beobachtungen veranschaulichen und den Beweis liefern, dass der vom Capitain Carnor der Vaccination gemachte Vorwurf, sie begünstige die Sterblich- keit der kräftigen und productiven Altersklassen und führe darum nothwendig die gänzliche Verarmung und Auflösung der bürgerlichen Gesellschaft herbei, völlig unbegründet ist.

Abh. d. Nat, Ges. zu Halle, 2r Band, Sitzungsber. 3

Nachträge und Berichtigungen

zu dem veröffentlichten Mitgliederverzeichniss.

Der Gesellschaft neu hinzugetreten sind:

H. Girarp, med. u. phil. Dr., Professor der Mineralogie hierselbst. W. Reır, M. Dr., praktischer Arzt und Privatdocent hierselbst.

J. Victor Carus, M. Dr. und Professor der vergleichenden Anatomie zu Leipzig.

G. Mertenius, M. u. phil. Dr. und Professor der Botanik zu Leipzig.

En. Porrrıc, M. u. phl. Dr. und Professor der Zoologie zu Leipzig.

J. J. Pour, Ph. Dr.', erster Assistent am chem. Labor. d. k. k. polytech. Inst. zu Wien. FıLıpeo pe Fırıpri, Professor der Zoologie zu Turin.

Dr. H. Jorpan, prakt. Arzt zu Saarbrücken.

Louis Acassız ist Professor am Cambridge College bei Boston, U. S. K. Fr. Naumann, M. Dr., ist Professor in Leipzig. Statt C. G. BıscHorr lies C. G. Bıscuor.

Halle, den 3ten Mai 1854.

L. Hrahmer, d. Z. Schriftführer d.N. G. z. H.

Schenk Tith:

Druck ı: (Ub Meyer in Halle:

. y . r > ' B RR . x ER F er ee Z & N